Glasfaser im Test: Wie gut ist ein Telekom-FTTH-Anschluss wirklich?

7 Minuten
Echte Glasfaseranschlüsse bei der Telekom sind bis heute selten buchbar. Doch es gibt sie – und es sollen künftig jährlich zwei Millionen hinzukommen. Wie gut ist die Gigabit-Leitung, die direkt bis in die Wohnung geht wirklich? Wir haben getestet und Erfahrungen mit FTTH der Telekom gesammelt.
Ein Bauhelm und Glasfaser-Speedpipes liegen auf einem Tisch
Glasfaser SpeedpipesBildquelle: Thorsten Neuhetzki / inside handy

Wie haben wir getestet?

Der Test fand an einem Anschluss in einer Berliner Neubau-Wohnung statt. Bei Neubau-Projekten ist die Telekom seit geraumer Zeit dazu übergegangen, nur noch in Ausnahmefällen Kupferleitungen zu verlegen. Glasfaser gehört hier inzwischen zum guten Ton. Im Objekt sind etwa 90 Wohnungen angeschlossen, die wenigsten Bewohner haben ihren Anschluss jedoch bei der Telekom gebucht – und wenn, dann mit deutlich niedrigeren Datenraten als 1 Gbit/s.

Für unseren Test haben wir über einen Monat hinweg zu verschiedenen Uhrzeiten vorher festgelegte Speedtest-Server genutzt. Dabei gilt wie immer: Ein Speedtest kann nur ein Teil der tatsächlichen Bandbreite abbilden. Das zeigt sich auch im Test. Denn wenn der Server stark frequentiert ist, dann ist das nicht der Leitung anzulasten. Deswegen haben wir bewusst einen bunten Blumenstrauß an Server gewählt, die teils vom speedtest.net-Netzwerk stammen. Aber auch nicht so bekannte Speedtests sind dabei. Neben dem Speedtest von Netflix haben wir beispielsweise auch Server im Netz von Vodafone und der Telekom genutzt. Aber auch die für Streaming so wichtigen Content-Delivery-Networks (CDN) wie Cloudflare haben wir getestet.

Getestet haben wir dabei wie auch ein normaler Nutzer seine Leitung nutzt: Mit einem Windows-Laptop, angeschlossen an ein Cat-6-LAN-Kabel. Als Modem und Router kam der Telekom Speedport Smart 3 zum Einsatz. Weitere aktive Nutzer im Netzwerk gab es zum Zeitpunkt der Tests, die wir protokolliert haben, nicht. Das Setup wurde während der Tests nicht verändert.

Unsere Erwartung: Das Gigabit sollte immer und zu jeder Zeit ankommen. Um eines vorweg zu nehmen: Das war nicht der Fall.

Test 1: Der Büro-Start: Werktags, 8.15 Uhr

Speedtest mit Telekom-Gigabit-Anschluss
Speedtest mit Telekom-Gigabit-Anschluss

Der Start in den Home-Office-Tag bedeutet auch, dass der Traffic im Internet ansteigt. Anders als in den Abendstunden spielt um diese Zeit das Videostreaming aber eine untergeordnete Rolle. So überrascht es nicht, dass die Messungen weitestgehend sehr erfreulich sind. Sieben von zwölf Messpunkte an diesem Morgen liefern uns mehr als 800 Mbit/s, vier sogar mehr als 900 Mbit/s. Der beste Wert: 940 Mbit/s. Kurioserweise handelt es sich um einen Speedtest von Mitbewerber Unitymedia/Vodafone. Ebenfalls kurios: Ein Speedtest zu einem weiteren Server im Netz von Vodafone liefert nur 162 Mbit/s – der schlechteste Messwert in diesem Cluster.

Da Telekom-Kunden immer wieder über eine schwächelnde Performance zu Netflix-Servern kritisieren, gilt diesem Speedtest ein besonderes Augenmerk. Auffällig hier ist, dass trotz vermeintlich niedrigem Netflix-Traffic zu dieser Zeit „nur“ 590 Mbit/s ankommen.

Test 2: Die Rush-Hour: Sonntag, 20.30 Uhr

Wie verhält sich Netflix zur Rushhour des Streamings – dem Sonntagabend? Deutlich schlechter! 130 Mbit/s liefert uns der Netztest zu dieser Zeit. Und auch sonst sind im Netz keine Geschwindigkeitsrekorde zu erreichen – trotz direkter Glasfaserleitung bis in die Wohnung. Die beiden schnellsten Downloads erfolgen von Cronon im Strato-Rechenzentrum mit 633 Mbit/s und von as250.net mit 634 Mbit/s. Dass hier kein schnellerer Download möglich war, erstaunt angesichts der Möglichkeiten der Glasfaser. Eine Überbuchung der Leitung beziehungsweise des Hausanschlusses kann nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen werden.

Besonders langsam war übrigens ein Geschwindigkeitstest zum CDN-Netz von Cloudflare. Er brachte nur 97 Mbit/s auf dem Mess-Tacho. Und auch ein Speedtest innerhalb des Telekom-Backbones lieferte nur magere 280 Mbit/s.

Test 3: Werktags, 20.30 Uhr

Dass das Internet an einem Werktag abends weniger genutzt wird als an einem Sonntag, zeigt sich auch an unserem dritten Messbeispiel. Drei Tage nach dem vorherigen Messergebnis zur gleichen Zeit lieferte das Netflix-Netzwerk mit 260 Mbit/s die doppelte Geschwindigkeit wie am Sonntag. Aber immer noch weniger als das gebuchte Gigabit. Dieses übrigens war zu extremen Tagesrandzeiten durchaus messbar.

Wie unterschiedlich die Ergebnisse sein können, zeigen weitere Messungen. Innerhalb des Telekom-Netzes waren 910 Mbit/s möglich, Cronon schickte uns Daten mit einer Rate von 867 Mbit/s.

Der Upstream

Die Telekom stattet ihre Gigabit-Leitungen seit September wieder mit einem Upstream von 200 Mbit/s aus. Das ist fast so schnell wie die schnellsten VDSL-Leitungen im Downstream leisten. Realistisch betrachten brauchen diese Datenraten nur Youtuber oder Grafiker und Architekten. Wenn du aber beispielsweise ein NAS mit Fernzugriff dein Eigen nennst, kannst du deine Daten aus der Ferne auch entsprechend schnell herunterladen.

Von etwa 90 protokollierten Messungen blieben zwölf unterhalb dieses Upstream-Wertes von 200 Mbit/s, die anderen lagen zum Teil mit bis zu 235 Mbit/s deutlich über der gebuchten Bandbreite. Negativer Spitzenreiter war mehrfach das Cloudflare-Netz, das offenbar vor allem auf den Downstream ausgelegt ist. Messwerte unter 15 Mbit/s waren hier nicht ungewöhnlich. Die anderen schlechteren Messwerte waren abhängig vom Zeitpunkt der Messung und fielen auf immer unterschiedliche Server zurück.

Die Ping-Zeiten

Insbesondere für Gamer, aber auch für andere Anwendungen und ein flüssiges Internet-Surfgefühl sind niedrige Ping-Zeiten relevant. Das ist die Zeit, die ein Datensignal benötigt um von deinem Rechner zum Server und wieder zurückzukommen.

Mit dem FTTH-Anschluss der Telekom hatten wir sehr unterschiedliche Ergebnisse. So konnten wir im besten Fall eine Latenzzeit von 2 bis 3 Millisekunden messen. Bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass diese Server allesamt in Berliner Rechenzentren stehen, der Weg des Signals also sehr kurz ist.

Sind die Strecken weiter, so liegen die Latenzen in der Regel zwischen 12 und 19 Millisekunden in unserem Test. Doch auch Werte um die 70 Millisekunden kamen vor. Dabei handelte es sich jedoch stets um die gleichen Gegenstellen.

Abseits des Protokolls

Der schnellste protokollierte Wert bei den Telekom-Messungen lag bei 942 Mbit/s an einem Mittwochnachmittag zum Server von as250.net. Doch bei nicht protokollierten Messungen erreichten wir auch noch höhere Werte, teils auch in anderen Konstellationen oder mit einem anderen Netzwerkkabel. Um jedoch konsistente Messergebnisse zu haben, haben wir uns dazu entschlossen, diese nicht in die harten Messergebnisse einfließen zu lassen. Dass es unterschiedliche Messergebnisse gibt, die von der Länge oder der Qualität eines Netzwerkkabels abhängig sind, zeigt aber, wie entscheidend die Wahl der Heimvernetzung ist, wenn man die letzten Bytes aus der Gigabit-Leitung kitzeln will. Bei niedrigeren Datenraten sollte das keine große Rolle spielen.

Gesamtbetrachtung

Der Gigabit-Anschluss der Telekom ist auf der einen Seite überzeugend schnell und gleichzeitig an anderer Stelle erstaunlich langsam. In zwei Messclustern können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob es die Leitung oder der Backbone samt der Netzübergabepunkte ist, der zu den vergleichsweise langsamen Ergebnissen im Verhältnis zum gebuchten Gigabit führte. Angesichts dessen, was wir über die bauliche Realisierung des Anschlusses wissen, ist eine Überbuchung der Anschlussleitung aber auszuschließen.

Die Telekom setzt nahezu ausschließlich auf sogenannte Private Peerings, vereinbart also individuelle Übergaben des Datentraffics von ihrem Netz in andere Netze und umgekehrt. An Austauschknoten wie dem DECIX in Frankfurt ist die Telekom zwar angeschlossen, die dort verfügbare gebuchte Datenrate allerdings so klein, dass der Netzübergabepunkt nicht in der Lage wäre, den Traffic in und aus anderen Netzen zu übernehmen.

Dass es selbst bei einer Gigabit-Glasfaseranbindung hier und da zu Einbrüchen bei der Geschwindigkeit kommt, ist also entweder auf überlastete Übergabepunkte zwischen den Netzbetreibern zurückzuführen oder auf die Server auf der Gegenseite, die überlastet sind. Lediglich letzteres liegt nicht im Einflussbereich der Telekom.

Unterm Strich macht der Glasfaser-Gigabit-Anschluss eine sehr gute Figur. Das sollte bei knapp 80 Euro monatlichen Kosten aber auch zu erwarten sein.

Hier findest du den direkten Vergleich zwischen Telekom und Vodafone (Hier der Vodafone-Gigabit-Testbericht) und welcher Anschluss wo punkten kann.

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3 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Timon Holzhäuser

    Speedtests sind in dieser Geschwindigkeit komplett ungeeignet. Schlechte bis kein technisches know how. Setzen, sechs. Um konstante Leistungsaufnahmen aufzuzeichnen, muss man sich an Downloadservern bedienen, die man BEZAHLT. Traffic ist unfassbar teuer, und die free Speed Tests alles andere als auf breite 1gbit Tests ausgelegt. Wenn man es nur n kurzen Zeitraum testen Will, mietet man sich einen vserver mit dedicated 1gbit Netzwerk & testet darüber. Wenn man es streuen will, nimmt man ein Datencenter in Schweden, eins in Frankfurt etc.
    SHARED Speedtests sind NICHT geeignet für solche Benchmarks.

    Zu meinem Glück, ich habe 2 Objekte mit ftth – beide reizen ihre Leistung nahezu zu 100% aus. Im Download erreiche ich an beiden Objekten regelmäßig 100-114mb/s

    Bitte keine Falschinformationen durch mangelnde Recherche unters Volk bringen.

    Antwort
  2. Nutzerbild root

    Bekommt man beim Telekom Glasfaser-Anschluss noch eine eigene IP v4 Adresse oder nur DSLite?

    Antwort
    • Nutzerbild Thorsten Neuhetzki inside digital Team

      Offen gestanden habe ich das nicht getestet, weil es nicht Bestandteil des Test-Setups war. In Erinnerung hab ich nur, dass ich auf IPv6 geschickt wurde. IPv4 hab ich nicht untersucht.

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