Pixel 3 XL im Test: Google zeigt allen, wie ein Smartphone funktionieren muss

19 Minuten
Dieses Flaggschiff bleibt Jahr für Jahr unter dem Radar. Google schafft es nicht, seine Pixel-Smartphones in einen Apple-ähnlichen Glanz zu stellen, obwohl die Herangehensweise an die Smartphone-Konfiguration sehr, vielleicht zu ähnlich ist. Warum die öffentliche Darstellung der Google-Smartphones unfair ist, erklärt der Testbericht des Google Pixel 3 XL.
Das Google Pixel 3 XL mit einer Google-Hülle

Seit drei Jahren bemüht sich Google immer wieder im Herbst, ein Bein auf den Smartphone-Markt zu bekommen. Und das, obwohl Google dank Android den Smartphone-Markt mit fast 90 Prozent Marktanteil beherrscht. Dass Software aber nicht alles ist, zeigt sich an den Verkaufszahlen der nicht selten belächelten Pixel-Smartphones: Zu teuer, zu uninspiriert, zu spät – so lautet nicht selten das Pixel-Fazit. Ein Blick auf den Kalender, auf das Datenblatt des Pixel 3 XL und auf dessen Preisschild lässt für 2018 einen ähnlichen Schluss zu.

Aber dann, wenn man es fast nicht mehr glaubt, schlägt das Pixel zu wie einst die Klitschko-Brüder – und viele Konkurrenten hängen auf einmal in den Seilen.

 Google Pixel 3XL
 
Display6,3 Zoll, 1.440 x 2.960 Pixel
Betriebssystem-VersionAndroid 9.0 Pie
ProzessorQualcomm Snapdragon 845, Octa-Core /
4 x 2,8 GHz, 4 x 1,8
RAM4 GB
interner Speicher64 GB / 128 GB
MicroSDnein
Kamera vorne/hintenDual 8 + 8 Megapixel / 12.2 Megapixel
Fingerabdruckscannerja
Akku3.430 mAh
induktives Ladenja
Abmessungen (mm)158 x 76,7 x 7,9
FarbenSchwarz, Weiß, Effektfarbe "Not Pink"
Einführungspreis949 Euro
Aktueller MarktpreisAb Marktstart hier verfügbar
Zum vollständigen Datenblatt

Der Test wurde mit dem Google Pixel 3 XL in der Farbversion „Clearly White“ und mit 64 GB nominellem Speicherplatz durchgeführt.

Verarbeitung und Design

Das Google Pixel 3 XL setzt sich optisch dezent von der großen Masse des Smartphone-Marktes ab. Da wäre zum einen die strukturierte Rückseite zu nennen. Diese besteht aus einem matten und einem glänzenden Teil und ist erst einmal ein Hingucker. Zum anderen entwickelt Google kleine, aber feine Merkmale, die sich intern möglicherweise untrennbar mit der Pixel-Serie verbinden lassen. So zum Beispiel der farbige Akzent des Power-Buttons oder der auf den ersten Blick zu groß wirkende Display-Einschnitt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt
Dieser externe Inhalt von YouTube ergänzt den Artikel. Du hast die Wahl, ob du diesen Inhalt laden möchtest.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass externer Inhalt geladen wird. Personenbezogene Daten werden womöglich an Drittplattformen übermittelt. Nähere Informationen enthält die Datenschutzerklärung.

Pixel 3 XL im Hands-On

Allerdings: Auch Google belässt es bei diesen kleinen Finessen: Grundsätzlich legt man nämlich ein 0815-Smartphone-Konzept vor, dessen Außenhaut von Glas als Baumaterial bestimmt wird. Google selbst bezeichnet das Design als „Aluminium-Unibody-Gehäuse mit Hybridbeschichtung“. Diese Beschichtung – teilweise aus Gorilla Glas – zieht sich gefühlt um das Smartphone herum. Bei genauerem Fühlen wird der umgebende Rahmen jedoch als Metall ohne jede Beschichtung entlarvt.

Die „Hybridbeschichtung“ auf der Rückseite fühlt sich auf Dauer nicht wertvoll an und sorgt dafür, dass das Pixel 3 XL sehr leicht in der Hand liegt. Geschmacksache. Trotz gewöhnlicher Materialwahl schneiden Samsung, Apple oder Huawei in diesem Punkt besser ab als das Pixel 3XL.

Für ein Smartphone der größeren Gattung, also in Konkurrenz zu einem iPhone XS Max, einem Samsung Galaxy Note 9 oder einem Huawei Mate 20 Pro stehend, ist das Pixel 3XL handlich. Die 6,3 Zoll Displaydiagonale klingen erst einmal groß, das relativiert sich aber durch das Seitenverhältnis von 18,5:9. Das Pixel 3 XL liegt angenehm in der Hand und da alle haptischen Tasten – Power-Button und Lautstärkewippe – an einer Seite angebracht sind, bleibt auch der Fingerkrampf in der Einhand-Bedienung aus. Zusätzlich hat das Pixel 3 XL die Seitensensoren behalten, die die HTC-Ideen in den Pixel-Smartphones durchscheinen lassen. Bei Google heißt die Bedienung allerdings nicht Edge Sense, sondern Active Edge.

Farben und Eigenschaften: „Google, wir müssen reden“

Ein Wort noch zu den drei Farbvarianten, in denen beide Pixel-3-Smartphones erscheinen: Der heimliche Star ist tatsächlich der Ton „Not Pink“: Auf den ersten Blick wirkt die Oberfläche damit sehr blass und gewöhnlich. Den Zauber entfacht der Ton erst in schummerigem Licht und auf kontrastbildenden Untergründen. Ebenfalls ein Hingucker, aber weniger auf den Effekt aus, ist die schwarze Version „Just Black“. Sie stellt den seriösen Part dar und weiß mit der teilweise mattschwarzen Rückseite zu gefallen.

Die dritte Farbe im Bunde nennt sich „Clearly White“ und ist genau das: ein schnörkellos glänzendes Weiß. Im Gesamteindruck des Google Pixel 3 XL fällt diese Variante aber etwas ab. Einen farblichen Akzent setzt zudem der jeweilige Power-Button: In der „Not Pink“-Version ist er leuchtend orange, beim weißen Pixel 3 XL hellgrün und beim schwarzen Gehäuse bleibt er bedeckt schwarz.

Bleibt noch die Notch und da heißt es: „Google, wir müssen reden“: Der Display-Einschnitt ist notwendig, wenn der Bildschirm bis in die Ecken reicht und dennoch Platz für Sensoren und Kameras gebraucht wird. Aber Google hat es mit der Tiefe einfach übertrieben. Rund einen Zentimeter ragt der Steg in das Display hinein. Und da die Google-Software keine schwarze und bündige Benachrichtigungsleiste hier angrenzen lässt, sondern den Bildschirm als voll ausfüllend begreift, wird die Notch Störfaktor. Bei YouTube wird das Vollbild-Video immerhin bündig abgeschlossen und der Display-Steg ragt nicht ins Bild. Bei Spielen ist der Steg allerdings unübersehbar und im Weg.

Display-Notch des Google Pixel 3 XL mit Lineal
Die Ein-Zentimeter-Notch des Pixel 3 XL

Unboxing: Alles dabei

Die weiße Schachtel, in der das Google Pixel 3 XL geliefert wird, macht einerseits selbst einen hochwertigen Eindruck und ist nicht für die Zerstörung gedacht. Alle Öffnungen, auch die der Schachteln im Innern, folgen einer klaren Struktur. Hier muss nichts aufgerissen oder aufgeklemmt werden. Wer sich ein Pixel 3 XL kauft, wird bei Erhalt der Ware sofort im „Team Pixel“ willkommen geheißen.

Der Lieferumfang als solcher ist zudem auf Samsung-Niveau, was bedeutet, dass es an so gut wie nichts fehlt und nützliche Adapter direkt beiliegend sind und nicht noch extra dazugekauft werden müssen.

Der Lieferumfang im Überblick

  • Google Pixel 3 XL
  • Anleitung, Ersteinrichtungshilfe, SIM-Karten-Werkzeug
  • In-Ear-Headset mit USB-C-Anschluss
  • USB-C-auf-Klinke-Adapter
  • USB-C-Kabel (beidseitig)
  • Netzteil (nur USB-C-Ausgang)
  • USB-C-auf-USB-B-Adapter.

Google lebt damit vor, was es von anderen Android-Herstellern verlangt: Eine Konzentration auf USB Typ C. Damit der Übergang in den neuen Standard auch für konservative Nutzer recht flüssig vonstattengeht, sind entsprechende Adapter dabei. Löblich auch zu erwähnen, dass Google Fans von kabelgebundenen Kopfhörern einen 3,5-Millimeter-Adapter vergönnt. Der direkte Klinkeneingang ist nämlich passé.

Eigenwillig und doch gewöhnlich. Mutig, aber übers Ziel hinausgeschossen. Das Pixel 3 XL zeigt sich erfrischend und setzt Glanzpunkte in Sachen Optik und Verarbeitung. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Die Notch ist zu groß und das Handy an sich ist zu leicht. Zusammengenommen bleibt unter dem Strich eine gute Wertung.

Einzelwertung: 4,5 von 5 Sternen

Display

Der erste Volltreffer. Das 6,3 Zoll große OLED-Panel im Pixel 3 XL stammt von Samsung, wie findige Entschlüsselungs-Künstler herausfanden. Somit ist es keine Überraschung, dass es sich mit den Anzeigen im Galaxy Note 9 und im iPhone XS Max, Apple wird ebenfalls von Samsung beliefert, um die Display-Krone streitet und sie von DisplayMate sogar schon erhalten hat.

Was macht ein OLED-Display aus?

Zu den technischen Daten: In der Breite löst das Pixel 3 XL mit 1.440 und in der Länge mit 2.960 Bildpunkten auf. Daraus ergibt sich eine Pixeldichte von sehr guten 523 ppi, die eine hervorragende Schärfe versprechen.

In der Tat lässt sich das Display des Pixel 3 XL auch über lange Zeit gut anschauen. Der Farbtemperatur-Mix ist in der Standardeinstellung bereits gut gelungen. Die Farbdarstellung kann über 3 vorgegebene Modi – natürlich, verstärkt und adaptiv – angepasst werden.

Display-Einstellungen des Google Pixel 3 XL.
Die Display-Einstellungen des Google Pixel 3 XL.

Googles Handschrift erkennt der Nutzer spätestens beim Dark-Mode, einem Feature, das im gesamten System bedeckte Farben helleren vorzieht und im Google-Universum längst aus GMail oder YouTube bekannt ist. Außerdem: Statt einer LED-Benachrichtigungsleuchte gibt es ein Always-On-Display, das wunderbar mit Android harmoniert.

Das Display des Pixel 3 XL lässt keine Wünsche offen. Technisch auf dem neuesten Stand und mit einer feinen Automatik versehen, ist es eines der besten Handy-Displays auf dem Markt – wenn nicht sogar das beste.

Einzelwertung: 5 von 5 Sternen

Ausstattung und Leistung

Ein Blick auf das Datenblatt des Pixel 3 XL lockt 2018 kaum jemanden hinter dem Ofen hervor. Ein Snapdragon 845? Unzählige Male gesehen. 4 GB Arbeitsspeicher? Xiaomi lacht über solche Werte.

Am Beispiel des Pixel 3 XL wird deutlich, dass der Smartphone-Wettbewerb aber kein Wettlauf um das dickste Datenblatt ist, sondern ein Mehrkampf. Es zählt die Harmonie zwischen den Komponenten, die Qualität der einzelnen Bauteile und die Sorgfalt, mit denen die Schnittstellen aufeinandergelegt werden. Das passiert einerseits in der Hardware, hat aber auch viel mit Software zu tun. Und hier zeigt das Pixel 3 XL klar und deutlich, was ein gutes Smartphone ist.

Pixel 3 XL im Benchmark-Test auf Rekordjagd

Im Benchmark-Test von AnTuTu (Version 7) erreicht das Pixel 3 XL satte 285.146 Punkte und zieht damit an der Android-Konkurrenz vorbei, ohne mit der Wimper zu zucken. Google holt mit identischer Ausstattung das Letzte aus dem Prozessor heraus und schlägt aktuelle Top-Smartphones wie das Sony Xperia XZ3 oder das HTC U12+, die bisher den Benchmark setzten. Subjektiv konnte noch kein anderes Android-Smartphone die abgespielten Test-Sequenzen so ruckelfrei abspielen, wie das Pixel 3 XL – der Test hatte hier iPhone-Niveau. Eindrucksvoll zeigt Google im Vorbeigehen, wie ein Smartphone zu funktionieren hat.

Das gute Ergebnis im AnTuTu-Test ist aber nicht einer guten Tagesform geschuldet oder gar einer Benchmark-Manipulation à la Abgasskandal. Auch in weiteren Leistungstests offenbart das Pixel 3 XL seine volle Power. Ob Geekbench, GFXBench oder 3DMark – Google zeigt, wie man mit einem Näschen für Effizienz und runder Hardware-Software-Harmonie eine tolle Leistung herbeizaubert, die für Höheres bestimmt ist.

Der Leistungstest spiegelt aber auch nur eine Seite der Medaille wider. In der Praxis ist der Eindruck der Leistung sogar fast noch besser. Der Nutzer hat regelrecht das Gefühl, dass die Google-Entwickler – einige entstammen dem Hause HTC – an alles gedacht und der flüssigen und intuitiven Bedienung alles untergeordnet haben.

UmfeldModellBenchmark-Wert
TestgerätGoogle Pixel 3 XL285.146
 
Samsung Galaxy Note 9246.735
KonkurrentenSony Xperia XZ3277.699
Huawei Mate 20 Pro249.187
 
Google Pixel 2 XL168.018
ältere SpitzenmodelleSamsung Galaxy Note 8167.779
HTC U12+270.006

Neben dem Haupt-Chipsatz bestehend aus Snapdragon 845 und Adreno 630, verbaut Google noch eigene Prozessoren für die HDR-Bildbearbeitung, den Pixel Visual Core, und einen für Sicherheit, der auf den Namen Titan-M hört. Das Sicherheitsmodul passt im Hintergrund auf und soll das Handy vor dem Zugriff durch Unbefugte schützen. Dank Schnittstelle können Android-9-Apps Zugangsdaten auf dem Sicherheitschip ablegen. Konkret schützt der Titan-Chip den Bootloader, um beispielsweise Angriffe abzuwehren, die an dieser Stelle ansetzen. So verhindert die Firmware des Extra-Chips etwa, dass Angreifer den Boot-Prozess ausnutzen, um Software- oder Firmware-Versionen wiederherzustellen, die Sicherheitsmängel offenbaren. Außerdem bietet Titan-M eine Schnittstelle für Drittanbieter-Apps an, sodass sensible Daten dieser Apps immer über das Sicherheitsmodul laufen und dort auch abgelegt werden. Interessant ist das zum Beispiel für Zahlungsdienstleister.

Speicher und SIM

Am Speicherplatz und den SIM-Möglichkeiten darf Kritik angesetzt werden: „Nur“ 64 GB in der Standardvariante, die immerhin 950 Euro kostet, sind untertrieben. Hier sind Apple und Samsung einen Schritt weiter und bieten bis zu 512 GB in ihren Smartphones an. Die 128-GB-Version des Pixel 3 XL überspringt die 1.000-Euro-Marke.

Außerdem bietet Google seine neuen Pixel-Handys nur als Single-SIM-Version ohne Speichererweiterung an. Zwar unterstützt das Google-Handy eSIM, allerdings nur als Alternative, nicht als Zusatz, der wie bei Apple eine Dual-SIM-Nutzung erlaubt.

Sensoren, Anschlüsse, Verbindungsstandards

Google Pixel 3 XL
HSPA
HSPA+
LTE (Down-max Mbit/s)▲ (1,0 GBit/s)
USB-OTG
DLNA
NFC
Kabellose Display-Übertragung
MHL
Infrarot-Fernbedienung
Bluetooth-Version5.0
WLAN-Standardsa/b/g/n/ac
QI
Dual-SIM

Die Tabelle zeigt, dass das Pixel 3 XL die allermeisten Standards unterstützt. Darunter sind Pflicht-Schnittstellen wie Bluetooth, hier in der Version 5.0, die WLAN-Standards a/b/g/n/ac oder NFC. Aber auch alle vier gängigen Navigationssysteme, nämlich GPS, GLONASS, Galileo und Beidou werden unterstützt, genauso wie kabelloses Laden via Qi-Standard.

Eine Enttäuschung auf dem Papier, ist der LTE-Standard. Hier bremst Google das Potenzial des Snapdragon 845 etwas ein und erlaubt statt LTE Cat.18 „nur“ LTE Cat. 16. Warum die Enttäuschung nur auf dem Papier steht: LTE Cat. 16 steht immer noch für bis zu 1 GBit/s im Download. Cat.18 wären 1,2 Gbit/s. Netzbetreiber in Deutschland bieten weder das eine noch das andere flächendeckend an.

Der Fingerabdrucksensor, den Google – etwas unnötig – „Pixel Imprint“ tauft, funktioniert tadellos, schnell und auch, wenn der Finger nicht staubtrocken ist. Eine Gesichtsentsperrung bietet Google nicht an. Vermutlich ist das Weglassen der Methode der Sicherheit geschuldet. Dennoch verwehrt Google damit ein Feature, dass in der Oberklasse mittlerweile zum Standard gehört.

Telefonieren mit dem Pixel 3 XL: Alles wie gehabt, nur besser

Beim Telefonieren mit dem Pixel 3 XL sticht vor allen Dingen die sehr empfindliche und feine Geräuschunterdrückung heraus. Das Mikrofon weiß ganz genau, wem es zuhören muss und was aus dem Hintergrund nicht über den Äther gehen soll.

Darüber hinaus ist die Klangqualität sowohl bei ankommenden als auch bei abgehenden Gesprächsinhalten sehr gut. Leichte Abstriche muss der Pixel-Nutzer wie bei fast jedem Handy in der Freisprecheinrichtung machen.

Google zeigt, wie ein Smartphone funktioniert. Schnörkellos wie eindrucksvoll lässt das Pixel 3 XL die Konkurrenz im Regen stehen und wird von der grauen Maus zum Star der Party. Fehlende Dual-SIM-Unterstützung und der mickrige Speicher beflecken die weiße Weste minimal, sind im Special-Interest-Bereich aber Kaufargumente. Dieses Kundenpotenzial lässt Google verstreichen.

Einzelwertung: 4,5 von 5 Sternen

Kamera

Die Kamera des Pixel 3 XL wurde mit Spannung erwartet. Wird Google dem Trend zur Dual- oder gar Triple-Kamera folgen? Mit dem Einzel-Objektiv wurde das Pixel 2 XL bei DxO Mark immerhin zu einem der Kamera-Champions 2017 gekürt.

Und 2018? Das Pixel 3 XL erscheint wieder mit „nur“ einer Kamera. Und wieder schafft es Google, die Konkurrenz zu linken. Denn das, was anderenorts die Masse an Kameras ausmacht, schafft bei Google die Klasse.

In der folgenden Galerie wird die Kamera anhand von Beispielfotos bewertet:

Insbesondere bei Nachtaufnahmen zeigt sich, was aus der Einzel-Kamera herauszuholen ist. Schärfe, Licht und Details. Google hat nicht zu viel versprochen und zeigt mit der Kamera des Pixel 3 XL, dass zwei, drei oder vier Kameras nicht zwingend notwendig sind, um ein gutes Foto zu schießen.

Bei der Frontkamera wirft Google die Prinzipien der Haupt-Kamera über Bord und schickt eine Dual-Kamera ins Rennen, deren Sensoren sich in der Notch verbergen. Besonders hervorzuheben ist die Gruppenselfie-Funktion, die den Winkel spürbar erweitert.

Kamera-App und Foto-Software

Wem das Pixel 3 XL bisher noch nicht puristisch genug war, der sollte einen Blick in die Kamera-App werfen: Fokus aufs Wesentliche. Klare Ansprache und intuitive Bedienung. Die Steuerung der Pixel-Kamera ist daher vor allen Dingen jenen zu empfehlen, die der – tatsächlich sehr guten – Automatik der Software vertrauen. Denn viele Stellknöpfe gibt es nicht.

Die Kamera-App des Google Pixel 3 XL
Die Kamera-App des Google Pixel 3 XL

Allerdings sorgt die hintergründige KI aber dafür, dass immer der perfekte Moment festgehalten wird. Die Funktion nennt sich Motion und nimmt eine komplette Sequenz voller Bilder auf, die aus dem Zeitraum das gelungenste Bild heraussucht. So werden zum Beispiel Blinzel-Porträts ausgefiltert.

Die Kamera des Google Pixel 3 XL zeigt, dass es auch ohne Multi-Cam-Wahnsinn gelingt, wunderbare Bilder zu schießen. Wer auf einen optischen Zoom im Handy verzichten kann, greift beim Pixel 3 XL zu einem Top-Kamera-Smartphone.

Einzelwertung: 5 von 5 Sternen

Software und Multimedia

Heimspiel für Google. Das Pixel 3 XL kommt mit frischem Android 9 Pie aus der Box. Dazu ist das Betriebssystem voll auf den Google Assistant zugeschnitten, der in keinem anderen Smartphone so gut funktioniert und tatsächlichen Mehrwert bietet.

Außerdem legt Google beim Pixel 3 XL Wert auf Gestensteuerung. Das hat unter Android 9 unter anderem den Wegfall der klassischen Navigationsleiste zur Folge. Über verschiedene Gesten wird der digitale Home-Button zum Task-Manager oder zum Assistant-Key. Die klassische Home-Button-Funktion erfüllt er weiterhin.

Ein Blick ins Einstellungsmenü: Die Anordnung ist beim puren Android 9 deutlich simpler und einfacher als noch unter Android 8 oder bei Hersteller-Benutzeroberflächen. Ins Auge fällt der Menüpunkt „Digital Wellbeing“. Dahinter versteckt sich eine Kontroll- und Nutzungsüberwachungsfunktion à la iOS 12. Hier wird zum Beispiel nachvollzogen, wie oft das Handy entsperrt wurde und wie lange das Display eingeschaltet und aktiv war. Aus dem erstellten Nutzungsprofil kann herausgelesen werden, ob das Handy zu wichtig ist. Der Trend der Software-Anbieter hin zu diesem Verantwortungsbewusstsein ist im Kontext des Themas Handy- oder Internetsucht absolut positiv zu sehen.

„Digital Wellbeing“ befindet sich noch in der Beta-Phase und dürfte final noch weitere Funktionen bieten, die über die App-Timer oder den „Entspannungsmodus“ hinausgehen. Ziel sollte ein umfangreiches (Selbst-)Kontrollprogramm sein, das profilabhängig und geräteübergreifend funktioniert, wie es bei Apples „Bildschirmzeit“-Funktion seit iOS 12 der Fall ist.

Kleine Einstellungsfinessen runden das Firmware-Bild ab: Die Funktion “Now Playing” hört Musik, die auch im Hintergrund laufen kann. Auf dem Sperrbildschirm wird der Titel des Liedes angezeigt. Ein nettes Feature für zwischendurch, im Grunde ein permanentes Shazam. Was allerdings auch zur Wahrheit gehört und Googles Image als Abhörmaschine bestärkt: Hierfür ist das Mikrofon des Handys zwangsläufig immer offen.

Grundsätzlich bleibt für die Google-Firmware festzuhalten, dass Googles Android mittlerweile erwachsen ist. Das kindlich-verspielte Image wurde abgelegt. Die Struktur ist klar, durchsichtig und die Bedienung ist intuitiver denn je. Mit dem Pixel 3 XL macht Android soviel Spaß wie noch nie.

Klang und Multimedia

Musik ist auf dem Google Pixel 3 XL ohne weiteres zu genießen. Sowohl die Lautsprecher, die im Übrigen auf der Vorderseite liegen und nicht im Rahmen versteckt sind, als auch die mitgelieferten Kopfhörer „Pixel Earbuds“ machen einen hochwertigen Eindruck. Letztere sind außerdem voll kompatibel mit dem Google Assistant.

Now Playing-Feature und der Equalizer des Google Pixel 3 XL
Die Einstellungen für „Now Playing“ und der Equalizer für angepassten Klang.

Die Software bietet dazu einen Equalizer an, mit dem der Klang noch einmal angepasst werden kann. In Sachen Streaming nutzt Google die Pixel-3-Käufer zum Rühren der YouTube-Music-Werbetrommel. Der neue Streaming-Dienst kann von Pixel-Käufern ein halbes Jahr lang kostenlos getestet werden. Die datensparende Streaming-Alternative, das UKW-Radio, fehlt auf dem Pixel 3 XL.

Android 9 und das Pixel-Versprechen mit monatlichen Sicherheits- und schnellen Versions-Updates machen das Pixel 3 XL schon alleine zum Software-Kauf-Argument. Dazu kommt die vielversprechende Selbstkontroll-Funktion und eine überaus gute Soundausstattung. Hier gibt es nichts zu meckern.

Einzelwertung: 5 von 5 Sternen

Akku

Nur 3.430 mAh fasst der Akku im Pixel 3 XL. In der Premium-Oberklasse zu wenig – wenngleich Apple auch nicht mehr zu bieten hat. Samsung und Huawei bieten mit ihren 4.000-mAh-Smartphones da schon einiges mehr.

Allerdings zeigt Google auch beim Akku, wie viel eine gute Software ausmacht. Gerade in den Zeiten, in denen das Handy ruht, verbraucht das System kaum Energie. Die künstliche Intelligenz im Pixel 3 XL merkt schnell, welche Apps im Hintergrund wichtig sind und welche vernachlässigt werden können. Das führt zu einem respektablen Akku-Ergebnis. Dennoch: Mit etwas mehr Nennladung, die in den Dimensionen des Pixel 3 XL sicher Platz gehabt hätte, wäre hier sogar ein Referenz-nahes Resultat möglich gewesen.

Der Akkutest im Detail

UhrzeitAktivitätAkku vorherAkku nachher
10:59Start Akkutest100%
11:2230 Minuten Musikstreaiming (Spotify)98%95%
12:2030 Minuten Videostreaming (YouTube)94%90%
13:02Benchmark-Test (AnTuTu)90%86%
14:1230 Minuten Telefonat85%83%
15:07Mehrere Fotos83%78%
15:46Gaming-Session (Asphalt 9: Legends)78%69%
17:18Upload der Fotos und Testdaten64%61%
18:59Ende Intensiv-Phase58%
+1, 10:59Ende Standby-Phase58%51%
14:2530 Minuten Aufladen (mit Netzteil)41%78%

Aufgeladen wird das Pixel 3 XL dank Schnellladetechnologie in Windeseile. Schnell steht wieder Energie für den ganzen Tag zur Verfügung. Ebenfalls flott, aber nicht ganz so rasant funktioniert das kabellose Aufladen via Qi. Hierfür kann ein beliebiges Qi-Ladegerät benutzt werden. Google empfiehlt natürlich den Pixel Stand. Der gummierte Ständer verwandelt das Pixel 3XL neben seiner Qi-Ladefähigkeit in einen Google-Home-Lautsprecher.

Google holt aus dem Akku raus was geht. In Sachen Effizienz und Energiesparsamkeit ist das Pixel 3 XL super. Der Effekt wäre mit einem größeren Akku aber umso stärker.

Einzelwertung: 4 von 5 Sternen

ModellKapazität (mAh)AkkustandVerbrauch
Arbeitstag (8h)Nacht im Standby (16h)Intensivtest (8h)Standby (16h)
Testgerät
Google Pixel 3 XL3.4305851427
Alternativen
Apple iPhone XS2.65852394813
Samsung Galaxy S93.00061493912
HTC U12+3.5004943516

Fazit zum Google Pixel 3 XL: Puristisch, klar und gut

Google entlarvt alle und zeigt nebenher, wie ein Smartphone zu funktionieren hat. Ob beim Datenblatt oder bei der Kamera. Das Pixel 3 XL hat das Zeug zu einem der besten Handys des Jahres und das ohne 10 GB Arbeitsspeicher, ohne Vierfach-Kamera und ohne tausende Stellrädchen.

Obendrein zeigt Google, welchen Weg die Smartphone-Branche für die Zukunft alternativ gehen kann, um nachhaltig zu bleiben. Ein Fünkchen Hoffnung für all jene, denen Multi-Kameras zu viel Marketing-Gewäsch sind. Denn Google hat erkannt: Der nächste große Schritt wird in der Software und nicht vorrangig in der Hardware liegen.

Die harten Fakten sind es, die das Pixel 3 XL nicht auf den Thron zum allerbesten Handy heben. Der Speicher ist für die Premium-Oberklasse nicht angemessen. Dual-SIM ist gerade für Kunden in dieser Klasse ein Kaufargument, da viele ihr 1.000-Euro-Handy nicht nur privat nutzen wollen. Es bleibt also zu konstatieren: Google schickt sein Pixel 3 XL in die Zukunft, vergisst aber die Bedürfnisse, die die Kunden heute noch haben.

Gesamtwertung: 4,5 von 5 Sternen (91 Prozent)

Tops des Google Pixel 3 XL

Google Pixel 3 XL im Test: 4,5 von 5 Sternen
  • Starke Kamera
  • Super Display
  • Konkurrenzlos gute Software
  • Effizienz Pur

Flops des Google Pixel 3 XL

  • Kein Dual-SIM trotz eSIM
  • Keine Speichererweiterung
  • Zu kleiner Akku
  • Zu große Notch

Preis-Leistung

Das zukunftsgewandte Smartphone hat seinen Preis: Mehr als 1.000 Euro verlangt Google für die größte Speicherausstattung mit 128 GB. Die 64-GB-Variante liegt etwas darunter. In diesem Preis-Umfeld ist das Pixel 3 XL gut aufgehoben, allerdings sprechen harte Fakten wie Dual-SIM oder Speicherausstattung für die Konkurrenz von Samsung oder Huawei oder sogar Apple.

Google muss also Hoffen, dass die Merkmale, die das Pixel 3 XL ausmachen, bei der Zielgruppe ankommen. Ansonsten bleibt das Pixel 3 XL das beste Smartphone, das jemals in den Regalen liegen blieb.

Alternativen zum Google Pixel 3 XL

Eine ähnliche Ausrichtung wie das Pixel 3 XL – oder eben umgekehrt – verfolgt Apple mit dem iPhone XS Max. Allerdings muss hier vor dem Kauf die Glaubensfrage zwischen iOS und Android geklärt werden. Auch wenn Google mit Android 9 die Unterschiede zwischen den Systemen weiter verschwimmen lässt.

Die üblichen Verdächtigen: Samsung oder Huawei

Die Android-Marktführer Samsung und Huawei bietet mit dem Mate 20 Pro oder dem Galaxy Note 9 gute Alternativen für das Pixel 3 XL. Mittlerweile etwas günstiger im Preis sind außerdem das Huawei P20 Pro und das Galaxy S9 Plus.

Und da wäre dann noch das HTC U12+. Hier erhalten Nutzer ebenfalls ein Flaggschiff, das mit fast allen Wassern gewaschen ist und das von der Machart wohl am allernächsten an das Pixel 3 XL heranrückt.

Mitreden

5 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Wolfgang Heinrich

    Gut und mit viel Sachverstand und Herz geschrieben .

    Antwort
  2. Nutzerbild Magera

    Hallo,
    Mich würde mal interessieren wieso das Gerät im Ranking soweit unten ist.
    Ich mein der Test bescheinigt das dass Gerät gut ist, das Datenblatt sieht Super aus.
    Der Benchmark ist auch deutlich besser als zb bei Samsung S9 und co.
    Das rating ist besser als bei vielen anderen, und dennoch, ist das Gerät nur auf Platz 185. Wieso? das entbehrt jeder Logik

    Ps.: Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten

    Antwort
    • Hallo Magera,

      auf das dargestellte Ranking haben wir keinen redaktionellen Einfluss. Dieses entsteht auf Basis von Seitenaufrufen des Datenblatts im Zeitverlauf. Die Topliste der beliebtesten Handys unter den Besuchern von inside handy wird aus den Besucherzahlen der Handy-Datenblätter ermittelt. Damit das Ranking immer aktuell ist, werden nur Besuche innerhalb der letzten 10 Wochen gezählt, wobei jedem Besuch ein Punktewert zugeteilt wird, der mit der Zeit abnimmt. Aus der Summe der Punkte ergibt sich die Handy-Platzierung in unserer Topliste.

      Mehr dazu hier: https://www.inside-handy.de/handy-finder/toplist

      Es handelt sich also mehr um ein Beliebtheits-Ranking als um eine Testberichte-Bestenliste und dahinter steckt dann auch die Logik.

      Antwort
  3. Nutzerbild Magera

    Dann nur zum besseren Verständniss:
    Das Datenblatt des Smasung Galaxy S7 wurde in en letzten 10 Wochen noch so häufig aufgerufen, das es für Platz 20 reicht?

    Als kleine Anregung: Es wäre für manch Leser sicher Hilfreich eine Bestenliste zu haben, und nicht nur eine Beliebtheistliste.

    Danke erstmal für die Aufklärung

    Antwort
    • Korrekt. Es ist tatsächlich so, dass vermeintlich alt- und ausgediente Geräte auch nach Jahren noch unfassbar beliebt und gefragt sind. Bestätigung gibt es dafür dann meist außerhalb der eigenen Filterblase. Dazu muss man natürlich sagen, dass die Liste nicht repräsentativ sein kann, da sie ja nur Besucher und Besuche auf unserer Seite widerspiegelt.

      Eine reine Testberichte-Bestenliste haben wir beispielsweise auf unserer Startseite in der Rubrik „Beste Handys“. Was grundsätzlich einfach klingen mag, ist tatsächlich etwas komplexer, da wir unser Testssystem stetig und dynamisch ändern. Im Hintergrund arbeiten wir aber an einer geeigneten Darstellungsform für solche Bestenlisten. Stay tuned!

      Antwort

Und was sagst du?

Bitte gib Dein Kommentar ein!
Bitte gibt deinen Namen hier ein