Thinkpad X1 Fold im Test: Tablet? Notebook? Lenovo faltet das Display

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Über Jahrzehnte hat sich am Format des Notebooks nichts geändert. Ein Bildschirm, eine Tastatur, dazwischen ein Scharnier. Doch mehr Bildschirm am Notebook ist ein Trend, dem Lenovo mit dem X1 Fold wohl einen der radikalsten Entwürfe folgt.
Gesamt: Lenovo Thinkpad X1 Fold
Gesamt: Lenovo Thinkpad X1 Fold Bildquelle:

Zusammengefaltet wirkt das X1 Fold auf den ersten Blick gar nicht so spektakulär. Das Gehäuse besteht aus einem für Lenovo Thinkpads typischen schwarzen, nicht glänzendem Kunststoff. Erinnerungen an die Netbook-Zeiten werden wach. Dank des schicken Ledereinschlags wirkt das mit 15,8 cm x 23,6 cm sehr kompakte Notebook jedoch alles andere als billig. Fast „old school“ wirkt die Höhe von 2,8 cm im zusammengeklappten Zustand. Der Aha-Effekt beginnt mit dem Aufklappen: Keine Tastatur! Nur Bildschirm! Kein Scharnier in der Mitte, das das Gerät in zwei Hälften teilt.

Thinkpad X1 Fold: So klappt es

Der Klappmechanismus beeindruckt. Das Display kann stufenlos bis zu 180 Grad auseinandergeklappt werden. Das Scharnier gibt nicht nach, bewegt sich oder klappert auch dann nicht, wenn die Konstruktion angehoben wird. Zwar lassen sich in der Bildschirmoberfläche zwei Knickabdrücke erkennen, den Bildeindruck trüben sie bei der Nutzung jedoch in keinster Weise. Sie werden dann vom Display überstrahlt.

Ungewohnt ist nicht nur die Bauweise dieses Convertibles, sondern auch das Display, das eine maximale Diagonale von 13,3 Zoll (ca. 34 cm) bereithält. Schon das Format erweist sich als Besonderheit. Ein Seitenverhältnis von 4:3 erinnert nämlich eher an alte Röhren. Auch das Panel selbst ist unüblich. Um den Faltmechanismus bewerkstelligen zu können, muss Lenovo auf ein P-OLED mit einer Kunststoffoberfläche zurückgreifen, das mit einer Auflösung von 2.048 x 1.536 Pixeln etwas oberhalb des klassischen Full HD eingestellt ist. Optisch ergibt sich hieraus jedoch kein spürbarer Mehrwert. Die Farben sind OLED-typisch kräftig, der Hersteller verspricht eine 95-Prozent-Abdeckung des DCI-P3-Farbraums.

Seite des Lenovo Thinkpad X1 Fold
Seite des Lenovo Thinkpad X1 Fold

Im Vergleich zu den hochfesten Glas-Bildschirmen wirkt das Pendant des X1 Fold auf den ersten Blick weniger wertig. Kunststoff wird zumeist als billig wahrgenommen. Doch die deutlich weichere Oberfläche gefällt bei der Bedienung: Das leichte Nachgeben auf den Druck des Fingers oder des Stifts fühlt sich natürlicher an als die knallharten Glasflächen. Doch die Oberfläche spiegelt derart stark, dass an ein Arbeiten im Freien kaum zu denken ist und auch Fingerabdrücke werden noch deutlicher.

Drei Bildschirme in einem

Lenovo hat mit dem X1 Fold nicht einfach ein Tablet entwickelt, das du in der Mitte zusammenklappen kannst, sondern das Konzept durchdacht. Zum einen kannst du das ganze Panel wie bei einem Tablet verwenden. Zum anderen besteht aufgefaltet die Möglichkeit, zwei Bildschirme zu nutzen, die dann jeweils die Hälfte des Gesamtdisplays im Hochformat belegen.

Beim Arbeiten kann diese Option durchaus überzeugen. Der Klassiker ist dabei, dass die Software-Tastatur auf den unteren Bildschirm gelegt wird, während in der oberen Hälfte der eigentliche Inhalt angezeigt wird. Die beiden Anzeigen lassen sich im Betrieb einfach tauschen. Leider hat sich Microsoft bei seinem Windows-Betriebssystem noch nicht darauf eingestellt, dass Hersteller Notebooks mit mehr als einem Display bestücken. So kommt es beim Aktivieren des Bildschirms aus dem Ruhezustand immer mal zu längeren Verzögerungen. Das gilt auch beim Umschalten von einer auf zwei Ansichten. Die Software-Tastatur wird bei zwei Displays nicht auf die gesamte Bildschirmhälfte skaliert.

Lenovo Thinkpad X1 Fold als Einzeldisplay
Lenovo Thinkpad X1 Fold als Einzeldisplay

Bluetooth-Tastatur überzeugt (nicht nur) am Thinkpad X1 Fold

Eine physische Tastatur ist in der Arbeitswelt unersetzlich. Dementsprechend wurde auch für das X1 Fold eine Lösung gefunden. Per Bluetooth wird eine 23,4 x 14,4 cm große Tastatur angebunden, die sich perfekt zwischen die beiden Notebookhälften schieben lässt. Verstörend wirkt zunächst der Micro-USB-Port, wo doch eigentlich USB Typ C die Zukunft gehört und wohl zu hoch war. Benötigt wird er aber nur im Notfall, denn die Tastatur wird auf dem Rahmen des Lenovo-Notebooks kabellos geladen.

Trotz einer Höhe von gerade mal vier Millimetern bietet Lenovo vollwertige Tasten. Sie überzeugen mit einem guten Tastenhub und einem angenehm definierten Druck. Der knappe Platz fordert aber auch seinen Tribut. Auf Tasten für die Umlaute verzichtet Lenovo. Sie müssen mithilfe einer Fn-Kombination eingefügt werden. Für Vielschreiber (in deutscher Sprache) ist das nicht unbedingt komfortabel.

Netbook-Stil des Lenovo Thinkpad X1 Fold
Netbook-Stil des Lenovo Thinkpad X1 Fold

Das Touchpad ist mit einer Fläche von 6,4 x 3,2 cm fast niedlich. Dafür funktioniert es jedoch überraschend gut. Die Reaktion auf Bewegungen der Finger ist ausgesprochen direkt und präszise, gleiches gilt für den Klickmechanismus.

Zum Notizbuch ein Stift

Lenovo denkt die Peripherie bei seinem X1 Fold konsequent zu Ende. Zum Lieferumfang gehört ein digitaler Stift, der an der Tastatur befestigt werden kann. Einem klassischen Stift nachempfunden, liegt er angenehm in der Hand. Die Stiftspitze gibt unter Druck leicht nach, sodass sich insbesondere in Verbindung mit dem weichen Display ein vergleichsweise natürliches Schreibgefühl einstellt.

Wenn du weitere Peripheriegeräte einbinden willst, kommst du wahrscheinlich nicht an einem USB-Hub vorbei, denn mehr als zwei USB-Typ-C-Ports werden nicht zur Verfügung gestellt.

Hardware des Thinkpad X1 Fold: Nichts für Leistungsjunkies

Das Thinkpad X1 Fold ist ein Mobilgerät und nicht für rechenintensive Aufgaben gedacht. Dementsprechend setzt der Hersteller mit dem Core i5-L16G7 auf einen energiesparsamen Intel-Chip, der eine TDP von nur 7 W aufweist.

Der Chip wird, ähnlich wie ein ARM-SoC, aus einem leistungsstarken und vier energiesparsamen CPU-Kernen zusammengesetzt. Das macht sich bei der Performance bemerkbar. Sie fällt deutlich hinter der eines Tiger-Lake-i5 zurück, der in größeren Laptops üblich ist. Bei Einzelkern-Anwendungen sind es im Geekbench rund 30 Prozent, bei Multi-Core-Tests werden sogar nur rund 40 Prozent des Niveaus erreicht. Bei der Grafikleistung fällt der Unterschied ebenso deutlich aus. Die UHD-GPU kann mit der Iris Plus Xe nicht mithalten. Rechenintensive Anwendungen benötigen somit ihre Zeit, beim Daddeln friert zwischendrin auch mal der Bildschirm ein.

Hülle des Lenovo Thinkpad X1 Fold
Hülle des Lenovo Thinkpad X1 Fold

Der Arbeitsspeicher im LPDDR4X-Format wird mit einem Takt von 4.267 MHz angebunden, bleibt aber auf 8 GB limitiert. Die Toshiba-SSD bietet mit einer Kapazität von 512 GB zwar viel Platz, ist jedoch trotz NVMe-Spezifikation lahm. Daten wandern mit nicht mal 1800 MB/s von der Festplatte. Sie schreibt gar nur mit knapp 900 MB/s.

Kleiner Akku, schnelles Ende

Die Platzressourcen im X1 Fold sind nicht üppig, beim Akku reicht es nur für vier Zellen, die eine Kapazität von 50 Wh liefern. Und weil der Prozessor schon bei weniger anspruchsvollen Anwendungen schnell ins Schwitzen kommt, ist mit der Ausdauer im Akkubetrieb nicht weit her. Bei einer gemischten Arbeitslast sollten rund fünf Stunden möglich sein, ohne dass eine Steckdose benötigt wird. Bei leistungshungrigen Anwendungen sind um die drei Stunden drin.

Fazit zum Lenovo Thinkpad X1 Fold

Mehr Bildschirm im Laptop wird einer der kommenden Trends. Lenovo schwingt sich zu einem der Trendsetter auf und denkt das elektronische Notizbuch mit dem Thinkpad X1 Fold neu. Es ist irgendwo zwischen klassischem Notebook und Tablet angesiedelt und bietet mobilen Arbeitern unterwegs eine bisher kaum gekannte Flexibilität.

Wenn du zu den Vorreitern gehören willst, musst du jedoch die eine oder andere Kinderkrankheit akzeptieren – das eine oder andere Detail ist noch nicht ausgereift oder wirkt unfertig. Es beginnt beim Display, das noch anfälliger für Reflexionen und Fettfinger ist als üblich, reicht über das Betriebssystem, bei dem sich Microsoft noch nicht vollumfänglich auf Formate wie das X1 Fold eingestellt hat, bis hin zum Akku, der für dieses Rechnerformat zu wenig Ausdauer hat.

Pro

  • stabiles Falt-Display
  • Notebook, Tablet oder kleiner Desktop in einem
  • Kompakt

Contra

  • Hardware nicht die schnellste
  • Kleiner Akku, begrenzte Laufzeiten
  • Hoher Preis

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