Wer mit Billigfliegern reist, weiß: Das Ticket kostet wenig, die Nerven oft viel. Besonders am Gate, kurz vor dem Einstieg in den Flieger, wo die Frage „Passt das noch in die Kabine?“ längst zur Schicksalsprüfung geworden ist. Vor allem bei Billig-Fliegern wie Ryanair, EasyJet und Co. heißt es oft: Passt der Trolley ins Metallgestell? Nein? Dann macht das bitte 60 Euro. Nun stellt sich die nächste Eskalationsstufe ein.
Ryanair: Geld fürs Petzen
Denn Ryanair will härter gegen das zu große Handgepäck vorgehen. Was offiziell klingt wie ein logistisches Problem – zu viele Trolleys, zu wenig Platz über den Köpfen – könnte am Flughafen schnell zur Reizprobe werden. Gewerkschafter warnen schon vor noch mehr Stress und schlechter Laune bei ohnehin gereizten Passagieren. „Sie verderben die Stimmung schon vor dem Start, wenn man ohnehin gestresste Passagiere angeht“, sagt Joachim Vazquez Bürger von der Flugbegleitergewerkschaft Ufo.
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Doch Ryanair ist zu großes Handgepäck ein Dorn im Auge. Man will schließlich Geld verdienen, sind die Flugtickets ja schon billig. Die neue Würze: Wer Passagiere mit zu großem oder zu schwerem Handgepäck erwischt, soll künftig Geld kassieren. Das Bodenpersonal erhält ab November nicht mehr 1,50 Euro, sondern 2,50 Euro pro Treffer. Eine Deckelung gibt es nicht mehr. Das berichtet die britische Presse – und macht klar: Für das Ryanair-Management ist das Übergepäck die „Geißel“, für die Mitarbeiter am Gate ist es nun bares Geld. Bei „nur“ fünf Meldungen pro Tag und 20 Arbeitstagen pro Monat sind 250 Euro mehr drin. Klar, dass dann im großen Stil verpfiffen wird.
Erst Extra-Gebühr fürs Gepäck, dann 500 Euro Strafe fürs Aufregen
Für die Fluggäste heißt das: Wer erwischt wird, zahlt kräftig drauf. Extra-Gebühren für das Gepäck, schlechte Stimmung inklusive. Bürger sieht die Gefahr, dass sich damit neue Konflikte an Bord erst aufbauen. „Man schafft sich seine ‚unruly passenger‘ selbst“, sagt er. Gemeint sind jene, die durch Ausraster oder renitentes Verhalten die Sicherheit gefährden. Auch hier kennt Ryanair keinen Humor. Wer den Flugbetrieb stört, soll 500 Euro Strafe zahlen. „Es ist nicht hinnehmbar, dass Fluggäste wegen des Verhaltens eines einzelnen ungehorsamen Passagiers unnötig gestört werden“, erklärt ein Ryanair-Sprecher vor Kurzem. Auch Alkoholverbote an Flughäfen hat die Airline schon gefordert.
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Offiziell begründet Ryanair den Kurs mit Effizienz: Jeder Trolley muss vor Abflug verstaut werden, überfüllte Gepäckfächer bremsen das Boarding und kosten die Airline Geld. „Wir sind entschlossen, die Geißel der übergroßen Gepäckstücke zu beseitigen, die das Einsteigen verzögern und für die über 99 Prozent unserer Fluggäste, die sich an unsere Gepäckbestimmungen halten, eindeutig unfair sind“, so ein Ryanair-Sprecher. Klingt nach Effizienz, riecht nach Abzocke.
Abzocke, sagt der Verbraucherschutz
Und das Problem ist im Grunde hausgemacht. Im günstigsten Tarif erlaubt Ryanair gratis nur noch ein kleines Handgepäckstück, das unter den Sitz passt. Den klassischen Handgepäck-Koffer gibt es nur gegen Aufpreis. Verbraucherschützer und das EU-Parlament halten das für Abzocke. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat im August Klage eingereicht – wegen „unzulässiger“ Gebühren. „Ryanair, easyJet & Co. locken mit Flugpreisen, die nicht das gesamte angemessene Handgepäck umfassen. Das ist Verbrauchertäuschung und verstößt gegen geltendes Recht“, kritisierte vzbv-Vorständin Ramona Pop. Und auch Easzjet zahlt seit Neuestem Kofferpetzen Geld.
