Wir berichten immer wieder darüber, mit welchen Tricks Vodafone-Händler Kunden Verträge unterschiebt. Wir sprachen auch bereits mit mehreren Insidern, ehemaligen und aktuellen Mitarbeitern des Unternehmens, die uns ein ums andere Mal von den Abzock-Methoden berichtet haben. Doch immer wieder lassen sich Vodafone-Mitarbeiter neue Tricks einfallen, wie man Kunden abzocken kann, Provisionen generiert und Handys, die Kunden zustehen, auf dem Schwarzmarkt verkauft. So wie der folgende Fall, der erneut für Aufsehen sorgt.
Die dubiose Vertragsverlängerung von Vodafone
Stell dir vor, du schließt einen Vertrag bei Vodafone ab, da es gerade gute Konditionen gibt. Am Ende der Vertragslaufzeit, also rund zwei Jahre später, kündigst du den Vertrag und willst zu einem anderen Anbieter wechseln, weil er ein besseres Angebot hat. So weit, so normal. Nun schickt dir Vodafone eine Kündigungsbestätigung und dann folgt der Schock: Statt zum Ende der Vertragslaufzeit bestätigt dir das Unternehmen die Kündigung zu einem Zeitpunkt, der zwei Jahre in der Zukunft liegt.
Nach einem Anruf bei Vodafone erfährst du, dass dein Vertrag zwischenzeitlich um zwei weitere Jahre verlängert wurde. Doch du hast keiner Vertragsverlängerung zugestimmt und nichts unterschrieben. Und nun bist du für 24 weitere Monate an Vodafone gebunden. Genau das ist einer Kundin bei Vodafone passiert. Doch das ist bei Weitem noch nicht alles.
Wer hat den Vertrag verlängert?
Eine Vodafone-Kundin hat in einem Mobilfunkshop in Bad Salzuflen im November 2017 einen Vodafone-Vertrag abgeschlossen. Im September 2019 hat sie den Vertrag um zwei weitere Jahre bis September 2021 verlängert. Doch eine weitere Vertragsverlängerung wollte sie nicht und im September 2021 zu O2 wechseln. Sie kündigte ihren Vertrag fristgerecht bei Vodafone, erhielt aber eine Kündigungsbestätigung zum 7. November 2023 – statt 2021. Nachdem die Kundin bei der Kundenbetreuung von Vodafone nachgefragt hat, warum die Kündigung erst zum 7. November 2023 bestätigt wurde, sagte man ihr, dass ihr Vertrag bereits im Juni 2021 in Verbindung mit einem neuen Smartphone verlängert wurde. Daher habe sich der Vertrag bis November 2023 um zwei Jahre plus die alte Restlaufzeit verlängert. Doch die Kundin hat ihren Vertrag aber weder verlängert noch hat sie ein neues Smartphone zu der Vertragsverlängerung erhalten. Was ist hier also passiert?
Wir haben mit einem Insider gesprochen, der sagt, dass er weiß, was hier los sei. „Durch eine systemseitige Abfrage über das KIAS-System (Kundenverwaltungssoftware von Vodafone) und Rücksprache mit der Händler-Hotline haben wir die Vertriebspartner-Nummer des Shops herausgefunden, welcher den Vertrag verlängert hat“, berichtet er. Dabei handelt es sich um einen Mobilfunkshop in Herford. Der Betreiber habe den Vertrag ohne das Einverständnis und ohne ihr Wissen verlängert, die Provision eingestrichen und das Handy, das zu der Vertragsverlängerung gehörte, auf dem Schwarzmarkt verkauft. Wie letzteres funktioniert, erklären wir in diesem Artikel.
Handys aus Vertragsverlängerungen landen auf dem Schwarzmarkt
Der Mobilfunkshop-Betreiber ist kein Unbekannter. Er ist schon des Öfteren mit dubiosen Machenschaften in die Schlagzeilen geraten, wie etwa die Neue Westfälische 2018 und 2021 berichtete. Inzwischen läuft auch ein Strafverfahren gegen ihn. Dabei soll es um mehr als 150 Betrugsfälle gehen, wie unser Informant uns mitteilt.
Und obwohl die Betrugsfälle bekannt seien, wird die Kundin nicht aus dem Vertrag gelassen. Sie muss weiterzahlen, obwohl sie den Vertrag nie verlängert hat. Wir haben auch bei Vodafone nachgefragt, wie es dazu kommen kann, dass ein Vertrag verlängert wird, die Kundin davon aber nichts weiß. Ein Sprecher sagt uns, dass die Kundin den Vertrag bereits kurz nach der Vertragsverlängerung im Juni 2021 widerrufen habe. Weitere Gespräche mit der Kundin hätten aber ergeben, dass sie gar nicht die Vertragsverlängerung an sich reklamierte, sondern den Wegfall eines Rabattes. „Diesen Rabatt hatten wir nach der Vertragsverlängerung am 7. Juni 2021 nicht mehr verlängert, weil die dafür notwendigen Unterlagen weder von dem Fachhändler noch von der Kundin eingereicht wurden“, lautet die Erklärung eines Vodafone-Sprechers. Ob die Unterlagen verschwunden sind oder es nie welche gab, kann uns Vodafone nicht sagen.
Leider könne man den Fachhändler zu diesem Vorgang nicht mehr befragen, weil dieser nicht mehr für Vodafone tätig sei. Auf unsere Frage, warum die Kundin nie ein Handy zu der Vertragsverlängerung erhalten hat, gab uns Vodafone keine Antwort. Man verspricht uns aber, dass der Kundenservice sich mit der Kundin in Verbindung setzen und Vodafone die entstandenen Mehrkosten durch den Wegfall des Rabattes rückwirkend ausgleichen werde.
Wie kann ein Händler einen Vertrag ohne mein Wissen verlängern?
Wie uns der ehemalige Vodafone-Mitarbeiter erklärt, ist es ziemlich einfach, einen Vertrag eines Kunden zu verlängern, ohne dass dieser zustimmen muss. Mit der EASY-Software können Mitarbeiter täglich die gesamte Kundendatenbank durchsuchen. Mit wenigen Filtern ziehen sie so Kunden heraus, die für eine Vertragsverlängerung infrage kommen. Nun wird der laufende Mobilfunkvertrag eines Kunden einfach verlängert – ohne dass dieser anwesend sein oder etwas unterschreiben muss.
Alles, was die Vodafone-Mitarbeiter dafür benötigen, ist die Rufnummer und ein Kennwort. Beides stamme oft aus einer Schattendatenbank. Die ist zwar streng verboten, befinde sich aber oft auf den eigenen Computern der Shops, so unser Informant. Hier seien alle sensiblen Kundendaten wie Rufnummern und Kennwörter hinterlegt.