Rückblick: 1&1 war über viele Jahre ein großer Partner von Telefónica. Als sogenannter virtueller Netzbetreiber nutzte 1&1 das O2-Netz, ohne selbst eigene Antennen zu betreiben. Die Partnerschaft endete 2023, als 1&1 entschied, ein eigenes Mobilfunknetz aufzubauen und dafür quasi von einem Tag auf den anderen auf Vodafone als National-Roaming-Partner setzte. Das war ein herber Schlag für Telefónica. Der Aktienkurs der deutschen Telefónica rauschte in den Keller – schließlich verlor man den Umsatz von zwölf Millionen Mobilfunkkunden an die Konkurrenz. Auch wenn es nicht der einzige Grund war, so war es doch der Anfang vom Ende von Telefónica-Deutschland-Chef Markus Haas. Er wurde vor wenigen Tagen nach fast 30 Jahren im Unternehmen abgesetzt, ist nur noch geschäftsführend im Amt.
1&1: Probleme beim Netzausbau kosten Geld
Auch bei 1&1 lief trotz des vermeintlichen Coups mit Vodafone nicht alles glatt. Der Netzaufbau des eigenen Mobilfunknetzes gestaltete sich schwierig. Ende Juni 2025 zählte das 1&1-Netz erst rund 1.200 Antennenstandorte. Im Vergleich zu Telefónica mit über 28.000 ist das verschwindend gering. Für Kunden heißt das: 1&1 ist weiterhin stark auf das Vodafone-Netz angewiesen. Vor allem sind – so ist immer wieder zu hören – die Kosten für das National Roaming weitaus höher, als man bei 1&1 eigentlich kalkuliert hatte.
Nun kommen Spekulationen auf, Telefónica – inzwischen stark aus der spanischen Zentrale gesteuert – könnte Interesse an 1&1 haben. Das Handelsblatt berichtet (Artikel hinter einer Paywall), beide Konzerne würden derzeit Möglichkeiten prüfen, ihre Partnerschaft neu zu definieren – bis hin zu einer Übernahme. Dem Bericht nach hätten Konzernvertreter darüber bereits gesprochen, die Gespräche seien aber noch in einem frühen Stadium, was auch ein Scheitern nicht ausschließe.
Kommt es zur Übernahme, wäre das voraussichtlich das schnelle Ende der Kooperation mit Vodafone. Kunden von 1&1 würden dann über kurz oder lang wieder im O2-Netz surfen. Technisch bedeutet das: anderer Ausbaugrad, andere Netzqualität je nach Region – je nachdem, wie dein Empfang aktuell ist, kann das erneut Vor- oder Nachteile bringen.
Weniger Wettbewerb bei einer Zusammenarbeit zu erwarten?
Auch beim Preis-Leistungs-Verhältnis könnte sich etwas ändern. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass sich Tarife kurzfristig verteuern. Aber Telefónica hat mit O2 eine starke Eigenmarke, die im Wettbewerb mit 1&1 steht. Könnte eine Vereinheitlichung oder Verschmelzung der Marken folgen? Das würde wohl nicht sofort passieren, ist aber mittelfristig denkbar. Denn die Marke O2 ist in den vergangenen Jahren eher ins Hintertreffen geraten. Auch ein Grund, warum Haas gehen musste. Ihm fehle es an frischen Ideen, war zu lesen.
Unterm Strich würde eine Übernahme vor allem eines bedeuten: weniger Wettbewerb. Deutschland hat aktuell vier Netzbetreiber. Wenngleich 1&1 noch wenige Sendemasten hat, so hat man doch ein eigenes Netz im Hintergrund aufgebaut. Kommt es zu einer Fusion, wären es faktisch nur noch drei. Langfristig könnte das Auswirkungen auf die Innovationsdynamik und Preiskultur im Mobilfunkmarkt haben. Denn gerade 1&1 war es mit seinen ganzen Discounter-Marken, die das Preisniveau zuletzt gedrückt haben. Auch die Einführung der Datenflatrates on Demand geht auf 1&1 zurück.
Noch ist nichts entschieden. Doch falls Telefónica tatsächlich bei 1&1 einsteigt oder komplett übernimmt, sollten sich Kunden auf Umstellungen einstellen – vor allem beim Netz, aber möglicherweise auch bei Service und Tarifstruktur. Gegenüber dem Handelsblatt gab es aus dem 1&1-Umfeld keine Stellungnahme. Und auch Telefónica wollte den Bericht gegenüber inside digital nicht kommentieren. Aber: Bei allem, was die beiden Konzerne machen, hätten in jedem Fall das Bundeskartellamt und möglicherweise auch die EU-Kommission ein Wörtchen mitzureden.
