Sony: Die Anatomie des Scheiterns

6 Minuten
Sony: Erfinder des Walkmans, Produzent der meistverkauften Spielekonsole aller Zeiten, Betreiber eines der fünf größten Filmstudios und der drei erfolgreichsten Plattenlabels der Welt. Ob Musik oder Filme, ob PlayStation, Kamerasensoren oder TV-Geräte: Das japanische Unternehmen ist in vielen Sparten erfolgreich. Auf dem Smartphone-Markt jedoch nicht mehr. Eine Analyse.
Sony Xperia 5Bildquelle: Blasius Kawalkowski

2009: Sony ist größer als Apple und Huawei zusammen

Eine Reise zehn Jahre in die Vergangenheit. Apple hat das iPhone 3GS vorgestellt, zwei Jahre, nachdem Steve Jobs die Handywelt auf den Kopf gedreht hat. Der Netzwerk-Ausrüster Huawei steigt ins Geschäft mit Android-Smartphones ein. Sony bringt das Sony Ericsson W995 auf den Markt – ein Slider-Handy. Zu diesem Zeitpunkt ist die Welt der Japaner noch in Ordnung. Das belegen auch die Verkaufszahlen. Während Nokia mit rund 440 Millionen verkauften Handys auf Platz 1 thront und Samsung mit 236 Millionen weit abgeschlagen auf Platz 2 liegt, hat Sony Ericsson knapp 55 Millionen Handys verkauft. Damit belegt das Unternehmen den fünften Rang hinter LG und Motorola. Apple (25 Millionen) und Huawei (13,5 Millionen) zusammen sind zu diesem Zeitpunkt erfolgloser als Sony Ericsson.

2011: Der Abstieg beginnt

Apple bringt das iPhone 4s auf den Markt; Huaweis Ideos-Reihe und das Huawei Honor mit Android Gingerbread sind im Handel erhältlich. Mit ganz ähnlichen Verkaufszahlen liegt der chinesische Hersteller zu diesem Zeitpunkt auf Augenhöhe mit einem Konkurrenten, der heute in der Bedeutungslosigkeit verschwindet: HTC. Während Huawei aber eher auf dem Heimatmarkt agiert, gehören Smartphones von HTC wie das Desire S, das HTC Sensation oder das Wildfire S hierzulande zu den beliebtesten Android-Smartphones.

Sony entscheidet sich 2011 – vier Jahre nach dem ersten iPhone – normale Handys in die Mottenkiste zu legen und bringt mit dem Xperia Arc oder dem Xperia Play die ersten Modelle mit Android auf den Markt. Nokia ist immer noch Marktführer. Samsung ist den Finnen aber auf den Fersen. Jetzt dahinter: Apple, LG, ZTE, RIM, HTC, Huawei, Motorola. Auf Platz 10: Sony Ericsson. Im Oktober geben Sony und Ericsson bekannt, dass Sony das Unternehmen übernehmen werde und dafür rund eine Milliarde Euro bezahlen wird.

2012: Das erste Android-Smartphone ohne Ericsson

Im Februar stellt Sony auf dem MWC die erste eigene Xperia-Serie vor. Dazu zählt vor allem das Flaggschiff Xperia S. Auf der IFA Mitte 2012 folgte bereits das zweite Flaggschiff: das Xperia T. Zwar sind die Android-Smartphones zu diesem Zeitpunkt durchaus konkurrenzfähig, Sony gehört aber, was die Verkaufszahlen angeht, nicht mehr zu den Top 10. Mittlerweile hat Samsung Nokia überholt; Apple liegt auf Platz 3.

Sony Xperia 1 von hinten in vier Farben

2013: Samsung dominiert, Sony ein Schatten seiner Selbst

Während Samsung das Galaxy S4 und das Galaxy Note 3 auf den Markt bringt, erscheint von Sony das Xperia Z im Handel. Ein Top-Smartphone, das damals aber aufgrund vieler Hardware-Defekte viel Kritik einstecken muss. Huawei indes bringt das rund 450 Euro teure Ascend P6 auf den Markt. Es ist nicht nur aufgrund der Design-Parallelen zum iPhone in aller Munde. Zudem macht nun auch Google mit dem Nexus 5 Sony zu schaffen. Der Smartphone-Markt explodiert, Android-Geräte schießen wie Pilze aus dem Boden. Nokia indes spielt auf dem Smartphone-Markt nur noch eine Nebenrolle. Mit Microsoft als Partner bringt man die wenig erfolgreiche Lumia-Reihe mit Windows Phone auf den Markt.

2015: Sonys Smartphone-Planung gerät außer Kontrolle

Samsung bringt mit dem Galaxy S6 edge eines der ersten Smartphones mit abgerundeten Displaykanten auf den Markt und sorgt für Furore. Fast jeder dritte Käufer entscheidet sich 2015 für ein Android-Smartphone von Samsung. Mit dem Xperia Z3+, dem Xperia Z5, Z5 Compact und Z5 Premium bringt Sony eine ganze Reihe Flaggschiffe in den Handel. Das Portfolio und die Strategie beginnen, unübersichtlich zu werden. Zu diesem Zeitpunkt ist es das Compact-Modell, das Sony nicht in die Krise rutschen lässt. Da alle anderen Hersteller auf immer größere Smartphone-Modelle setzen und Sony mit dem Xperia Z5 Compact ein kleines Gerät mit Technik der Spitzenklasse anbietet, sind die Zahlen zwar schlecht, aber noch nicht unterirdisch.

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2016: Sony verpasst den ersten Trend

Was sich 2015 bereits angedeutet hat, trifft 2016 den Smartphone-Markt mit voller Wucht: das randlose Display. Neben Samsung (Galaxy S7 edge) und Hauwei (P9) bringen viele weitere Hersteller aus China Smartphones auf den Markt, die immer weniger Rand um die Anzeige besitzen. Das hat den Vorteil, dass das Handy nicht größer wird, das Display aber schon. Diesem Trend hinkte Sony bis zum aktuellen Modell, dem Xperia 1, hinterher. Zudem verwirrt Sony seine Kunden weiterhin mit der Nomenklatur. Neben einem Xperia X kommen das Xperia XA und Xperia XZ auf den Markt. Auch 2017 und 2018 änderte sich an diesem Verfahren nichts. Die Japaner stellten mindestens zwei ziemlich ähnliche Flaggschiff-Modelle pro Jahr vor.

Bild des Huawei P30

2018: Sony liefert die besten Kamerasensoren – für andere Smartphone-Hersteller

Mit dem Huawei P20 Pro bringen die Chinesen ein Smartphone mit drei Hauptkameras auf den Markt. Auch Apple und Samsung liefern Smartphones, die Kameras mit zwei unterschiedlichen Brennweiten besitzen. Obwohl Sony für die meisten Kamerasensoren in Smartphones verantwortlich ist, schafft es das Unternehmen nicht, selbst bei der Fotoqualität Schritt zu halten. Stattdessen setzt man weiterhin auf eine Hauptkamera. Das Design der Geräte wirkt zudem veraltet. Das P20 Pro hingegen katapultiert Huawei mit seiner Ausstattung und dem Design weit nach vorne. Während Apple und Samsung weniger Smartphones verkaufen als im Jahr zuvor, kann Huawei ein Wachstum von fast 35 Prozent verzeichnen und verkauft weltweit 206 Millionen Geräte. Sony indes streicht tausende Stellen und verkauft im gesamten Jahr 2018 nur noch 6,5 Millionen Handys.

Sony Xperia 1 - die Triple-Kamera

2019: Mit dem Xperia 1 zum Erfolg? Eher nicht.

Diese Woche folgt ein erneuter Tiefpunkt. Die Zahlen für das dritte Quartal des laufenden Jahres offenbaren: Sony hat zwischen Juli und September nur noch rund 600.000 Smartphones verkauft. Dabei wollte man mit dem Xperia 1 ein neues Kapitel, gar ein neues Buch aufschlagen. Doch der Neuanfang, für den die Ziffer 1 stehen soll, will nicht gelingen. Dabei ist das Smartphone endlich auf Augenhöhe mit Spitzenmodellen wie dem Galaxy S10 oder P30 Pro. Sonys Problem: In den vergangenen Jahren haben Samsung und Huawei nahezu alle Nutzer von Android-Smartphones um sich versammelt.

Mit Herstellern wie Xiaomi oder OnePlus drängen weitere chinesische Unternehmen auf den deutschen Markt, die gute Geräte preiswert anbieten. Sony hingegen brachte das Xperia 1 dieses Jahr im Juni in den Handel – für 950 Euro. Zu diesem Zeitpunkt bekam der Käufer für etwas mehr als 600 beziehungsweise 700 Euro das Galaxy S10 oder das Huawei P30 Pro.

Doch nicht nur Sony hat zu oft viele falsche Entscheidungen getroffen. Auch HTC und LG, zu Beginn der Android-Geschichte Ton angebend, sind nur noch Komparsen. Zudem kämpfen auch Motorola und Nokia um die Gunst einzelner Käufer. Für Sony wird es also auch 2020 nicht einfacher.

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7 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Stefan

    Weil die Menschen einfach dumm sind und sich kein Bild von wirklichen Werten machen können.
    Das Xperia1 ist das Beste was es gibt zur Zeit. Beste Qualität, beste Leistung und Performance. Flach und handlich. Ein super 4k Display. Akku Management und einen Akku der locker reicht für 1 1/2Tage! Man bin ich froh, dass ich es nicht den Insta Messias nachmachen muss… Ich kann selbst bestimmen und entscheiden. Und ja, meine Welt fing auch mit dem Walkman an.. Danke Sony!!!!!!

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  2. Nutzerbild Bernd

    Mein erstes Sony war das Xperia Z Ultra. Ich habe es mir kurz nach Veröffentlichung zugelegt wegen der Displaygröße (sehr schlechte Augen gepaart mit Wurstfingern), und auch der Rest der Daten überzeugte, bis auf die Kamera, die war grottig. Erst Ende 2018 habe ich es gewechselt gegen ein MiMax3, da der Speicher langsam knapp wurde trotz aller Tricks und es zu diesem Zeitpunkt nichts gab mit grossem display. Ich kann nur sagen das alles Top war und auch immer noch ist, vom Akku über Display Rahmen usw. Fungiert jetzt als Arbeitshandy wo es mir immer noch sehr gute Dienste leistet. Meine Frau hatte bis zu diesem Zeitpunkt schon 4 Handys verschlissen.
    Fazit: es sind Top Handys mit Top Technik mit Designmängeln, meiner meinung nach minderwertigen Kameras, die leider nicht den gewünschten „boahh schau Mal was ich für ein Handy habe* Effekt hat, oder mit dem man sich feiern lassen kann wenn man das erste kauft und aus dem Laden kommt^^

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  3. Nutzerbild Midian

    Es ist wirklich schade meiner Meinung nach.
    Die Sony-Geräte sind deutlich besser als es oft dargestellt wird. Vor allem in der Verarbeitung würde ich es jedem Huawei und Samsung vorziehen.
    Ich bin mit dem Xperia 1 sehr zufrieden, die Kamera mag etwas enttäuschen, mich persönlich nicht- sie liefert sehr gute Ergebnisse. Ich denke da wird es überspitzt dargestellt, nur weil die Kamera vom p30 ggf. Besser ist, ist die Kamera ja nicht gleich Müll.
    Beim Akku war ich auch erst skeptisch, da doch recht unnötig klein (3300 mAh glaube ich) aber das Gerät hält länger durch als das Huawei Mate 9 mit 4500mAh bei ähnlicher Nutzung je getan hätte. Somit für mich kein Unterschied, schön wäre es dennoch wenn da mehr wäre anstatt nur bessere Nutzung.

    Also wer es nicht als Statussymbol benötigt, dem kann ich Sony nur empfehlen.

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    • Nutzerbild Andreas

      Veraltetes Design? Eher sauberes, zeitloses Industriedesign, was ein Qualitätsmerkmal ist. Der Fehler war auch nicht das eine Kameramodul, das hatte ein Pixel auch lange. Nur haben die Xperia bei der Kameraqualität immer wieder enttäuscht, selbst zu jener Zeit, als Sony noch richtig Werbung gemacht hat. Über Jahre wurde der gleiche Sensor ohne OIS und mit vergleichsweise kleiner Blendenöffnung verbaut, die Softwarealgorithmen waren sowieso suboptimal. Irgendwann bin ich dann zum Pixel gewechselt, obwohl mir die Xperia an sich immer besser gefallen haben. Jetzt gibt es das Xperia 5 und das ist das erste Xperia, das einen echten Schritt nach vorne gemacht hat. Mit wenig Werbung und 799 Euro OVP wird das aber auch nichts. Einen Nachtmodus gibt es immer noch nicht wirklich und auch wenn man nichts davon hält, sollte es den (vlt. ja in verbesserter Form) einfach geben. Sony hat selbst die treuen Fans immer wieder enttäuscht und die Frage ist, ob die Zeit jetzt noch reicht, das Vertrauen wieder herzustellen. Dazu müsste 2020 ein Top-Jahr werden, inkl. entsprechender Modelloffensive.

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  4. Nutzerbild Urbanik

    Also mein erstes Handy ever war ein Nokia Energy. Seit Erscheinen des W 995 Walkman bin ich treuer Sony Fan und das Xperia Z, hatte bei mir keine Hardwarefehler, ich hatte auch ein K710. Ich hatte erst einmal ein Minuserlebnis beim Xperia S und zwar wenn man sich gerade aufgenonmene Bilder ansehen wollte. Das Bild erschien für einige Sek erst unscharf. Ja, Sony verpasst den aktuellsten Trend mit der Kamera, aber die ist nicht alles. Sony ist und ich hoffe es bleibt imner so, kein allerwelts Handy. Die anderen Handys sehen alle gleich aus und haben nahezu die gleichen Apps drauf. Und siehe mal Akku Probs bei Samsung. Mir ist noch kein Sony um die Ohren geflogen.
    Das Xperia 1 hole ich mir nächste Woche, derzeit habe ich nich das XZ3. Und übrigens,nach ganz groß wurde, mega klein und nu wieder groß.
    Sony bleibt wie ihr seid, es ist und bleibt ein Mobiltelefon.
    Xperia for ever.

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  5. Nutzerbild Oli

    Ich bin mit Sony Handys aufgewachsen.mir Gefiehl immer ihr besonders modernes Design z.b die Walkman Reihe mit leuchtenden Knöpfen. Schade das es von Preis-leistungsverhältniss nicht mehr mit den chinesischen Großunternehmen mithalten kann und das Design keinen Mehrwert und damit Kaufanreiz bietet. Bringt doch auch Mal coole Smartphones raus, die Leistungsdaten interessieren mich nicht.

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  6. Nutzerbild Herbert Rob

    Nach einem halben Jahr USB Anschluss defekt. Touchscreen an den Randbereichen unzuverlässig. Im Internet gesehen, dass ich nicht der einzige bin. Das war es dann.

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