Vor 20 Jahren hat HTC die ersten Smartphones hergestellt und damit gewissermaßen den Grundstein für Apples iPhone und Samsungs Galaxy-Modelle gelegt. Im Gegensatz zu den beiden genannten großen Herstellern ist es HTC jedoch nicht gelungen, die eigenen Smartphones in Massen unters Volk zu bringen. Die Marktanteile und Unternehmenszahlen deuten seit einiger Zeit nach unten und trotz guter Kritiken und Testberichte für Modelle wie das HTC U Ultra ist eine Trendwende nicht in Sicht.
Wichtig für das Image eines Herstellers ist sein Flaggschiff-Modell, denn das wird naturgemäß von den Testern und Kunden besonders kritisch beäugt. Nachdem in den vergangenen Jahren die One-Serie von HTC das Premium-Segment repräsentiert hat, ist nun mit dem HTC-Spitzenmodell des Jahres 2017 nicht nur ein technisches Update, sondern auch ein neuer Name fällig. Nach dem U Play und dem U Ultra komplettiert das U11 die aktuelle Mannschaftsaufstellung von HTC als Mittelstürmer.
Technische Daten des HTC U11
Bei der Hardware lässt sich HTC nicht lumpen und greift beherzt bei den hochwertigen Bauteilen zu: Angetrieben vom 8-Kern-Prozessor Qualcomm Snapdragon 835 und unterstützt von 4 GB RAM wird sich die Leistung in der Spitzengruppe ansiedeln. Wenngleich andere Top-Smartphones gerne auch schon mal mit 6 GB RAM auf den Markt kommen. LTE mit Geschwindigkeiten von bis zu einem Gigabit pro Sekunde im Download, zahlreiche aktuelle Funkstandards und die neueste Android-Version 7.1.1 Nougat unterstreichen ebenfalls den hohen Anspruch.
Etwas Ungewöhnliches hat HTC sich bei der Bedienung des U11 ausgedacht. Die untere Hälfte des Geräterahmens ist berührungsempfindlich. Drückt man das Smartphone an diesem Teil des Metallrahmens auf beiden Seiten, öffnet sich eine persönliche Wunsch-Funktion, beispielsweise die Kamera. Die Empfindlichkeit und das Vibrationsfeedback lassen sich nach dem eigenen Belieben einstellen. Wer auf den sensitiven Rand verzichten will, kann ihn auch komplett deaktivieren. Die Auswahl der möglichen Belegungen ist zum Marktstart noch begrenzt, HTC will nach und nach weitere Möglichkeiten per Update hinzufügen.
HTC U11: Pressebilder
In der Oberklasse eine Besonderheit ist, dass es das HTC U11 auch als Dual-SIM-Variante geben wird. Wer die zweite SIM-Karte einschieben möchte, muss jedoch darauf verzichten, den 64 GB großen Speicher mit einer MicroSD-Karte um bis zu 2 TB zu erweitern. Die Hauptkamera des U11 erzeugt Bilder mit bis zu 12,2 Megapixeln und verfügt über einen besonders schnellen Autofokus, optische Bildstabilisierung, eine f/1.7-Blende und einen Dual-LED-Blitz. Die Selfie-Kamera kommt mit vergleichsweise üppigen 16 Megapixeln daher. Das U11 erzeugt automatisch HDR-verbesserte Bilder, es werden immer drei Aufnahmen zusammengerechnet, um zum Beispiel Pixelfehler und schlecht beleuchtete Bereiche auszugleichen.
Das gemäß IP67 staub- und wasserdichte Gehäuse des HTC U11 besteht sowohl auf der Vorderseite als auch auf der Rückseite aus Gorilla Glass 5, umfasst wird es von einem Aluminiumrahmen. Ein besonderes Färbeverfahren sorgt dafür, dass die Farben der Glas-Rückseite besonders kräftig strahlen. Gleichzeitig ist auch die Spiegelung auf der Rückseite und die Anfälligkeit für Fingerabdrücke sehr ausgeprägt. Das Display auf der Gerätefront ist 5,5 Zoll groß, es löst in QHD auf. Entsperren kann man das Smartphone per Fingerabdruck, der in den nicht-mechanischen Home-Button unterhalb des Displays integriert ist. Neben dem Button finden sich zwei kapazitive Touch-Tasten zur Bedienung des Smartphones. Dank der IP-Zertifizierung kann man das HTC U11 unter Wasser benutzen, auch der empfindliche Rahmen funktioniert dann noch. Per Handschuh lässt sich das Smartphone ebenfalls steuern.
Wer mit dem U11 Musik hören möchte, kann sich auf einige Highlights freuen. Das Zwei-Wege-Lautsprechersystem mit dem bekannten HTC BoomSound soll dem kleinen Gehäuse kraftvolle Töne entlocken. Eine besondere Stärke des U11 ist das beigelegte Headset, das man über den USB-C-Anschluss mit dem Smartphone verbindet. Der Klang wird durch eine Sonar-Vermessung des Gehörgangs optimiert, Umgebungsgeräusche soll das Headset zuverlässig filtern. Beide Funktionen liegen weit über dem Standard der üblichen Günstig-Headsets, die Smartphone-Hersteller gerne beilegen. Abgerundet wird der Lieferumfang durch einen Klinke-Adapter, mit dem man auch gewöhnliche Kopfhörer an den USB-C-Anschluss andocken kann. Wie bei den neuen iPhones entfällt bei Kopfhörer-Nutzung die Option, das Smartphone gleichzeitig aufzuladen.
Der 3.000 mAh-Akku soll in Verbindung mit dem sparsamen Prozessor die Laufzeit gegenüber früheren Modellen verbessern, genaueren Aufschluss zu diesen und anderen Leistungswerten liefert wie üblich der umfangreiche Testbericht von inside-digital.de, der in den nächsten Wochen erscheinen wird.
HTC U11 im Hands-On – Design und Verarbeitung
Das HTC U11 kommt mit einem klassischen und 5,5 Zoll großen Display zum Kunden. Mit dem Format von 16:9 geht man keine Experimente ein und einen konservativen Weg. Er zeigt sich auch bei der Kamera: Ein doppeltes Modul sucht man auf dem glänzenden Rücken vergebens.
Die Rückseite ist der korrekte Stichwortgeber, wenn es um die Äußerlichkeiten des HTC U11 geht: Das eingefärbte Gorilla Glas 5 glänzt, spiegelt und verschmiert wie kaum ein anders Handy auf dem Markt. Allein die Ahnung von Fett oder Staub schlägt sich schon als hässliche Flecken auf der Rückseite nieder. Davon abgesehen sieht das HTC U11 gelungen aus und kommt ganz im Stile der beiden bisherigen U-Modelle daher. Das U11 ist jedoch mit seinem Metallrahmen und den beiden geschwungenen Glasflächen das edelste Gerät unter den drei Brüdern. Der eloxierte Rahmen zeigt sich je nach Farbmodell ebenfalls Ton-in-Ton. Das lässt das Smartphone als geschlossene Einheit auftreten, kommt jedoch auch ein wenig langweilig rüber.
Beim Hantieren mit dem HTC U11 zeigt sich schnell das moderate Gewicht und die gute Verarbeitung. Das recht breite Design wirkt sich auch auf das Handling aus: In der Hand zeigt sich das HTC U11 etwas klobiger als die Hauptkonkurrenten Samsung Galaxy S8 und LGs G6. Die Optik wie auch die Haptik erinnern dabei recht deutlich an das Honor 8 Pro, obwohl es etwas hochwertiger wirkt als der chinesische Konkurrent. Insgesamt dominieren die Rundungen des HTC U11 den haptischen Eindruck. Keine Kante und kein Grat stören die Form. Das mag im Trend liegen, eine charakterstarke Kante wie beim HTC 10 vermisst man jedoch.
Auf der Front gibt es wenig Überraschendes. Die Navigationstasten wurden auf die Fläche unterhalb des Displays gelegt und durch einen Fingerabdrucksensor, der gleichzeitig der Homebutton ist, komplettiert. Die Einbettung dessen wirkt gelungen und die beiden kapazitiven Tasterchen links und rechts davon reagieren ohne Probleme schnell und zuverlässig. Manuelle Tasten gibt es im Gegensatz zu den Behauptungen in den Gerüchten trotz des Touch-Sensitiven Rahmens. Sie lassen sich gut erreichen und bieten eine kerniges Feedback, dass ein gutes Gefühl vermittelt.
HTC U11 im Hands-On
HTC U11 im Hands-On – Druckempfindlicher Rahmen
Der Rahmen bietet beim Drücken kein mechanisches Feedback, jedoch zeigt sich die Reaktion des Handys auf dem Bildschirm: Je nach Einstellung wird beim Druck auf den Rahmen eine App geöffnet oder auch beispielsweise ein Bild mit der Kamera aufgenommen. Sensitiv ist dabei jedoch nicht das gesamte Handy, sondern lediglich die untere Hälfte des Rahmens. Das genügt beim ersten Ausprobieren auch. Die Befehle werden schnell erkannt. Manchmal führt es zu Irritierungen wenn zu sanft gedrückt wird und sich dann nichts tut. Das Problem kann jedoch in den Einstellungen behoben werden. Dort kann die Druckstärke ganz für das persönliche Wohlempfinden erhöht oder verringert werden.
Die Software und die Leistungsfähigkeit des verbauten Snapdragon 835 machten im ersten Eindruck eine gute Figur. Das kaum angerührte Android 7.1.1 Nougat wirkt schlank und elegant. HTC tut gut daran, das Angebot des Google-Betriebssystems nicht in den Grundlagen zu verändern, sondern nur um eigene Apps und Funktionalitäten zu erweitern. Damit hat der neueste High-End-Prozessor von Qualcomm, der Snapdragen 835, wenig Mühe. Das Navigieren durch die Menüs und Apps gelingt ohne jeglichen Makel. Im Test muss das HTC U11 alsbald seinen Mann stehen und sich diesen Eindruck erhalten.
Dann wird sich auch herausstellen, ob HTC mit der Wahl des Kamera-Sensors richtig liegt. Der 12-Megapixel-Sensor mit seinem Objektiv mit 1:1,7-Blendenöffnung riecht nach dem Modul des Samsung Galaxy S7 und S7 edge, welcher Sensor es im Detail ist, verrät HTC jedoch nicht. Der Verzicht auf eine Doppelkamera begründet HTC-Manager Fabian Nappenbach damit, dass man mit einer einzelnen Kamera einen größeren Sensor verbauen könne. HTC hat bei der Kamera eine von Außen sichtbare Verbesserung geschafft: Das Kameramodul lugt nur noch sehr behutsam aus dem Rücken der glatten Rückseite. Damit wirkt das Smartphone geschlossener, jedoch ist wieder eine der Charakterkanten verloren gegangen, die das HTC 10 ausgemacht hat.
Hands-On – Fazit
Das HTC U11 ist kein traditionelles Smartphone, obwohl es auf den ersten Blick so wirkt. Das Gehäuse ist raffiniert, aber auch nichts revolutionär Neues. Die Verarbeitung liegt auf hohem Niveau und die Haptik kann begeistern. Trotzdem bleibt beim HTC U11 ein schaler Beigeschmack zurück, den das U11 im Test beseitigen kann, oder aber es bestätigt das ungute Gefühl, dass die wirklichen Innovationen fehlen und man keinen neuen Glanzpunkt im Spitzenmodellbereich gesetzt hat. Erst der Test wird die Wahrheit ans Licht bringen. Solange gibt es Lob und einen skeptischen Blick für das HTC U11.
Marktstart und Preise des HTC U11
Auf den Markt kommen wird das HTC U11 am 1. Juni: Bei den großen Netzbetreibern in der Single-SIM-Variante, im freien Handel auch als Dual-SIM-Modell. Beide Varianten haben eine unverbindliche Preisempfehlung von 749 Euro. Als Farben stehen Weiß, Dunkelblau, Schwarz und Silber mit einem leichten Blaustich zur Verfügung. Angekündigt ist außerdem ein warmes Orangerot, diese Variante gibt es jedoch nicht zum Marktstart.