China ist raus: Deutsche 5G-Kernnetze fest in europäischer Hand

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Nach der Ankündigung von 1&1, beim Aufbau des 5G-Netzes auf zentrale Komponenten aus China verzichten zu wollen, hat jetzt auch Vodafone eine neue 5G-Partnerschaft verkündet. Wichtige Prozesse bei der Datenverarbeitung laufen über Server von Ericsson.
5G-Antenne in München.

In Großstädten wie München will auch 1&1 schon bald ein eigenes 5G-Netz aufbauen.

Seit wenigen Wochen ist klar: Wenn 1&1 demnächst mit einem eigenen 5G-Netz an den Start geht, können Kunden im National-Roaming-Verfahren auch das LTE-Mobilfunknetz von Telefónica Deutschland nutzen. Wann genau 1&1 sein eigenes Mobilfunknetz für den Nutzerverkehr freischaltet? Noch immer unklar. Gegenüber der „Welt am Sonntag“ hatte Unternehmenschef Ralph Dommermuth jüngst aber neue Details zu vorgesehenen Technik-Partnern verraten. Und auch Vodafone hat jetzt verkündet, dass mit Ericsson ein namhafter europäischer Partner für das 5G-Kernnetz die notwendigen Komponenten liefert.

Vodafone setzt (erneut) auf Ericsson

Wie Vodafone am Donnerstag mitteilte, will der Netzbetreiber aus Düsseldorf beim 5G-Kernnetz auf Netzwerkkomponenten der schwedischen Firma Ericsson setzen. Dazu wurde jetzt ein neuer Rahmenvertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren unterzeichnet. Auch im LTE-Kernnetz ist Ericsson bereits der Infrastruktur-Partner von Vodafone. Anbieter wie ZTE oder Huawei, die beim Aufbau von LTE-Netzen in vielen Ländern wegen vergleichsweise günstiger Preise in der Gunst zahlreicher Mobilfunk-Netzbetreiber noch weit vorne standen, spielen beim Aufbau von neuen 5G-Netzen wegen etwaiger Spionage– und Sabotage-Bedenken durch die chinesische Regierung kaum noch eine Rolle.

Etwas anders sieht es jedoch in anderen Netz-Ebenen aus. Beim für die Bevölkerung sichtbaren Antennennetz kommen bei Vodafone ebenso wie bei der Telekom neben Technologien von Ericsson auch Komponenten des chinesischen Lieferanten Huawei zum Einsatz. Telefónica setzt auf Antennen von Nokia und Huawei. Abseits der Rechenzentren des Kernnetzes, die als zentrale Schaltzentrale für die Datenverarbeitung und Übermittlung dienen, findet nämlich allenfalls die Weiterleitung von Daten statt. Deswegen gilt der Einsatz von Antennen-Technik aus China als eher unbedenklich.

Vodafone teilte am Donnerstag weiter mit, neben einem ersten in Deutschland errichteten 5G-Kernnetz in Frankfurt am Main weitere Netze folgen zu lassen. Nämlich zeitnah in Berlin und München.

5G Standalone-Server im Münchner Rechenzentrum von Telefónica Deutschland.

1&1 will auf chinesische Komponenten verzichten

Bei 1&1, das im dritten Quartal 2021 mit dem Aufbau eines eigenen 5G-Netzes starten möchte, spielen Komponenten aus China hingegen keine Rolle. „Wir planen das Netz ohne chinesische Anbieter“, sagte Unternehmenschef Ralph Dommermuth der „Welt am Sonntag“. Schon vor einigen Wochen hatten 1&1 und die Konzernmutter United Internet verlauten lassen, dass sämtliche Netzfunktionen in der Cloud liegen sollen. Ziel: Eine Steuerung per Software möglich zu machen (Open-RAN). Westliche Anbieter seien in diesem Bereich führend, führte Dommermuth gegenüber der Zeitung weiter aus.

Wann erste Kunden auf das neue Netz von 1&1 zugreifen können werden? Das steht noch nicht fest. Ohnehin wird es mehrere Jahre dauern, bis das neue Netz komplett steht. Ende des ersten Quartals 2021 konnte 1&1 auf 10,66 Millionen Mobilfunkkunden blicken. Sie sollen demnächst alle neue SIM-Karten erhalten. Dann können sie das neue Mobilfunknetz plus National Roaming im Netz von Telefónica Deutschland nutzen. Das schließt übrigens auch all jene Kunden ein, die noch eine SIM-Karte von 1&1 mit Anschluss an das Vodafone-Netz nutzen. Bis es mit dem SIM-Karten-Tausch losgeht, werden aber noch einige Monate vergehen.

4 Kommentare

  1. Paul
    Chinesische Konzerne verschmähen, aber sämtliche Unternehmensdaten in die Clouds von US-Firmen (Amazon, Microsoft, Google, Apple) lagern - genau mein Humor. Und das gilt nicht nur für private Unternehmen, sondern auch Behörden. Das finde ich noch viel bedenklicher...
  2. digidei
    Gut so. Verständlich, dass die Netzanbieter ausser bei 5G-Antennen auf chinesische 5G-Komponenten verzichten. Denn nicht wenige ihrer Kunden sind längst auf das Reizthema auerksam geworden und gegenüber 5G-Hardware aus China kritisch eingestellt. Zudem wäre wohl dauerhafte negative Berichterstattung über das betroffene Unternehmen die Fokge. Solche Image-Nachteile und schlechte Publicity könnten sich in Zeiten hohen Konkurrenzdruckes weder Vodafone, Telekom und erst recht nicht der Newcomer 1&1 leisten. Zumal es ja auch ganz ohne Huawei geht. Kostet halt ein paar Euro mehr, aber das können die Unternehmen wohl gut verkraften.
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