MWC-Trend 2019: Sind faltbare Smartphones schon ausgereift?

7 Minuten
Neben 5G gehören auch faltbare Smartphones zu den Themen, die auf dem diesjährigen Mobile World Congress in aller Munde sind. Inzwischen sind schon mehrere Hersteller mit an Bord: Darunter unter anderem Samsung, Huawei, TCL und Royole. Doch stecken hinter den vorgestellten Produkten funktionstüchtige Smartphones oder eher Konzepte für die Zukunft?
Huawei Mate X halb aufgeklappt in der Hand

Während Samsung, TCL und Huawei ihre faltbaren Smartphones aktuell auf dem noch laufenden MWC in Barcelona vorstellten, war Royole ein Vorreiter. Der Display-Hersteller stellte mit dem FlexPai bereits Ende des vergangenen Jahres ein klappbares Smartphone vor. Dieses war schon auf der CES Anfang 2019 zu begutachten.

Doch Trends in der Smartphone-Branche gab es schon einige. Es gab Prototypen und daraus resultierend erste Exemplare, die doch bei weitem nicht ausgereift waren. Faltbare Smartphones sind ebenfalls schon seit einigen Jahren im Gespräch. Doch funktionsfähige Produkte gibt es jetzt zum ersten Mal. Die Frage bleibt, ob es Firmen wie Samsung, Huawei und Co. schaffen, aus der Nische ein solides Gesamtpaket für die Masse zu produzieren und den Bedürfnissen der Verbraucher nachzukommen – sowohl technisch als auch preislich.

Royole FlexPai

In Las Vegas wurde deutlich: Die Hardware ist da, die Software aber mitnichten ausgereift. Deswegen der Reihe nach: Das FlexPai besitzt ein mittig faltbares, 7,8 Zoll großes AMOLED-Display. Im ausgeklappten Zustand kommt es auf eine Auflösung von 1.440 x 1.920 Pixeln. Zur Ausstattung gehören unter anderem der Qualcomm Snapdragon 855, 8 GB RAM, eine Dual-Kamera und ein 3.800 mAh großer Akku.

Tipp: Royole FlexPai im Hands-On

Soweit, so theoretisch. In der Praxis funktioniert das nicht so einwandfrei, wie unser Redakteur David Gillengerten meint: „Nach einigen Klapp-Versuchen fallen aber immer mehr Mängel an dem Gerät auf. Da wäre zum Beispiel das billig wirkende Mittelstück. Es sieht im Vergleich zum glasigen Smartphone wie ein Fremdkörper und alles andere als edel aus.“ Deutlich schlimmer ist die Performance des Smartphones. „Noch schlimmer ist jedoch die Leistung des Handys. Denn trotz High-End-Hardware hat das Royole FlexPai spürbare Probleme damit, zwischen Tablet- und Handy-Modus zu wechseln. Die Umstellung dauert teilweise mehrere Sekunden. Außerdem laden und schließen Apps unerträglich langsam. Ähnliche Verzögerungen finden sich auch bei der Kamera und anderen Systemfunktionen wieder“.

Samsung Galaxy Fold

Das Galaxy Fold aus koreanischen Gefilden hielt sich lange in der Gerüchteküche und wurde erst vor Kurzem offiziell angekündigt. Ähnlich wie auch beim Royole erinnert der Klappmechanismus des Galaxy Fold an ein Buch, das einfach geschlossen wird. In ausgerolltem Zustand kommt der Bildschirm auf 7,3 Zoll. Die kleine zusammengefaltete Version bietet noch eine Diagonale von 4,58 Zoll. Im Galaxy Fold arbeitet der Snapdragon 855 von Qualcomm unter der Haube – wie auch beim FlexPai.

In den Messehallen bleibt das Galaxy Fold jedoch unter Verschluss, sodass es vor Ort nicht richtig ausprobiert werden kann. „Die Kritik am Design war jedoch nicht leise, besonders nachdem Huawei sein ‚Fold‘ vorgestellt hat. Das Samsung-Foldable besitzt eine ‚Notch‘ in der rechten oberen Ecke, wenn es aufgeklappt ist. Dazu hat Samsung auf jeder Seite mindestens eine Kamera verbaut. Die Koreaner wollen zeigen, was technisch möglich ist, jedoch hat man es hier etwas übertrieben und ein aufgeräumtes Design dafür geopfert. Hinzu kommt, dass das Display – welches unaufgeklappt eine Steuerung des Smartphone ermöglicht – viel kleiner ist, als das des Huawei Mate X. Der Preis des Samsung Galaxy Fold wird um die 2.000 Euro betragen. Damit liegt man wohl unterhalb des Preises des Huawei-Konkurrenten, jedoch auch weit weg von einem, der für den Massenmarkt tauglich ist“, meint Michael Büttner von der inside handy Redaktion.

Huawei Mate X

Das Mate X kommt dem faltbaren Exemplar von Samsung optisch vermutlich am nächsten. In seiner ganzen Pracht erinnert es vielmehr an ein quadratisches Tablet als an ein Smartphone. Es bietet ein 8 Zoll großes Display mit einem Seitenverhältnis von 8:7,1. Die Auflösung liegt bei 2.480 x 2.200 Pixeln. Klappt man das Huawei-Smartphone mittig zusammen, bleibt ein 6,6 Zoll großer Hauptbildschirm bestehen. Anstatt eines Qualcomm-Prozessors werkelt der Kirin 980 aus eigener Produktion unter der Haube. Der Akku fasst 4.500 mAh.

Smartphone-Experte Blasius Kawalkowski ist nach einem ersten Eindruck vom Mate X angetan und meint, Huawei habe das falbare Smartphone aus der Science-Fiction-Welt direkt in die Realität verfrachtet. „Das Klapphandy erlebt damit eine Reinkarnation und kehrt zurück. Doch deutlich anders, als man es etwas von einem Motorola Razr V3 kennt. Die Szenarien, wie man ein solches Gerät nutzt, werden sich noch ergeben. Sie könnten eine Komposition aus Smartphone und Tablet bilden.“ Und auch wenn Huawei die restliche Ausstattung nicht stiefmütterlich behandelt, so wird das Mate X auch mit einem kritischen Auge bedacht: „Das Huawei Mate X soll Mitte 2019 auf den Markt kommen. An diesem Marktstart sieht man, dass das Gerät zwar da, aber noch nicht wirklich fertig ist. Es ist etwas mehr als ein Prototyp, ja. Aber ist es Massenmarkttauglich?“

TCLs Falt-Konzept

TCL ist der hinter den Marken Blackberry und Alcatel stehende Produzent aus China. Die Firma produziert von Hause aus Fernseher, ist nun aber auch in den Markt der Handy-Panels eingestiegen. Deshalb hat man auch faltbare Exemplar auf dem MWC vorgeführt und möchte damit möglichst viele Verbraucher ansprechen. „TCL will mit neuen und auch faltbaren Displays im Smartphone-Markt punkten. Vor allem das faltbare Panel sticht dabei ins Auge“, wie Redakteur Michael Büttner den Auftritt bewertet. In Barcelona hatte TCL mehrere Konzept-Smarpthone im Gepäck, die im herkömmlichen Sinne noch nicht richtig genutzt werden können. Das Patent für sein faltbares Display hat TCL allerdings schon angemeldet und auf den Namen „DragonHinge“ getauft.

Und auch wenn die Konzepte noch weit von einem marktfähigen Modell entfernt sind, ist das Ziel des Herstellers dennoch klar: „Ziel von TCL wird es sein, die eigene Marke Alcatel auch mit einem oder mehreren Falthandys auszustatten. Ob es dann ein in der Breite aufklappendes Smartphone oder ob es doch ein in der Länge gefaltetes Mini-Smartphone wird, ist nicht klar. Man habe, so Alcatel, zwei von drei Problemen schon gelöst: das faltbare Display und die Mechanik. Nun muss nur noch die Software fertig werden. Dann kommt das ausgegebene Ziel, ein faltbares Smartphone mit einem günstigen Preispunkt, in erreichbare Nähe.“

Faltbare Smartphones – Ein erstes Fazit

Man kann sich trotz funktionstüchtiger Geräte, die auf dem MWC gezeigt werden, einig sein, dass faltbare Smartphones größtenteils noch in Kinderschuhen stecken. Redakteur Blasius Kawalkowski zieht ein stimmiges Fazit und beschreibt einen ersten Eindruck der neuartigen Klapphandys: „Jede neue Technologie leidet zunächst an Kinderkrankheiten. Wie oft lässt sich ein faltbares Smartphone auf- und zuklappen, bis die Scharniere versagen oder das Display den Geist aufgibt? Wer – wie im Fall des Mate X – 2.300 Euro für ein Smartphone bezahlt, dürfte zwar als Pionier gelten, muss aber auch damit rechnen, dass das Gerät die alltäglichen Belastungen keine zwei Jahre durchhält.“

Und weiter: „All das dürfte auch Apple wissen. Der US-Konzern beobachtet den Markt, arbeitet mit Sicherheit selbst an einem Falt-Smartphone. Doch wie auch bei anderen Trends wartet man ab, wie eine solche Technologie angenommen und an welchen Kinderkrankheiten sie zu Beginn leiden wird. Zudem wäre Apple nicht Apple, wenn sie einfach nur ein faltbares Smartphone vorstellen. Apple wird neue Anwendungsszenarien schaffen, die wir heute noch nicht erahnen können.“

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5 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Manfred Schuermann alias Key B. Hacker

    In der generellen Zielsetzung arbeitet man auf einen voll vernetzten und vollwertigen Computer hin, der bequem in der Hemdentasche mit herum getragen werden kann.
         5G soll auch dahin führen, dass Programme nur noch „on demand“ genutzt werden. Nur noch für eine Offline-Nutzung soll man Programme –– soweit sie nicht bereits zum Betriebssystem gehören –– installieren müssen.

    Das Smartphone soll zweifelsohne zum Tablet werden, das nur noch die Maße eines Smartphones aufweist. Selbst „trifold“ ist im Gespräch und wird wohl auch noch kommen, damit man aus der Hemdentasche heraus volles Kinoformat geniessen kann. Erst einmal sollen die Konsumenten auf die „Zweifaltigkeit“ abfahren…

    Ein in Barcelona nicht vertretener Hersteller hat bereits eine „Station“ entwickelt, die nur aus Bildschirm, Tastatur und Maus besteht. Vorgesehen ist diese Konfiguration vorab für Hotels. Da sollen Gäste ihr Smartphone ankoppeln und mit der Station wie mit einem vollwertigen All-in-One-PC arbeiten können.

         Immer stärker von Bedeutung wird die Spracherkennung sein. Schon heute ist es möglich, per Stimme sein Smartphone etwas zu fragen, um laut und deutlich eine brauchbare Antwort zu erhalten. Man frage etwa sein Android-Smartphone vom Startbildschirm aus: „Wieviel Zeit braucht man mit dem Flugzeug von Amsterdam bis Berlin?” Oder: „Wie lange braucht man mit dem Zug von Berlin bis Warschau?“ – Wer dann nicht laut und deutlich eine entsprechende Antwort erfährt, dürfte reif für ein Update sein… Die Smartphone-Hersteller aber wollen noch mehr: Im Grunde genommen wollen sie die PC- und die Kamera-Industrie eindampfen.
         Barcelona ist dazu erst auf einem kleinen Teil des Weges.
    mlskbh

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  2. Nutzerbild Bernhard Prawer

    Ich bin nicht prinzipiell gegen faltbare Smartphones. Um mir ein faltbares Smartphone zu kaufen, muss das Smartphone mindestens 6 bis 7 Zoll, und das Tablet 10 Zoll umfassen. Die Displays der faltbaren Smartphones von Samsung und Huawei sind mir echt zu klein. Ich kann damit nichts anfangen.

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  3. Nutzerbild Wolfrat Ihns

    Ich bin neugierig auf all die technischen Veränderungen und Neuerungen die die Zukunft bringen wird. Es kann nicht alles sofort von Null auf Hundert perfekt bereitgestellt werden.

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  4. Nutzerbild Bernhard Prawer

    Ich habe den Eindruck,daß das Faltbare Smartphone von Huawei schon ausgereift ist. Wogegen das Samsung Fold nicht so toll aussieht. Das Huawei Smartphone gefällt mir sehr gut.

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  5. Nutzerbild R. G. Sidler

    @Manfred Schuermann: „5G soll auch dahin führen, dass Programme nur noch „on
    demand“ genutzt werden. Nur noch für eine Offline-Nutzung soll man Programme –– soweit sie nicht bereits zum Betriebssystem gehören –– installieren müssen.“ Toll, aber die andere Seite der Medaille ist, dass Anwendungen nicht mehr gekauft und installiert werden können sollen, sondern nur noch gemietet, was für den Anbieter viel ergiebiger und für den Konsumenten viel teurer sein und ihn noch weiter in die Abhängigkeit von irgendwelchen Anbietern treiben wird.

    5G als solches ist schon eine mittlere Katastrophe – für den „Normalbenutzer“ völlig unnötig (ausser, wenn er sein ganzes Lebensumfeld mit IdD (Internet der Dinge)-Hardware gepflastert hat). Um 5G nutzen zu können, müsste die Senderdichte verzehnfacht werden, was zumindest vom gesundheitlichen Standpunkt her umstritten ist – oder weshalb versucht der Bundesrat wohl gerade im Alleingang, die Strahlungsgrenzwerte, welche in der Schweiz eh‘ schon relativ hoch sind, noch weiter anzuheben? Einmal mehr Industrie und Wirtschaft vor Gesundheit?

    Ausserdem ist auf sämtlichen Videos zu den neuen faltbaren Telefonen zu sehen, dass sich die Oberfläche wellt – um ein wirklich faltbares Telefon zu konstruieren würde man eine elastische Oberfläche benötigen, dann wären aber Darstellungsprobleme unausweichlich. Mit einer unelastischen Oberfläche, die sich auch nicht innerhalb einer bestimmten Toleranz bewegen kann, kann das unmöglich ohne Wellen im Display funktionieren. Wer’s nicht glaubt, soll das mit einem Stück Papier oder (nicht elastischem) Kunststoff versuchen..

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