Seit dem Wegfall der Umlagefähigkeit von Kabelfernsehen im Sommer 2024 hat sich für Millionen Mieter in Deutschland etwas geändert. Dabei haben viele das gar nicht bemerkt. Der Kabelanschluss, der früher über die Nebenkosten abgerechnet wurde, muss jetzt individuell gebucht und bezahlt werden. Die Folge: Viele Haushalte nutzen das Kabelfernsehen weiterhin – aber das geschieht oft ohne Vertrag und somit auch ohne Bezahlung der Leistung. Jüngsten Zahlen der AGF zufolge könnten es 1,5 Millionen Haushalte sein, die ohne zu zahlen Kabel-TV nutzen. Und genau das bringt jetzt offenbar verstärkt Techniker und Vertriebsmitarbeiter von Vodafone und Pyur bis an die Wohnungstür.
Besuch für die „Anschlussmessung“ – mit Hintergedanken
Wie das Branchenmagazin teltarif.de berichtet, hat der Kabelnetzbetreiber Pyur entsprechende Kampagnen gestartet. Gegenüber dem Magazin berichtet ein betroffener Nutzer, unter dem Vorwand der Internetumstellung auf DOCSIS 3.1 und damit schnelleres Internet per Kabel wolle Pyur Techniker in die Wohnungen schicken. Das vermeintliche Ziel: die Überprüfung oder Umrüstung der Kabeldosen. Das betreffe auch Mieter, die diese Dosen derzeit nicht nutzen. Als der Mitarbeiter dann vor der Tür steht, misst er tatsächlich kurz das Signal an der Kabeldose. Danach beginnt jedoch ein unerwartet ausführliches Gespräch: Wer liefert das Internet? Wird noch Kabelfernsehen genutzt? Bestehen Störungen beim TV-Empfang? Immerhin: Pyur hatte dem Vernehmen nach angekündigt, dass beim Besuch auch Vertriebsfragen geklärt werden können.
Dennoch: Was wie ein Serviceeinsatz beginnt, ist in Wahrheit eine Vertriebskampagne mit technischer Komponente. Das bestätigt auch Pyur gegenüber teltarif.de: Man nutze die Gelegenheit, um Haushalte zu beraten und über eigene Produkte zu informieren. Hintergrund seien unter anderem Frequenzumstellungen im Kabelnetz, die zu Problemen führen könnten. Gleichzeitig wolle man auf neue Tarife aufmerksam machen. Dass die Mitarbeiter auf dem Weg möglicherweise den ein oder anderen Schwarzseher ausfindig machen, dürfte ein willkommener Nebeneffekt sein.
Vodafone trennt Technik und Vertrieb – aber auch dort klingelt es

Auch bei Vodafone berichten Kunden von Hausbesuchen. Hier betont das Unternehmen jedoch, dass man Technik und Vertrieb strikt trennt. Es gebe zum einen beauftragte Technikdienstleister, die im Auftrag von Vodafone oder der Wohnungswirtschaft Anschlüsse modernisieren oder überprüfen. Zum anderen seien unabhängige Vertriebspartner unterwegs, um Kunden über Internet-, TV- oder Mobilfunkangebote zu informieren – auch an der Haustür.
Beide Kategorien von Außendienstmitarbeitern können also theoretisch auftauchen. Der Unterschied: Während Techniker meist angekündigt kommen, erscheinen Vertriebsleute oft unangemeldet.
- Wegen Kabel-TV: Telekom greift Vodafone an
Was steckt wirklich dahinter?
Der Druck auf die Anbieter ist hoch. Durch die Gesetzesänderung haben Vodafone, Pyur und andere Kabelfirmen viele automatisch zahlende Kunden fürs Kabelfernsehen verloren. Um Verluste zu vermeiden, versuchen sie nun, die Nutzer direkt zu erreichen – nicht selten in der eigenen Wohnung. In der Stellungnahme von Pyur heißt es dazu offen, dass bei unklarer Vertragslage Anschlussdosen gegebenenfalls versiegelt werden können. Und seitens Vodafone heißt es gegenüber teltarif.de, dass man bei aufgespürten Schwarzsehern auf einen notwendigen Vertrag poche. Andernfalls werde der betreffende Haushalt mitunter noch am selben Tag abgeklemmt.
Wie solltest du reagieren?
Wenn ein Techniker klingelt, solltest du dir in jedem Fall den Ausweis zeigen lassen und prüfen, ob der Besuch angekündigt wurde – etwa durch einen Aushang im Haus. Sollten tatsächlich Arbeiten am Hausnetz anstehen, so sollten diese angekündigt sein. In diesem Fall bist du auch verpflichtet, den Techniker in die Wohnung zu lassen. Allerdings musst du dich nicht in ein Verkaufsgespräch verwickeln lassen und erst recht keinen Vertrag unterschreiben.
Bei vielen Mietern und Eigentümern sind Haustürvertreter verhasst und werden als störend empfunden. Dass die Anbieter gerade auch beim Glasfaserausbau so sehr auf diesen Vertriebsweg setzen, liegt daran, dass er einen maßgeblichen Anteil am Neukundengeschäft hat.
