Rückblende: Zwischen März und Juni 2019 hat die Bundesnetzagentur 5G-Frequenzen im Bereich um 2 GHz und 3,6 GHz versteigert. Telekom, Vodafone, o2 Telefónica und 1&1 sicherten sich damals begehrte Blöcke, wofür insgesamt mehr als 6,5 Milliarden Euro zugesagt wurden. Genau diese Vergabe steht jetzt juristisch am Pranger. Sie ist rechtswidrig. Das Problem: Es sind jene Frequenzen, die die Netzbetreiber heute für schnelles 5G nutzen. Und die 1&1 überhaupt erst ermöglicht haben, als neuer Netzbetreiber aktiv zu werden.
Warum wurde geklagt?
Auslöser für das Urteil waren Klagen von Freenet und EWE Tel. Beide Unternehmen verkaufen Mobilfunktarife, betreiben aber kein eigenes Netz und sind auf faire Zugangsbedingungen zu den Netzen der großen Anbieter angewiesen. Sie wollten, dass die Bundesnetzagentur eine sogenannte Diensteanbieter-Verpflichtung auferlegt – also eine klare Pflicht für die Netzbetreiber, Kapazitäten für solche Anbieter zu öffnen.
Das Verwaltungsgericht Köln stellte 2024 fest: Die Regelwerke für die Auktion wurden nicht unabhängig genug erarbeitet. Die damalige Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur habe das Verfahren so gestaltet, dass der Eindruck von Befangenheit und politischer Einflussnahme entstand. Auch die unionsrechtlich geforderte Unabhängigkeit der Behörde sei verletzt. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun die Beschwerde der Bundesnetzagentur gegen diese Urteile abgewiesen – damit ist klar: Die 5G-Frequenzvergabe war rechtswidrig vorbereitet.
Bundesnetzagentur verkauft Niederlage als Stärkung ihrer Rolle
Offiziell versucht die Bundesnetzagentur, aus der Niederlage politisches Kapital zu schlagen. Präsident Klaus Müller erklärt, der Beschluss stärke die Rolle der Behörde als unabhängigen Regulierer. Gleichzeitig kündigt er an, das 5G-Frequenzverfahren „zügig neu aufzurollen“ und die Regeln für die Bereiche 2 GHz und 3,6 GHz neu zu fassen.
Kritik kommt unter anderem vom Branchenverband Breko, der von einer deutlichen Ohrfeige für die Behörde spricht. Auch Freenet sieht sich bestätigt und wirft der Bundesnetzagentur vor, mit der Beschwerde lediglich auf Zeit gespielt zu haben. Klar ist: Die Richter haben nicht irgendeine Detailfrage kassiert, sondern die Art und Weise, wie die Politik über die Präsidentenkammer Einfluss auf ein eigentlich unabhängiges Verfahren genommen hat.
Wichtig für dich: Trotz des Urteils bleiben sowohl die damalige Vergabeentscheidung als auch die jetzigen Frequenzzuteilungen vorerst gültig. Die Bundesnetzagentur betont ausdrücklich, dass die Netze weiter ausgebaut werden sollen und keine sofortigen Änderungen für die Betreiber entstehen.
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Von Neuauflage bis Minimaländerung ist alles möglich
Spannend wird jetzt, wie die Bundesnetzagentur das Urteil praktisch umsetzt. Im Kern gibt es mehrere Optionen. Die Behörde kann ein neues, rechtlich sauberes Verfahren aufsetzen und am Ende im Ergebnis praktisch wieder bei denselben Regeln landen wie 2019. Dann bliebe die Auktion im Ergebnis unangetastet, nur ihr rechtlicher Unterbau würde nachträglich „geradegezogen“.
Sie kann aber auch die Vergabebedingungen spürbar verändern – zum Beispiel zugunsten von Diensteanbietern wie Freenet und EWE Tel, die auf Zugang zu den Netzen der großen Vier angewiesen sind. Im extremen Fall könnte eine Neuauflage der Frequenzvergabe notwendig werden. Dann stellt sich auch die Frage, ob der Bund am Ende weniger Geld sieht als die zugesagten Milliarden der ersten Auktion. Branchenbeobachter halten eine komplette Neuauktion derzeit eher für unwahrscheinlich. Sie würde auch zu viele Unwägbarkeiten schaffen. So wäre beispielsweise offen, ob 1&1 erneut Frequenzen ersteigern könnte.
Was das Urteil konkret für deinen Handyempfang bedeutet
Für deinen Alltag ist die wichtigste Nachricht: Dein Handyempfang ändert sich durch das Urteil nicht von heute auf morgen. Die Netze werden nicht abgeschaltet, deine SIM-Karte verliert nicht plötzlich ihr Funkrecht und auch der 5G-Ausbau soll nach Aussage der Bundesnetzagentur weiterlaufen.
Kurzfristig spürst du das Urteil also kaum. Deine 5G-Abdeckung hängt weiterhin davon ab, wie gut dein Netzbetreiber vor Ort ausgebaut hat – nicht davon, was in den Gerichtssälen zu den Vergaberegeln entschieden wurde. Also ein Urteil ohne Folgen? Das liegt im Auge des Betrachters. Das Urteil zwingt die Behörde, ihre Rolle als unabhängiger Regulierer ernster zu nehmen und das Verfahren transparent neu aufzusetzen.
