Nissan Ariya im Test: Elektro-SUV mit enormem Wohlfühlfaktor

9 Minuten
Ein Coupé-Crossover, wie er im Buche steht. Der Nissan Ariya – verfügbar in zwei Batterie-Optionen – ist ein recht wuchtiger SUV-Vertreter unter den Elektroautos. Er bereitet im Alltag enorm viel Freude, muss sich aber wie so viele Stromer einem recht entscheidenden Problem stellen.
Seitenansicht des Nissan Ariya an einer Ladesäule.
Der Nissan Ariya (63 kWh) im Test von inside digital.Bildquelle: Hayo Lücke / inside digital

Fast 4,60 Meter lang, 1,85 Meter breit und stolze 1,65 Meter hoch. So präsentiert sich der neue Elektro-SUV Nissan Ariya allen neugierigen Blicken. Gesegnet mit einem beachtlichen Radstand von knapp 2,80 Metern ist nicht nur in der ersten, sondern auch in der zweiten Sitzreihe vergleichsweise viel Beinfreiheit gegeben. Selbst dann, wenn ein lang gewachsener Mensch als Fahrer oder Beifahrer mit dem Sitz weit nach hinten rückt. Allerdings müssen Menschen im Fond dennoch mit Einschränkungen leben, wenn sie größer als 1,90 Meter sind. Denn dann ist das Ende der Kopffreiheit langsam erreicht und es wird Kontakt zum Dachhimmel aufgenommen. Das Coupé-Design mit einem flach nach hinten abfallendem Dach lässt grüßen.

Nissan Ariya im Test: Modernes Interieur

Im Innenraum des Fünfsitzers fällt schnell auf, dass der Nissan Ariya nicht nur modern, sondern auch erfreulich aufgeräumt überzeugen möchte. Abgesehen von einem Start-/Stopp-Knopf sind auf den ersten Blick nur Sensortasten für die Klimatisierung und ein Drehknopf zur Regulierung der Medienlautstärke sichtbar. Nahezu alle weiteren Funktionen werden über das leicht zum Fahrer geneigte Infotainment-Display (12,3 Zoll) oder das Multifunktionslenkrad gesteuert. Auch deswegen wirbt Nissan damit, dass im Ariya ein loungeartiger Innenraum nutzbar ist, in dem die Mittelkonsole zu schweben scheint.

Hinter dem Lenkrad ist ein zweites Display (ebenfalls 12,3 Zoll) zu finden, das in digitaler Form alle für den Fahrer wichtigen Informationen anzeigt. Es geht praktisch direkt in das Infotainment-Display über. Die Darstellungsmöglichkeiten des Cockpit-Displays sind vielfältig, wirken zum Teil sogar etwas überfrachtet. Abhängig von der gewählten Einstellung sind zuweilen so viele Informationen auf einen Blick zu sehen, dass es schwierig werden kann, den Überblick zu behalten.

Bordcomputer im Nissan Ariya.
Zeigt zuweilen sehr viele Informationen an: das Info-Display hinter dem Lenkrad.

USB-Anschlüsse sind in der ersten und zweiten Sitzreihe zu finden. Jeweils ein USB-C- und ein USB-A-Anschluss stehen zur Verfügung. Für Fahrer und Beifahrer sind die Anschlüsse aber etwas kompliziert unterhalb der Mittelkonsole zu finden. Das gute Navigationssystem mit drei Jahre kostenlosen Kartenaktualisierungen aus dem Hause TomTom erlaubt die Suche und Filterung nach Schnellladesäulen in der Umgebung. Eine Filterung nach Zahlungsart ist zwar möglich, leider aber nicht nach Akzeptanz des Ladestromanbieters.

Apple CarPlay und Android Auto stehen bei Bedarf zur Verfügung, das Apple-System sogar kabellos. Gegen Aufpreis (oder ab Ausstattungslinie Evolve Pack) gehört auch ein komfortables Head-up-Display zur Ausstattung. Es projiziert wichtige Fahrinformationen und Navigationsbefehle auf die Windschutzscheibe und damit ins direkte Sichtfeld des Fahrers.

Drei Fahrmodi auswählbar

Die Gänge werden im Nissan Ariya über einen recht großen Schaltknauf an der Mittelkonsole eingelegt. Daneben sind einige weitere Sensortasten zu finden, mit denen sich unter anderem ein recht tiefes Staufach öffnen lässt, das elektrisch aus der Mittelkonsole herausfahren kann. Auch eine Taste zum Aktivieren des e-Peal-Modus für die Aktivierung des Ein-Pedal-Fahrens ist hier zu finden. Zudem die Drive-Mode-Tasten, um zwischen den Fahrmodi „Standard“, „Eco“ und „Sport“ hin und her wechseln zu können. Die Platzierung an dieser Stelle ist aber suboptimal gelöst, weil der Blick für die Bedienung weg von der Straße geführt wird.

Mittelkonsole mit Schaltknauf und Sensortasten im Nissan Ariya.
Großer Schaltknauf, kleine Sensortasten an der Mittelkonsole im Nissan Ariya.
Sensortasten für die Klimatisierung im Nissan Ariya.
Viele Knöpfe und Schalter gibt es im Nissan Ariya nicht zu bedienen.

Für den Vortrieb auf bis zu 160 km/h besteht die freie Wahl zwischen einem D- und einem B-Modus. Während im D-Modus fast verzögerungsfreie Segelphasen möglich sind, greift im B-Modus eine deutlich zu spürende Verzögerung. Der E-SUV gewinnt dann beim Ausrollen Energie zurück (Rekuperation). Manuelles Anpassen der Rekuperationsstärke – zum Beispiel über Schaltwippen hinter dem Lenkrad – ist aber nicht möglich.

Voluminös präsentiert sich der Nissan Ariya auch hinsichtlich des Kofferraums. Ohne umgeklappte Rücksitze liegt das Ladevolumen nach Herstellerangaben bei 468 Litern; was Platz für fünf Getränkekisten entspricht. Das ist zwar nicht ganz so viel wie im Skoda Enyaq Coupé RS iV (Test) oder im Volkswagen ID.4 Pro (Test), aber beispielsweise mehr als im Citroén e-C4 Electric (Test) oder im Volvo C40 Pure Electric (Test). Klappt man die Rücksitze um, wächst das Ladevolumen auf 1.350 Liter – fast auf das Niveau des Kia Niro EV (Test). Die wuchtige Heckklappe ist ab der zweitgünstigsten Ausstattungsvariante Advance Pack elektrisch zu öffnen und zu schließen.

Kofferraum des Nissan Ariya mit drei eingestellten Getränkekisten.
Viel Platz im Kofferraum des Nissan Ariya.

Reichweite des Nissan Ariya

Im Stadtverkehr kommt der Nissan Ariya in der Variante mit Frontantrieb und 63 kWh großem Akku auf einen durchschnittlichen Verbrauch etwas oberhalb von 15 kWh pro 100 Kilometer. Ein erstaunlich niedriger Wert für ein 2-Tonnen-Auto. Auch auf der Landstraße (im Schnitt 17,8 kWh/100 km) und auf der Autobahn (durchschnittlich 21,2 kWh/100 kWh) lag der Verbrauch in unserem Test auf recht gemäßigtem Niveau.

Auf einer Langstreckenfahrt über die flachen Autobahnen quer durch das Münsterland und das Emsland konnten wir bei weitgehender Einhaltung der Richtgeschwindigkeit von 130 km/h eine Reichweite von etwa 250 Kilometern ermitteln. Ein nicht gerade berauschender Wert, wenn man sich regelmäßig auf die Langstrecke begibt. Im Stadt- und Regionalverkehr steigt die Reichweite aber an, weil der Ariya dann die Rekuperation viel stärker für sich nutzen kann.

Nissan Ariya in der Ansicht von schräg vorne.
Bullige Front des Nissan Ariya.
Heckansicht des Nissan Ariya.
Heckansicht des Nissan Ariya.

Nach etwa 900 Kilometern Gesamtdistanz hat uns der Bordcomputer unseres Testwagens einen durchschnittlichen Verbrauch von 19,7 kWh/100 Kilometer angezeigt. Grundsätzlich war bei unseren Testfahrten die Klimatisierung eingeschaltet. Eine Wärmepumpe, sie hilft bei der Klimatisierung des Innenraums, ist beim Nissan Ariya bis hinab zum günstigsten Basismodell als Teil der Serienausstattung mit an Bord.

Die Ladeleistung; Licht und Schatten

Eine Wiederaufladung des Nissan Ariya ist an Normalladesäulen (AC) und an Wallboxen mit bis zu 22 kW möglich. Zumindest theoretisch. Denn die meisten AC-Säulen und Wallboxen sind auf maximal 11 kW ausgelegt. Dort, wo mehr geht, spielt der Nissan Ariya aber eine echte Trumpfkarte mit schnelleren Ladevorgängen im Vergleich zu zahlreichen anderen Elektroautos aus. Auf der anderen Seite sind bis zu 130 kW an Schnellladesäulen (DC / HPC) eine kleine Enttäuschung. Da hätte man von Nissan bei einer E-Auto-Neuentwicklung mehr erwartet. Etwa Hyundai und Kia laufen Nissan mit ihren Modellen IONIQ 5 (Test) und EV6 (Test) samt integrierter 800-Volt-Technik an dieser Stelle ziemlich den Rang ab.

Blick auf den Motor des Nissan Ariya.
Ein Frunk für zusätzlichen Stauraum ist unter der Motorhaube nicht zu finden.

Gleichwohl: Das Laden geht recht flott über die Bühne. Bei unserem Testwagen mit 63 kWh großem Akku haben wir die folgenden Ladezeiten dokumentieren können:

  • 20 bis 80 Prozent in 34 Minuten (13 Grad Celsius)
  • 27 bis 80 Prozent in 26 Minuten (17 Grad Celsius)
    • weiter auf 100 Prozent in 55 Minuten
  • 14 bis 80 Prozent in 33 Minuten (14 Grad Celsius; mit Batterieaufwärmung)
    • weiter auf 100 Prozent in 54 Minuten
  • 17 bis 80 Prozent in 32 Minuten (16 Grad Celsius; mit Batterieaufwärmung)

Festzuhalten bleibt allerdings. Die von Nissan unter optimalen Bedingungen in Aussicht gestellten 130 kW Ladeleistung konnten wir nie erreichen. Das höchste der Gefühle waren nach vorheriger Aufwärmung der Batterie 104 kW, die an einer HPC-Ladesäule abzulesen waren. Ladewerte zwischen 70 und 100 kW sind eher die Regel. Wiederum beeindruckend: Selbst bei 99 Prozent geladenem Akku zeigte die Ladesäule noch eine Ladeleistung von mehr als 20 kW an.

Und: Der CCS-Ladeanschluss des Nissan Ariya (vorne rechts zu finden) stellte uns wiederholt vor Herausforderungen. An mehreren Schnellladesäulen startete der Ladevorgang erst im zweiten oder dritten Versuch. Zumindest bei unserem Testwagen mussten wir penibel darauf achten, dass der Ladestecker absolut korrekt mit dem Auto verbunden ist. Ansonsten machte der Pkw mit einem warnenden Piepton auf sich aufmerksam, um auf die nicht korrekte Steckverbindung hinzuweisen.

Ladeanschluss beim Nissan Ariya.
Der CCS-Anschluss des Nissan Ariya ist vorne rechts zu finden.

Was kostet der Nissan Ariya?

Die Basisversion des Nissan Ariya ist gegenwärtig zu einem Preis von 47.490 Euro zu haben. Der Elektro-SUV fährt dann aber nur mit Vorderradantrieb (160 kW / 218 PS) und einer 63 kWh großen Batterie über die Straßen. Weitere Ausstattungsvarianten (Advance Pack / Evolve Pack) treiben den Preis der Basisversion ohne zusätzliche Extras auf bis zu 56.490 Euro. Alternativ ist das Fahrzeug aber auch mit 87 kWh großem Akku und 178 kW (242 PS) zu haben. Dann liegt der Preis je nach gewähltem Modell bei 58.990 Euro (Advance Pack) oder 63.490 Euro (Evolve Pack).

Oder du entscheidest dich für eines der beiden Allrad-Modelle, die sogar auf bis zu 200 km/h beschleunigen können. Mit 225 kW (306 PS) werden in der Ausstattungsvariante Advance Pack 61.990 Euro fällig und im Paket Evolve Pack sind mindestens 66.490 Euro zu bezahlen. Das Topmodell des Nissan Ariya (Evolve+ Pack) gibt es mit satten 290 kW (394 PS) zu einem Preis ab 71.490 Euro zu kaufen.

Ab der Ausstattungslinie Evolve Pack sind unter anderem ein Premium-Soundsystem von Bose, ein Head-up-Display und Innenspiegel mit Kamerafunktion serienmäßig. Außerdem ein Panorama-Glasschiebedach, das sonst 1.500 Euro Aufpreis kostet. Beim Top-Modell musst du auch für 20 Zoll große Leichtmetallfelgen (statt regulär 19 Zoll) und blaue Sitze aus Nappaleder keinen Aufpreis bezahlen.

Der Innenraum des Nissan Ariya.
Aufgeräumt und modern präsentiert sich der Nissan Ariya hinsichtlich des nutzbaren Cockpits.
Blick vom Fahrersitz im Nissan Ariya nach hinten zur Heckscheibe.
Eingeschränkte Sicht nach hinten: Der Nissan Ariya verfügt nur über eine kleine Heckscheibe.

Neun Lackierungen stehen zur Wahl, von denen nur die Farbe Ceramic Grey keinen Aufpreis kostet. Alle anderen sind mit Zusatzkosten zwischen 700 und 1.500 Euro verbunden.

Fazit zum Nissan Ariya: Bullig, aber gut!

Lust auf ein rundum modernes Elektroauto im Stil eines recht bulligen SUV mit Coupé-Genen? Dann solltest du dir den Nissan Ariya auf jeden Fall näher ansehen. Überzeugen konnte im Test nicht nur das Platzangebot in beiden Sitzreihen und das Ladevolumen im Kofferraum, sondern auch der vergleichsweise niedrige Verbrauch. Nicht ganz so erquickend: Mit 63 kWh großer Batterie lag die Reichweite auf der Autobahn-Langstrecke bei nur rund 250 Kilometern.

Immerhin ist aber dank Schnellladung unter normalen Umständen eine Wiederaufladung auf 80 Prozent der maximal möglichen Kapazität in rund einer halben Stunde möglich. Dadurch ist auch der Nissan Ariya bereit für die Langstrecke, wenn man bereit ist, sich auf mehrere Pausen einzustellen. Wer regelmäßig auf längeren Strecken unterwegs ist, greift alternativ zum Modell mit 87 kWh großem Akku. Dann sind rund 400 Kilometer Autobahn-Reichweite möglich.

Nissan Ariya in der Seitenansicht.
Die extrem kurzen Überhänge vorne und hinten werden besonders in der Seitenansicht sichtbar.

Ein dreiphasiges Mode-3-Ladekabel, das eine Ladeleistung von bis zu 22 kW unterstützt, ist übrigens Teil der Serienausstattung. Genauso ein Mode-2-Ladekabel zum Anschluss an eine Haushaltssteckdose.

Vorteile Nissan Ariya

  • großes Platzangebot in der ersten und zweiten Sitzreihe
  • vergleichsweise niedriger Verbrauch
  • großes Ladevolumen im Kofferraum
  • modernes Cockpit mit hochwertiger Verarbeitung
  • Wärmepumpe ist Teil der Serienausstattung

Nachteile Nissan Ariya

  • Autobahn-Reichweite auf der Langstrecke mit 63 kWh-Batterie gering
  • eingeschränkte Kopffreiheit für große Menschen auf der Rückbank
  • Gleichstrom-Ladeleistung „nur“ bis zu 130 kW
  • Fahrassistenten greifen zuweilen recht ruppig ins Fahren ein
  • recht hoher Grundpreis

Hinweis: Der Nissan Ariya wurde inside digital für eine Dauer von zwei Wochen zu Testzwecken kostenlos zur Verfügung gestellt.

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