Der 26. September dürfte beim United-Internet-Chef Ralph Dommermuth rot im Kalender angekreuzt gewesen sein. An diesem Tag wollte er mit seiner Mobilfunkmarke 1&1 endlich an den Start gehen und eigene Handytarife für Smartphones anbieten. Doch jetzt, nur eine Woche vorher, kommt die Absage. Das Netz wird nicht starten. Jedenfalls nicht am 26. September. Man verschiebt den Start ein weiteres Mal. Die Gründe, die 1&1 jetzt angibt, sind im Prinzip hausgemacht. Denn eigentlich wollte 1&1 dort, wo man keine eigenen Sendemasten stehen hat, auf ein National Roaming mit O2 setzen. In weiten Teilen des Bundesgebietes hätte sich also erst einmal nichts geändert für Kunden von 1&1, da der Anbieter bereits heute bei seinen Tarifen auf das O2-Netz setzt. Statt als eigener Netzbetreiber, vermarktet O2 das Netz hier als virtueller Mobilfunkanbieter (MVNO). Also einfach gesagt als ein Provider mit etwas mehr Möglichkeiten.
Das sind die Gründe für die erneute Verschiebung bei 1&1
Doch im August kam plötzlich die Kehrtwende: 1&1 gab O2 den Laufpass und schloss eine National Roaming-Vereinbarung mit Vodafone. Warum? Durch die Vodafone-Vereinbarung sollen die 1&1-Kunden auch dort 5G bekommen, wo es kein 1&1 Netz gibt. Technisch möglich ist die Bereitstellung von 5G-Roaming durch Vodafone ab 1. Juli 2024, spätestens aber ab 1. Oktober 2024. Bis dahin steht 1&1 National Roaming von Telefónica zur Verfügung, welches allerdings nur den 4G-Standard umfasst.
Bis das Roaming-Abkommen steht, will 1&1 schon 5G-Tarife als virtueller Netzbetreiber im Vodafone-Netz anbieten – also ebenfalls als MVNO. Reine LTE-Tarife wiederum will 1&1 ab dem Start des eigenen Netzes per National Roaming mit O2 an den Start bringen. Man will also für einige Monate zwischen dem eigenen Netzstart und dem Vodafone-Roaming zweigleisig fahren. Doch das geht nicht so einfach. Denn Voraussetzung für dieses übergangsweise geplante gleichzeitige Anbieten eines eigenen Netzes und von Tarifen auf MVNO-Basis ist eine Zustimmung der Bundesnetzagentur. Diese liegt vor – allerdings nur bis Ende des Jahres 2023. Nun will man die geplante Parallel-Vermarktung aber mindestens bis Sommer 2024 durchziehen. Die Entscheidung des Regulierers erwartet 1&1 für November und will deswegen nun erst im Dezember mit dem eigenen Netz starten. Möglich also, dass sich auch dann noch einmal alles ändert, sollte die Bundesnetzagentur den 1&1-Plänen nicht zustimmen.
5G-Start bei 1&1 erst Mitte 2024
„Wir haben einige Jahre lang darum gekämpft auch beim National Roaming den üblichen 5G-Standard zu erhalten“, sagt Konzernchef Dommermuth in einer Pressemitteilung. „Leider war das im Rahmen des Telefónica Roaming-Vertrags nicht möglich. Nun starten wir im Dezember unsere mobilen Dienste im ersten Schritt mit 4G und bieten Neukunden übergangsweise 5G-Tarife im bewährten MVNO-Geschäftsmodell an.“ Ab dem nächsten Sommer werden man über das Vodafone-National-Roaming verfügen und parallel dazu die mobilen 5G-Funktionen freischalten. Zu diesem Zeitpunkt stelle man dann auch den parallelen Vertrieb von 5G MVNO-Tarifen ein.
Derweil vermeldet man weitere Ausbauschritte, was das Netz angeht. Dieses lässt sich heute schon als Alternative zu DSL & Co nutzen. Bis Ende dieses Monats wird 1&1 voraussichtlich über etwa 110 dezentrale Rechenzentren und etwa 500 Antennenstandorte verfügen, die im Rahmen der sogenannten Kollokation für die Installation von 5G-Antennen und den Anschluss an die Glasfaser mitgenutzt werden können. Zusätzlich sollen bis dahin etwa 300 Mietverträge für neue Antennenstandorte vorliegen. Damit wäre man bei 800 Antennenstandorten, die dann aber größtenteils noch errichtet werden müssen.