Stromausfall in Deutschland: So lange funktionieren die Handynetze von Telekom, Vodafone & Co. noch

6 Minuten
Es war einer der schlimmsten Stromausfälle in Europa: Nahezu ganz Spanien und Portugal mussten diese Woche stundenlang ohne Strom auskommen. Was wäre, wenn so etwas in Deutschland geschieht? Wie lange funktionieren die Handynetze noch?
Ein Strommast, ein Handy, ausgeschaltete Straßenlaternen in der Dunkelheit und die Logos der Mobilfunknetzbetreiber
Stromausfall: Wie lange funktionieren die Handynetze noch?Bildquelle: KI-generiert: ChatGPT

Klar ist: Ein flächendeckender Stromausfall würde nicht nur Licht und Wärme kosten – sondern auch die Kommunikation. Internetzugang und Mobilfunk sind auf eine funktionierende Stromversorgung angewiesen. Was passiert, wenn der Strom für Stunden oder Tage ausfällt? Laut einer Verivox-Umfrage sind 86,4 Prozent der Berufstätigen in Deutschland beruflich auf das Netz angewiesen. Fiele das Internet aus, entstünde der deutschen Wirtschaft pro Tag ein Schaden von bis zu 7 Milliarden Euro. Doch vermutlich ist das bei einem flächendeckenden Ausfall das kleinere Problem. Das größere: Selbst das Rufen eines Notarztes wäre bei einem Ausfall aller Netze nicht mehr möglich.

Netze am Limit: Mobilfunk und Festnetz unter Strom

Ein Blackout würde sowohl das Festnetz- als auch das Mobilfunknetz auf eine harte Probe stellen. Zwar gelten Telekommunikationsnetze in Deutschland offiziell als „kritische Infrastruktur“. Laut Telekommunikationsgesetz (TKG) sind Netzbetreiber verpflichtet, eine Grundversorgung – insbesondere mit Sprachdiensten – auch in Krisensituationen aufrechtzuerhalten. Die Realität zeigt jedoch: Das ist nur sehr begrenzt möglich.

Telekom: Batterien an den Antennen vorhanden

Die Deutsche Telekom teilte uns auf Anfrage mit, dass der dauerhafte Betrieb des Mobilfunk- und Festnetzes in Deutschland generell auf eine Stromversorgung durch die Energieversorgungsunternehmen ausgelegt ist. Sprich: Ohne Strom kein Netz – zumindest langfristig. Die Telekom hat jedoch zentrale Knotenpunkte im IP-Backbone, über die auch der Mobilfunk abgeführt wird, mit Batteriepuffern und ortsfesten Netzersatzanlagen ausgestattet. „Dezentrale Betriebsstellen werden temporär über Batteriepuffer abgesichert und müssen bei längeren regionalen Stromausfällen über mobile Netzersatzanlagen versorgt werden.“ Über den Zeitraum machte die Telekom keine Angaben.

Knackpunkt dürften aber ohnehin die Sendemasten sein. „Unsere Antennenstandorte sind in der Regel zur kurzzeitigen Überbrückung von Stromausfällen mit Batterien ausgestattet. Kurzzeitige und lokal begrenzte Stromausfälle können so bei einigen Anlagen durch interne Speicher kompensiert werden.“ Längere lokale Ausfälle ersetzt die Telekom durch eigene mobile Netzanlagen. Dabei geht es jedoch um Ersatztechnik, die beispielsweise bei Hochwasser oder Feuer zum Einsatz kommt.

Vodafone: Grundversorgung per Mobilfunk sichergestellt

Auch von Vodafone heißt es, im Mobilfunknetz seien jene Standorte mit zentralen Steuerungselementen doppelt abgesichert, um Stromausfälle für eine längere Zeit überbrücken zu können. Dabei kommt einerseits eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) durch den jeweiligen Energiedienstleister zum Einsatz sowie eine Netzersatzanlage. Die Sammler- und Verteilungsstellen (Netzknotenpunkte) wiederum haben auf Grundlage des Batterie-Backup-Konzepts bei Vodafone eine Batteriekapazität von mehreren Stunden.

Alle Sendemasten, „die die Mobilfunk-Grundversorgung vor Ort sicherstellen“, sind mit einer zusätzlichen Batteriekapazität ausgestattet. Wie viele das sind, verrät man bei Vodafone nicht. Dennoch ist man bei Vodafone überzeugt: „Ein schwerwiegender regionaler Totalausfall der Stromversorgung würde in dem betroffenen Gebiet somit nicht zum sofortigen Ausfall des Mobilfunknetzes führen, da dieser Ausfall durch vorhandene Batteriepuffer überbrückt werden kann.“

o2 & 1&1 sehen sich gut aufgestellt im Fall eines Blackouts

O2 und der neueste Netzbetreiber in Deutschland, 1&1, gehen auf unsere Anfrage deutlich weniger ins Detail und antworten eher allgemein. Telefónica O2 beruft sich auf die Bundesnetzagentur, die „großflächige, langanhaltende Stromausfälle in Deutschland äußerst unwahrscheinlich“ halte. Dennoch habe O2 ein klares Ziel: „eine weitestgehende Grundversorgung der Bevölkerung auch im Falle eines temporären Stromausfalles. Zur Erfüllung dieses Ziels hat das Unternehmen nach eigenen Angaben alle für den Betrieb relevanten Technikelemente des Kernnetzes (z. B. Rechenzentren) mit Netzersatzanlagen und Notstromsystemen ausgestattet. “Ergänzend verfügen wir jederzeit über eine große Zahl von bundesweit verfügbaren mobilen Stromaggregaten, die sehr kurzfristig bereitgestellt werden können“, so das Unternehmen.

1&1 betont, dass man die Telekommunikationssicherstellungspflicht gem. §185 TKG sicherstelle. Dazu gehöre die Geo-Redundanz von Standorten und Systemen, technische Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Standorten, Systemen und Diensten sowie Backups und Wiederanlaufpläne und regelmäßiges Kapazitätsmonitoring. Bei kurzfristigen Stromausfällen von mehreren Stunden greifen neben den Redundanzen und der Notstromversorgung von Standorten entsprechende Vereinbarungen mit Dienstleistern und Lieferanten, die die Verfügbarkeit der Mobilfunkdienste bei Blackouts von mehreren Stunden absichern sollen. Bei Ausfällen von mehreren Teilen sieht 1&1 sich durch die georedundanten Standorte gut aufgestellt. Diese liegen in den Versorgungsgebieten unterschiedlicher Stromnetzbetreiber, sodass die Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Szenarios als sehr gering einzuschätzen ist, teilte das Unternehmen mit. „Als Backup-Option stellen wir zusätzlich den Bezug von Kraftstoffen für die Notstromversorgung sicher.“

Festnetz und Internetzugang: Router offline, Glasfaser tot 

Auch der Internetzugang über DSL, Kabel oder Glasfaser ist stark stromabhängig. Zwar sichern große Rechenzentren und zentrale Netzknoten wie der DE-CIX in Frankfurt ihre Infrastruktur mit USV-Anlagen und Dieselgeneratoren ab. Doch das hilft dem Endkunden wenig: Lokale Verteilerkästen, Teilnehmeranschlussleitungen und private Router sind nicht notstromversorgt. Sobald der Strom zu Hause ausfällt, funktioniert der Router nicht mehr – und damit auch kein Internetanschluss.

Immerhin: Vodafone und Telekom beteuern auf Anfrage von inside digital, dass die entsprechende Vermittlungstechnik in den Netzknoten mit entsprechenden Notstromkonzepten am Netz bleibt. Das hilft zum einen, die Netze nach einem Ausfall schnell wieder funktionsfähig zu machen. Und es hilft zum anderen, dass bei einem Stromausfall im Gebiet des Netzknotens Kunden außerhalb des betroffenen Gebietes online bleiben. Die Deutsche Telekom hat in der Vergangenheit bereits beweisen müssen, dass sie in der Lage ist, komplette Vermittlungsstellen durch vorbereitete Ersatz-Vermittlungsstellen in Containern zu ersetzen.

Flächendeckender Stromausfall wäre deutlich spürbar 

Schon 22022 hatten alle vier Anbieter gegenüber Verivox versichert, die TKG-Vorschriften erfüllen zu können und auch für einen längeren Stromausfall mit Batteriepuffern und Netzersatzanlagen gerüstet zu sein. So oder so bleibt aber eines klar: Du wirst dein Handy bei einem großflächigen, langen Stromausfall nicht so entspannt nutzen können wie heute. Denn selbst wenn du weiterhin Empfang haben solltest, wird die Last im Netz deutlich höher sein. 

Im Festnetz sind die Schwachstellen durch zahlreiche aktive Vermittlungspunkte und deinen eigenen Router noch größer. Die einzige Garantie, wirklich online gehen zu können, ist am Ende des Tages ein autarkes System. Dazu gehört einerseits die Stromversorgung, etwa über eine Powerstation. Andererseits ist letztlich nur die Internetversorgung per Satellit autark vom lokalen Stromnetz. Du müsstest das Satellitenmodem in eine 230-Volt-Steckdose der Powerstation stecken und könntest online gehen, solange der Akku dir Strom liefert.

Mitreden

1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild Karsten Frei

    Vor wenigen Tagen habe ich gelesen, zum ersten Mal die Stromversorgung am ganzen Arbeitstag nur von regenerativen Energien getragen, bis davor war das nur am WE möglich. Und ich glaube, es war über die Spanien die Rede. Und ein paar Tage späte kommt die Meldung, stundenlanger Blackout.
    Stelle mal sich vor, im Juni, kommt Sommergewitter und von einem Moment auf den anderen, verschwindet Sommersonne hinter richtig dicken Schwarzwolken.
    Innerhalb von wenigen Sekunden werden in Deutschland mehrere Gigawatt an Leistung einfach verschwinden. Ob die Netze dann noch funktionieren und nicht zusammen kollabieren?
    Ich bin mir zu 99% sicher, genau so hat sich in Spanien/Portugal abgespielt und wir werden das Chaos auch erleben.
    Die paar Stunden Akkubetrieb für Mobilfunkverteiler sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

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