Bei der Jahrestagung des Branchenverbands Buglas in München hat Marketingprofessor Prof. Dr. Jens Böcker neue Daten vorgestellt, bei denen er Glasfaseranschlüsse mit dem Internet per Kabel verglichen hat. Böcker lehrt als Professor an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und erstellt seit vielen Jahren Studien über den Glasfasermarkt in Deutschland. Seine aktuellen Zahlen zeigen: Du bekommst heute oft günstiges Gigabit per Kabel, die Preise werden noch weiter sinken – und trotzdem geht es mit dieser Anschlussform zu Ende.
Große Unterschiede zwischen Kabel- und Glasfasertarifen
Bei Anschlüssen mit 1 Gbit/s Downstream liegt der Kabelanschluss vorn. PŸUR verlangt rund 40 Euro monatlich, Vodafone im Kabelnetz 49,99 Euro. Glasfaser-Tarife starten hingegen deutlich höher: Vodafone verlangt 69,99 Euro monatlich für das Gigabit, die Telekom 70,95 Euro, die Deutsche Glasfaser sogar 89,99 Euro. Dass dieser Abstand so groß ist, ist kein Zufall. Kabelnetze gleichen ihre schwächere Performance über aggressive Preise aus – und genau deshalb ist zu erwarten, dass Kabel-Internet kurzfristig noch günstiger bleibt als Glasfaser.
Denn auch wenn beide Anschlussformen 1 Gbit/s bieten können, gibt es andere Parameter, in denen sie sich deutlich unterscheiden. Das ist zum einen ein deutlich schlechterer Upstream und auch eine schlechtere Latenz. So ist der Ping beim Kabel mindestens um den Faktor 2,5 höher. Und aktuell leistet das Kabel-Internet nicht mehr als 50 Mbit/s im Upload. Mit DOCIS 4.0, dem neuesten Kabelstandard, wäre deutlich mehr möglich. Es rechnet aber niemand damit, dass dieser Standard in deutschen Netzen noch zum Tragen kommt.
Dass die Glasfaserleitung im Alltag klare Vorteile bietet, zeigen auch die Zahlen von Böcker. In der Kundenbefragung sagen 76 Prozent, die Geschwindigkeit sei nach dem Wechsel (deutlich) besser, 66 Prozent erleben eine bessere Stabilität. 47 Prozent sehen eine Verbesserung im Service, 45 Prozent bewerten die Preis-Leistung besser, aber 21 Prozent schlechter. Letzteres ist weniger mit der Leistung zu erklären, als vielmehr mit den höheren Preisen für die Glasfaserleitung – vor allem bei hohen Bandbreiten.
Auch Kabelanbieter setzen auf Glasfaser
Mit Blick auf künftige Anwendungen – etwa symmetrische Bandbreiten und strengere Qualitäts- oder Sicherheitsanforderungen – gelten HFC-Netze als weniger zukunftsfähig. Fachleute erwarten deshalb einen Kipppunkt zugunsten von Glasfaser, auch weil diese als passive Infrastruktur als resilienter und sicherer gilt.
Kurzfristig aber werden die Kabelanbieter versuchen, dich mit günstigen Tarifen bis zum Start eigener Glasfaserprodukte zu halten. Der Grund: Die Kabelanbieter verlieren schon jetzt pro Jahr etwas 100.000 Kunden – unter anderem an die Glasfasernetze. Um die Kunden aber weiter in den Netzen zu halten, erwarten die Experten, dass die Preise weiter sinken werden, die Differenz zum Glasfaser so noch größer werden wird. „Genau diese Preisdifferenz kann den Glasfaserausbau in einzelnen Gebieten aber ausbremsen“, warnt Böcker. Doch sowohl Vodafone als auch PŸUR als die beiden großen Kabelnetzbetreiber in Deutschland bauen im Hintergrund bereits ihre eigenen Glasfasernetze aus. Vodafone setzt dabei auf die OXG, die aktuell im großen Stil Glasfaser in deutschen Städten verbaut. Für die langfristige Strategie spricht damit immer mehr für einen Glasfaseranschluss. Der Plan: Die Kunden eines Tages vom eigenen Kabel auf die eigene Glasfaser zu überführen, ähnlich wie es die Telekom beim Wechsel von DSL zur Glasfaser gerne hätte.
Ob es wirklich so kommt, bleibt nun aber abzuwarten. Zumindest arbeitet das neue Bundesdigitalministerium bereits an einem Eckpunktepapier zur Migration von DSL zu Glasfaser. Kabelnetze spielen hier aktuell keine Rolle. Doch Minister Karsten Wildberg sieht die Glasfaser in Form von FTTH, also der Leitung bis in die Wohnung, als einzige zukunftsfähige Anschlussform.
