Anfang 2020 übernahm Devesh Raj bei Sky Deutschland das Zepter. Der erfahrene Manager löste seinerzeit Carsten Schmidt ab und seitdem bleibt gefühlt kein Stein auf dem anderen. Zahlreiche Wechsel im Management haben den führenden deutschen Pay-TV-Sender ebenso kräftig durchgerüttelt, wie weitreichende Entscheidungen hinsichtlich des Programms. Gerade in jüngster Vergangenheit mussten Sky-Kunden so einige Kröten schlucken. Der beliebte Doku-Sender National Geographic – weg. National Geographic Wild – ebenso abgeschaltet. Junior – gnadenlos weggestrichen. Im September wird sogar bei Sky Comedy der Stecker gezogen, obwohl dieser Sender erst im Jahr 2021 gestartet ist.
Sky macht Schluss mit (deutschen) Originals
Und jetzt hat man sich bei Sky Deutschland auch noch dazu entschlossen, die Produktion eigener Serien, sogenannten Sky Originals, ab 2024 komplett zu beenden. Ab 2024 werden keine deutschen Serien mehr entwickelt. Ein echter Donnerschlag, denn in der Vergangenheit hatte man in Unterföhring wiederholt betont, mit deutschen Produktionen den eigenen Programmmix qualitativ unterfüttern zu wollen. Sky-Serien wie „Das Boot“, „Der Pass“ oder „Babylon Berlin“ waren und sind ein echter Erfolg. Zur Wahrheit gehört aber auch: Andere Serien wie „Munich Games“, „Hausen“ oder „Die Ibiza Affäre“ sorgten beim einschaltenden Publikum für weit weniger Begeisterung.
Jetzt kapituliert Sky vor der mächtigen Streaming-Konkurrenz aus dem Internet. Prime Video, Netflix, Disney+ und andere haben dem Pay-TV-Sender viele Kunden abjagen können. Offenbar zu viele. Die aufwändige (und teure!) Produktion von eigenen Serien scheint sich für Sky Deutschland nicht mehr zu rechnen. Hinzu kommt: Seit Monaten halten sich hartnäckig Gerüchte, dass Eigentümer Comcast das defizitäre Deutschland-Geschäft verkaufen möchte. Da passen hohe Produktionskosten wohl nicht (mehr) ins Konzept. Der laufende Kostenaufwand muss sinken – ohne weitere Kompromisse, so die Vorgabe aus den USA. Das Nachsehen haben die Kunden, die zum Teil hohe monatliche Grundgebühren zahlen.
Wie lange spielen die zahlenden Kunden noch mit?
Aber wie lange noch? Sky streicht sein Programm-Angebot immer mehr zusammen. Hat in der Vergangenheit zudem hinsichtlich der exklusiven Berichterstattung von der Fußball-Bundesliga ordentlich Federn lassen müssen, die TV-Rechte an der UEFA Champions League sogar komplett an DAZN verloren. Und Sky bekommt durch Streamingdienste inzwischen derart viel Konkurrenz, dass es gestattet sein muss, kritisch zu hinterfragen, wie lange das ehemalige Premiere überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hat.
Täusche ich mich denn so sehr? Es kann doch nicht der Anspruch sein, mit einem weichgespülten Reality-Format über Familie Ochsenknecht („Die Ochsenknechts“) oder seichten „Frauenpower-Geschichten“ („Her Story“) nachhaltig neue Kunden zu gewinnen. Sorry, aber mich beschleicht nicht erst seit gestern das Gefühl, dass Sky Deutschland in unzähligen kleinen Schritten seinen eigenen Untergang einläutet. Ein wenig wirkt es so, als sei das Kapitel „Pay TV“ in der deutschen TV-Landschaft zu Ende erzählt. Man möchte Sky mit reichlich Herzschmerz zurufen: Gehe direkt auf Streaming, zahle keine unnötigen Satelliten- und Kabelnetzzugangskosten mehr und beende dein seit Jahren rückläufiges Geschäft.
Lichtblick: „Babylon Berlin“ geht auch ohne Sky weiter
Eine gute Nachricht gibt es bei allem Ärger und Frust aber auch: Die deutsche Produktion von „Babylon Berlin“, in der Vergangenheit immer zuerst bei Sky und später im Ersten zu sehen, soll offenbar auch ohne den Pay-TV-Sender fortgesetzt werden. Die ARD will jetzt eine der in meinen Augen besten Serien aus Deutschland der vergangenen Jahre auch ohne Sky mit einer fünften Staffel fortsetzen. Allein in der ARD-Mediathek soll es mehr als 55 Millionen Abrufe gegeben haben. Eine großartige Entscheidung!