Deutschland will Huawei komplett verbannen

4 Minuten
Der Auf- und Ausbau von 5G-Netzen in Deutschland könnte sich massiv verzögern. Denn die Bundesregierung ist offenbar zu dem Ergebnis gekommen, dass Mobilfunktechnik von Huawei ein erhebliches Risiko für die nationale Sicherheit bedeutet. Die Folge: ein Huawei-Verbot.
Huawei Logo auf dem MWC.
Huawei droht Ungemach von allen Seiten.Bildquelle: Hayo Lücke / inside digital

Laut übereinstimmenden Medienberichten will die Bundesregierung die deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber zwingen, Huawei-Technologie aus ihren Kernnetzen zu verbannen. Im Rahmen einer Übergangsfrist müssten die Deutsche Telekom, Telefónica Deutschland und Vodafone dann auf eigene Kosten auch schon verbaute Komponenten von Huawei aus ihren Netzen entfernen. Gleichermaßen ist dem Vernehmen nach der zweite chinesische Netzausrüster ZTE von diesem geplanten Verbot betroffen.

Spionage? Sabotage? Gefährdete Sicherheit? Sorge ist (zu) groß!

Ergriffen wird diese Maßnahme, weil es schon seit vielen Jahren die Befürchtung gibt, China sei es über hierzulande verbaute Mobilfunkkomponenten aus eigenem Lande möglich, Spionage zu betreiben und so die Sicherheit Deutschlands zu gefährden. Es ist zwar nicht bewiesen, aber befürchtet wird, Huawei und ZTE könnten durch die chinesische Regierung kontrolliert werden. Dann wäre es China theoretisch über in die Mobilfunknetze eingebaute Hintertüren möglich, Zugriff auf potenziell sensible Daten zu erhalten. So wäre es etwa dem chinesischen Geheimdienst gegebenenfalls möglich, Lauschangriffe zu starten.

Wohlgemerkt: Bewiesen ist das alles nicht. Trotzdem ist die Sorge in Berlin offenbar groß, die Kontrolle über die heimischen Handynetze zu verlieren. Auch aufgrund möglicher, einseitiger Abhängigkeit von chinesischen Konzernen. Befürchtet wird nämlich auch, dass Huawei und ZTE direkt aus China zu politischen Machtdemonstrationen gezwungen werden könnten. So seien verschiedene Szenarien denkbar, die zu einem Ausfall der deutschen Mobilfunknetze führen könnten. Etwa ein Lieferboykott von wichtigen Ersatzteilen oder auch ein softwarebasierter Angriff auf die Netzinfrastruktur.

Mobilfunknetze gelten als Teil der kritischen Infrastruktur und bedürfen deswegen besonderem Schutz. In Ländern wie den USA und Großbritannien ist der Einsatz von Huawei-Technik bereits länger verboten.

Mobilfunker: Huawei baut die bessere Netztechnik

Für die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland wäre ein grundsätzliches Verbot von Huawei-Technik in gleich mehrfacher Hinsicht ein scharfer Eingriff in ihre Netzinfrastruktur. Insbesondere der Ausbau der deutschen 5G-Netze wäre betroffen. Denn Huawei-Technik gilt beim 5G-Ausbau im Vergleich mit Technologie von Komponenten der europäischen Hersteller Ericsson und Nokia nicht nur als günstiger, sondern zuweilen auch als besser. Primär mit Blick auf die Software. Das war zuletzt auf der weltgrößten Mobilfunkmesse, dem MWC in Barcelona, wiederholt aus dem Umfeld der deutschen Netzbetreiber zu hören.

Bis zum Sommer will das deutsche Innenministerium nun eine genauere Prüfung starten und in diesem Zusammenhang dann auch auf die Netzbetreiber zugehen. Kritisch sieht man in der hiesigen Regierung offenbar unter anderem die Beteuerungen von Huawei, in Europa keine Anweisungen von chinesischen Sicherheitsorganen befolgen zu müssen.

Wie reagiert China?

Interessant dürfte sein, wie China nun auf die neuen Entwicklungen des wichtigen Wirtschaftspartners Deutschland reagiert. Staatspräsident Xi Jinping hatte auf dem aktuell stattfindenden chinesischen Volkskongress bereits verlauten lassen, dass er den wirtschaftlichen Aufstieg seines Landes durch die Sanktionen westlicher Staaten gefährdet sehe. Das jetzt geplante Huawei-Verbot in Deutschland könnte Xi als neue Provokation deuten und unter anderem wieder näher an Russland heranrücken. Es wären aber auch andere Repressalien möglich. Die Gemengelage im Ost-West-Konflikt ist und bleibt jedenfalls hochbrisant.

USA denken über Ausweitung der Huawei-Sanktionen nach

Und auch aus den USA droht Huawei weiteres Ungemach. US-Präsident Joe Biden denkt offenbar darüber nach, die bereits gültigen Sanktionen gegen das Unternehmen weiter zu verschärfen. Das könnte dazu führen, dass es US-amerikanischen Partnern von Huawei nicht mehr gestattet wird, relevante Bauteile nach China zu exportieren. Treffen würde das etwa die Chip-Produzenten Intel und Qualcomm.

Während die Lieferung von 5G-Chips nach China bereits verboten ist, ist beispielsweise Qualcomm das Verschiffen von LTE-Prozessoren an Huawei derzeit noch erlaubt. Weil aber die Tochter des Huawei-Gründers, Meng Whanzou, die Führung des Konzerns übernehmen soll, sind Konsequenzen fast schon vorprogrammiert. Hintergrund: Meng war im Jahr 2018 in Kanada festgenommen worden, weil ihr von der US-Justiz vorgeworfen wurde, gegen Sanktionen im Iran verstoßen zu haben. Erst im Jahr 2021 war ihr eine Rückkehr nach China möglich.

Deine Technik. Deine Meinung.

4 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Karsten Frei

    Wenn das passiert, hat Huawei nichts mehr zu verlieren und wird ohne Angst mit Russland kooperieren.
    Und so treiben unsere Politiker die Weltspaltung voran. Als die Produktion in China spottbilig war, hat Westen alles dort produzieren lassen. Und jetzt, wo China als gleichwertiger Partner auf der Weltbühne agieren will,versucht Westen mit allen Mitteln das zu unterbinden.
    Kolonialpolitik wie aus dem Lehrbuch.

    Antwort
    • Nutzerbild Olaf

      Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Der allmächtige chinesische Staat mit seinem Orwellschen Überwachungsbestreben ((„Social Score“, Huaweis eifrige Entwicklung von Hard- und Software zur Kontrolle der Uiguren, um nur zwei Beispiele zu nennen) ist ganz weit entfernt von einer Opferrolle im aktuellen Schauspiel. Und da in China ohne Staat nichts geht, auch nicht für Megakonzerne wie Huawei, sind sämtliche Befürchtungen nicht gänzlich aus der Luft gegriffen.

      Antwort
      • Nutzerbild Ralf

        Wo liegt der Unterschied, ob Huwai oder Cisco spioniert?
        Es ist seit längerem bekannt, das die Firmen aus den USA Hintertüren für den Geheimdienst einbauen müssen.

        Antwort
  2. Nutzerbild Amalia

    Nicht mehr mein Land.

    Antwort

Und was sagst du?

Bitte gib Dein Kommentar ein!
Bitte gibt deinen Namen hier ein