Eine frühe Form der Fotografie gibt es bereits seit dem 11. Jahrhundert. Damals noch in Form der Camera Obscura – einem dunklen Raum mit einem Loch in der Wand. Etwas später entstand daraus die Lochkamera – ein lichtdichter Kasten, in dem Licht durch ein Loch einfällt und auf der gegenüberliegenden Rückwand ein auf dem Kopf stehendes und seitenverkehrtes Bild einer Szene abbildet. Hierbei war es zunächst aber nicht möglich, Fotos aufzunehmen. Bei transparenter Rückwand konnte man sich das Bild aber von außen ansehen, wenn man etwa mit einem lichtundurchlässigen Tuch für eine ausreichende Abdunklung gesorgt hat. Erst Ende des 18. Jahrhunderts begann die Entwicklung der späteren Fotoplatte, einer mit Fotoemulsion beschichteten Platte aus Metall oder Glas.
1826 fixierte der französische Erfinder und Fotograf Nicéphore Nièpc nach acht Stunden Belichtungszeit die mit einer Aspahltmischung bestrichene 20 x 25 cm große Zinnplatte mittels einer Mischung aus Lavendelöl und Petroleum. Es entstand die erste bekannte Fotografie „Blick aus dem Arbeitszimmer von Le Gras“. Den Begriff „Photographie“ benutzte jedoch erst Astronom Johann Heinrich von Mädler in der „Vossischen Zeitung“ am 25. Februar 1839.
Diskussion unter Experten
Acht Stunden für ein einziges Foto. Plus Entwicklungszeit. Heutzutage vergehen nur wenige Sekunden um ein Bild zu erstellen – wenn überhaupt. An einem durchschnittlichen Tag landen 80 Millionen Fotos bei Instagram; mehr als 350 Millionen bei Facebook. Das sind umgerechnet über 900 respektive 4.000 Fotos pro Sekunde. Dabei scheint die Entwicklung längst nicht abgeschlossen. Im Rahmen der Photokina 2018 in Köln fand eine Panel-Diskussion zur Zukunft der Fotografie statt. Das Thema: Wie Bilder denken lernen. Auf dem Podium (von links nach rechts):
- Reiner Fageth, Leiter der Sektion Wissenschaft und Technik der Deutschen Gesellschaft für Photografie und Vorstandsmitglied von CEWE
- David Newhoff, Vizepräsident der Produkt- und Technologie-Sparte von Kodak Alaris
- Alex Savsunenko, Chef des AI Lab bei Skylum Software
- Guido Jacobs, Marketing-Chef von Canon Deutschland
- Arne Herkelmann, Chef der deutschen Smartphone-Sparte von Huawei
Ein Foto sagt mehr als 1.000 Worte
„Früher waren Fotos Erinnerungen“, sagt Fageth. „Heute kommunizieren Menschen mit Fotos.“ Das trifft vor allem bei der Smartphone-Fotografie zu. Schnell ein Foto vom Essen, einem Standort oder dem Hund geschossen, per WhatsApp an Bekannte geschickt oder bei Instagram hochgeladen – so kommunizieren heute viele Menschen. Canons Marketing-Chef Jacobs erwidert aber zurecht, dass das nicht für den professionellen Bereich gilt und vergleicht das Smartphone und die Profi-Kamera mit einer Fast-Food-Kette und einem Restaurant: „Es gibt das schnelle und das langsame Foto“, sagt Jacobs. Zwar gehören die meisten Fotos, die ein Smartphone-Nutzer macht, erstgenannten Kategorie an. Sie werden sogar ausschließlich dafür aufgenommen: Fotografieren, teilen, löschen oder auf dem Speicher versauern lassen. Doch es gibt auch Menschen, die ihr Smartphone als Hauptkamera im Urlaub benutzen und die Fotos anschließend ausdrucken und aufhängen. Das weiß der CEWE-Vorstand Fageth.
Kann die schlaue Smartphone-Kamera das fehlende Wissen des Nutzers kompensieren?
Ob am Strand, im Restaurant, bei Nacht oder ganz nah dran: Der Nutzer soll jedes Mal, wenn er den Auslöser betätigt, ein möglichst perfektes Fotoergebnis bekommen. Jedoch beschäftigen sich die wenigsten Smartphone-Fotografen mit Parametern wie der Verschlusszeit, dem ISO-Wert oder dem Weißabgleich – obwohl viele Handys diese Möglichkeiten bieten. Da Hersteller also wissen, dass sie es mit Laien zu tun haben, die im Automatik-Modus fotografieren, forschen sie an immer neunen Technologien, an neuer Software und an noch besseren Sensoren. Nachdem nun eine akzeptable Fotoqualität erreicht ist, geht es darum, Bilder besser aussehen zu lassen. Und wie sie im Nachgang, also nach dem Erstellen, vom Fotografen genutzt und wiedergefunden werden können. Der neue Megatrend lautet deshalb: AI – Artificial Intelligence. Oder auf deutsch: künstliche Intelligenz (KI).
Das kann die die KI-Kamera heute bereits
Die neuartige Software soll dem Fotografen viele Entscheidungen abnehmen. Sieht das Foto bei einer entsprechenden Beleuchtung gut aus? Sind die Farben kräftig genug? Ist im Himmel ausreichend Zeichnung oder brennt er aus? Ist ein Gesicht im Bild zu sehen? Und wenn ja, bewegt es sich, sodass der Autofokus ständig neu gesetzt werden muss? Ist ein bestimmtes Motiv vielleicht eher etwas für eine Weitwinkelaufnahme, weshalb die Kamera dem Nutzer einen Hinweis gibt, eine andere Brennweite zu benutzen? Oder fertigt der Fotograf ein Porträt an und der Hintergrund sollte dabei unscharf sein? All diese Fragen kann die Software einer Smartphone-Kamera heute bereits beantworten.
Neue Smartphones kommen mit immer mehr Kameras auf den Markt. Hier das Galaxy A9 (2018) mit vier Objektiven.
Die Zukunft der KI-unterstützten Kamera
Künftig soll die künstlich intelligente Kamera dem Fotografen noch mehr Entscheidungen abnehmen. So werden sie nicht nur verstehen, dass man Essen fotografiert und deshalb die entsprechenden Parameter einstellen. Sie soll erkennen, ob es ein Salat, ein Schnitzel oder ein Schokoladeneis ist, das man versucht abzulichten. Zudem könnten alle Fotos, die man etwa auf einer Party gemacht hat, in einem dafür vorgesehenen Album im Speicher des Handys abgelegt werden. Damit soll es dem Nutzer erleichtert werden, gewisse Bilder wiederzufinden.
Geht man noch einen Schritt weiter, lässt sich einem geschossenen Foto eine Emotionen zuordnen – sowohl den Personen auf dem Bild wie auch dem Fotografen. Smartwatches, Fitnessarmbänder oder 3D-Kameras die auch zur Gesichtsentsperrung genutzt werden, könnten den Gemütszustand messen. Daraus würde etwa eine Karte entstehen, die Orte anzeigt, an denen man gerne war. Oder es wird ein Ordner generiert, der Fotos von Menschen enthält, mit denen man ein bestimmtes Gefühl assoziiert.
Darüber hinaus ist sich Herkelmann sicher, dass auch AR und VR eine große Rolle spielen. „Wir werden Hintergründe verändern und Menschen in Szenen hineinkopieren können – und das live“, sagt der deutsche Smartphone-Chef von Huawei.
Jeder kann Fake-Fotos erstellen
Doch genau hiervor warnen auch Newhoff und Savsunenko. Fotos lassen sich zwar seit geraumer Zeit mit Programmen wie Photoshop verfälschen. Künftig wird das aber für jeden sehr einfach möglich sein und gelingt per Handumdrehen auf dem Smartphone. Dann lässt sich kaum noch feststellen, ob ein Foto echt ist oder nicht. Welche Schwierigkeiten durch manipulierte Bilder entstehen können, lässt sich aktuell aber nicht eindeutig sagen. Zudem stellt Fageth die Frage: „Welchen Einfluss wird die KI auf Fotos haben?“ Damit deutet der CEWE-Vorstand an, dass nicht nur der Fotograf ein Bild manipulieren kann, sondern auch KI-Prozessoren in Smartphones. Die Podiumsrunde ist sich einig, dass in Zukunft irgendjemand definieren muss, in wie weit Fotos verfälscht werden dürfen.
Wird die KI zu schlau für uns?
Damit stellt sich gleichzeitig die Frage, ob die künstliche Intelligenz womöglich irgendwann zu schlau für den Menschen wird. „Wir wollen die Intelligenz des Fotografen nicht ersetzen“, sagt Canons Marketing-Chef Jacobs. Diese Aussage greift Savsunenko umgehend auf. „Wir brauchen weniger eine künstliche Intelligenz denn eine assistierende“, sagt der AI-Chef der Software-Firma, die auch das Programm Luminar entwickelt hat. „Die Intelligenz steht immer noch hinter der Kamera.“ Das bedeutet, dass eine Software oder ein KI-Chip den Fotografen durchaus unterstützen, ihm seine Arbeit aber nicht abnehmen soll. Das gilt jedoch eher für Profi-Fotografen und nicht für den Smartphone-Knipser. Künstliche Intelligenz kommt künftig also eher für Laien und somit für Smartphones in Frage.
Ob HDR, Sport- oder Nachtaufnahme: Künftig soll das Smartphone selbst erkennen, welches Motiv sich vor der Linse befindet.
Was machen Instagram und Co. mit unseren Fotos?
Zuletzt stellten sich die Experten die Frage, was mit den Fotos passiert, die man irgendwo hochlädt und die der Computer analysiert. Verkaufen Plattformen Bilder an Firmen, die diese dann für Werbung nutzen? Bekommt man Post mit Werbung für Hundefutter, wenn man regelmäßig Fotos von seinem Hund bei Instagram postet? Oder wird die Versicherung anhand der Hautfarbe auf Selfies erkennen können, dass man krank ist und den Beitrag erhöhen? Szenarien, die von „das geht ja noch“ bis „erschreckend“ reichen. Die Zukunft wird zeigen, in wie weit die künstliche Intelligenz hier eingreift. Und ob sich Menschen doch irgendwann wieder mehr Zeit für ein Foto nehmen und es nicht als Wegwerfgut ansehen. Letztlich sind sich die Experte jedoch einig: Egal wie man das Foto macht, am Ende muss es einem selbst gefallen.