Kabel vs. Glasfaser: "Glasfaserpreise werden sinken müssen"

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Die Glasfaserbranche steht vor großen Herausforderungen: Der Ausbau stockt innerhalb von Gebäuden, der Umstieg von Kupfer auf Glas wirft politische und wirtschaftliche Fragen auf – und der Wettbewerb durch günstige Kabelnetze wächst. Buglas-Präsident Patrick Helmes fordert Klarheit.
Buglas-Präsident Patrick Helmes
Buglas-Präsident Patrick HelmesBildquelle: Buglas

Kurz nach seiner Wahl zum Präsidenten des Bundesverbands Glasfaser (Buglas) im Rahmen der Jahrestagung 2025 in München spricht Patrick Helmes im Interview mit inside digital über die drängendsten Herausforderungen der Branche. Im Zentrum der Arbeit stehen der stockende Glasfaserausbau innerhalb von Gebäuden (NE4), der politisch sensible Übergang von Kupfer- zu Glasfasernetzen und die wachsende Konkurrenz durch aggressive Kabelnetz-Anbieter. Im Interview mit Glasfaser-Netz-Experte Thorsten Neuhetzki erläutert Helmes, der auch Geschäftsführer Bochumer Glasfaser Ruhr ist, warum die Preise für Glasfaser sinken müssen, was er von der Politik erwartet – und wie sich der Verband durch den Beitritt der Telekom verändert hat.

inside digital: Herr Helmes, herzlichen Glückwunsch zur Wahl als Buglas-Präsident. Bisher waren Sie bereits als Vize tätig, nun stehen sie dem Verband vor. Was ändert sich durch den neuen Präsidenten im Buglas?

Patrick Helmes: Der Verband ist gut aufgestellt. Wir verdanken unserem langjährigen Präsidenten Theo Weirich und dem bisherigen Vorstand viel. Jetzt müssen wir zwei große Themen anpacken: den NE4-Ausbau [NE4 ist das Netz zwischen Hausanschluss und Wohnung, beispielsweise im Treppenhaus, Anm. d. Redaktion] und den Übergang von DSL zum Glasfaser, die sog. Kupfer-Glas-Migration. Das Digitalministerium hat hier Eckpunkte vorgelegt, über die wir in Berlin gesprochen haben. Wichtig ist, keine Verunsicherung bei Endkunden zu erzeugen. Es darf bei den Kunden keine Angst entstehen, dass ihnen ihr aktueller Anschluss weggenommen wird. Insbesondere dann, wenn das Glasfasernetz bei ihnen noch gar nicht ausgebaut ist.

inside digital: Wie geht es denn voran beim Ausbau?

Bei Homes Passed [Glasfaser-Ausbau bis vor die Häuser, Anm. d Redaktion] haben wir aufgeholt. Bei der Glasfaser in Gebäuden sind wir noch zu schwach, und bei schaltbarem FTTH bis in die Wohnung ist der Stand ausgesprochen niedrig. Solange die notwendigen Schwellenwerte nicht erreicht sind, darf die Migration nicht forciert werden, sonst verlieren wir Akzeptanz bei den Kunden.

Das Problem ist ein zeitlicher Versatz. In Ballungsräumen mit guter Abdeckung mit VDSL oder Kabel fällt die Argumentation schwer. Viele Kunden sagen, sie bräuchten derzeit keine Glasfaser-Leitung. Wir müssen jedoch heute die Netze bauen, die in der Zukunft gebraucht werden. Das wiederum drückt auf die Geschäftsmodelle, weil die Investitionen anfallen, bevor wir überhaupt Geld verdienen. Hier wünschen wir uns mehr Unterstützung durch die Politik insgesamt und das Ministerium in der Argumentation zugunsten der Glasfaser.

inside digital: Es gibt ja seit kurzem schon eine Werbekampagne des Ministeriums, in der Kunden die Glasfaserleitung schmackhaft machen soll. Braucht es mehr als die laufende Kampagne?

Patrick Helmes: Ja, da braucht es noch mehr. Minister Wildberger will eine Allianz für das beste Netz schmieden. Für ihn ist das beste Netz FTTH, also Glasfaser bis in die Wohnung. Das ist ein Paradigmenwechsel. Wir gehen weg von reinen Bandbreitenzielen wie Gigabit- hin zu einem klaren Infrastrukturziel. Erstmals gibt es auf politischer Ebene das Bekenntnis die Glasfaser als Zielnetz festzulegen.

Dadurch entstehen Anschlussfragen, etwa der Umgang mit Kupfer und Kabel (HFC). Unsere gemeinsam mit Professor Böcker vorgestellte Studie zeigt, dass Kabelnetze weniger resilient und weniger nachhaltig sind, mehr Strom verbraucht und im Betrieb teurer ist. Für Endkunden ist das Internet per Kabel allerdings günstiger und wird voraussichtlich künftig noch günstiger. Das verschärft den Wettbewerb in Ballungsräumen und behindert Glasfaser-Investitionen aktiv. Deshalb müssen Kupfer- und HFC-Migration zusammengedacht werden. Andernfalls wird die Kupfer-Migration zu einem Konjunkturprogramm für das Kabelnetz. Ganz klar: Das beste Netz für Deutschland ist eben kein HFC-Netz.

inside digital: Was wird in der Kommentierung des Buglas auf die vom Ministerium vorgelegten Eckpunkte zur Kupfer-Glas-Migration stehen?

Patrick Helmes: Die Zielsetzung des Eckpunkte-Papiers ist richtig. Wir müssen sie jedoch mit konkreten Schwellenwerten und Kriterien untermauern. Außerdem sollte das Ministerium den kooperativen Dialog mit Telekom und Vodafone über den Abbau der Altstrukturen suchen. Bevor Gesetze geändert oder Debatten in Brüssel geführt werden, sollte man partnerschaftlich ausloten, welche Ideen Vodafone für den HFC-Ausstieg hat und welche Pläne die Telekom verfolgt. Niemand möchte dauerhaft zwei teure Netze betreiben. Die Telekom setzt inzwischen voll auf Glasfaser. Die Abdeckung reicht aktuell jedoch noch nicht.

inside digital: Wie will die Glasfaser-Branche denn verhindern, dass die Kunden an die Kabelnetze verloren gehen, wenn diese noch preisaggressiver werden?

Patrick Helmes: Das Hauptthema ist die Preisdifferenzierung, die regional unterschiedlich stark ausfällt, besonders in Ballungsräumen. Daraus folgt, dass die Glasfaserpreise sinken müssen. Auf Dauer sind deutlich höhere Preise gegenüber den Kabelnetzen nicht durchzuhalten. Das Internet per Kabel wird günstiger, weil es sich um Bestandsnetze handelt, während wir die Glasfasernetze neu bauen müssen. Reagieren wir nicht auf diese Preisdifferenz, verlieren wir Marktanteile an eine Technik die nicht zukunftsfähig ist. Das wollen wir nicht. Hier kann uns übrigens die Politik helfen, in dem sie bürokratische Vorgaben im Ausbau senkt und regionale Unterschiede in der Auslegung von Vorschriften vermeidet. Damit können die Ausbaukosten sinken, was uns die Kalkulation deutlich erleichtern würde. Hierzu haben wir als Buglas in der Vergangenheit schon konkrete Vorschläge gemacht und werden dies auch in Zukunft unermüdlich tun – exklusiv für Glas. Denn: Wir sind der Bundesverband Glasfaser, nicht der Bundesverband HFC.

inside digital: Apropos Bundesverband Glasfaser. Der Buglas war ein reiner Wettbewerbsverband. Seit September 2024 ist aber auch die Deutsche Telekom Mitglied in Ihrem Verband. Was hat sich in den vergangenen 13 Monaten im Buglas verändert?

Patrick Helmes: Durch die Mitgliedschaft der Telekom haben uns Unternehmen verlassen, andere sind hinzugekommen. Unter dem Strich ist die Bilanz positiv. Aber alte Feindbilder bringen uns nicht weiter. Unsere Mitglieder haben beim Netzausbau ähnliche Parameter wie die Telekom. Kooperationen funktionieren, und niemand wird unter Druck gesetzt. Wir erleben eine gewandelte Telekom als bisweilen harten, aber eben fairen Partner.

Man muss auch bedenken: Märkte und Geschäftsmodelle verändern sich. Wer ohne Kunden baut, verdient sein Investment nicht zurück. Daraus erklärt sich der Wunsch mancher Marktteilnehmer nach einem festen Abschaltdatum für Kupfer. Ein solches Datum ließe sich wunderbar in Business Cases schreiben und würde die Finanzierung erleichtern. Das ist jedoch nicht der richtige Weg.

inside digital: Ist der Buglas nun ein Telekom-Verband?

Patrick Helmes: Die Telekom ist das größte Mitglied. Es ist verständlich, dass man nicht dauerhaft gegen die Interessen des größten Mitglieds argumentiert. So ist das auch in anderen Verbänden, die beispielsweise Telefónica, Vodafone oder 1&1 als ihre größten Mitglieder verbuchen. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Telekom in unserem Verband die Fäden zieht. Unsere Stellungnahmen sind öffentlich. Es gibt natürlich Schnittmengen, weil ausbauende Buglas-Mitglieder Infrastruktureigentümer sind, aber keine Deckungsgleichheit.

inside digital: Seit einigen Monaten wird von den ausbauenden Anbietern das Thema NE4, also das Glasfaser-Netz innerhalb des Hauses massiv thematisiert. Und Leser berichten mir immer wieder, ihr Vermieter verweigert die Verlegung der Glasfaser in die Wohnung. Wo ist das Problem?

Patrick Helmes: Theoretisch regelt das Telekommunikationsgesetz, dass niemand behindert werden darf. Praktisch müsste man auf Zustimmung klagen. Das macht im Initialausbau niemand. Deshalb bleiben trotz hoher Zustimmungsquoten Haushalte unversorgt. Es ist so: Der eigentliche Lackmustest kommt nach dem Keller, denn die Führung durch historische Treppenhäuser ist oft heikel. Auch hierüber sind wir mit der Politik derzeit im Dialog.

inside digital: Danke fürs Gespräch!

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