Keine Tastatur, dafür zwei Displays: Was kann dieses Notebook wirklich?

7 Minuten
Statt einer Tastatur ist in diesem Laptop ein zweiter Bildschirm integriert: Das Lenovo Yoga Book 9 ist ein ungewöhnliches Convertible - oder doch nur eine technische Machbarkeitsstudie? Wir haben es ausprobiert.
Lenovo Yoga Book 9

Auf den ersten Blick sieht das Yoga Book 9 aus wie die anderen Vertreter der aktuellen Yoga-Serie. Sowohl die Ober- als auch die Unterseite fertigt Lenovo aus Metall. Sie sind in dem Türkis-Ton eingefärbt, der sich schon beim Yoga Pro 7 und beim Yoga Pro 9i bewundern ließ. Allerdings stechen die Seiten hervor. Sie sind sowohl oben als auch unten gleichermaßen stark nach außen gewölbt und mit zusätzlichem Glanz versehen. Das Scharnier in der Mitte ist ebenfalls nicht ganz unbekannt, sondern fand sich mit den darin versteckten Bowers-&-Wilkins-Lautsprechern bereits im vergangenen Jahr im Yoga 14 9i. Sie bieten übrigens einen sehr guten Klang. 

Lenovo Yoga Book 9 ist sehr gut verarbeitet

Natürlich verfehlt das zweite Display seine Wirkung nicht. Auf den ersten Blick wirkt die Komposition zurückhaltend, aber futuristisch. Und diesem Eindruck hält auch die Machart des aus Aluminium gefertigten Notebooks stand. Die Verarbeitung ist durchweg hochwertig, nichts wackelt oder knarzt. Beide Gehäuse-Seiten zeigen sich gegenüber Verwindungen auch unter großem Kraftaufwand völlig unbeeindruckt. Das Scharnier lässt sich nicht nur um 360° drehen, sondern hält auch die beiden Hälften gut auf Position. Trotz der beiden Displays hält sich das Gewicht mit 1,34 kg in Grenzen.

Das Alleinstellungsmerkmal des Yoga Book 9 schlechthin sind die beiden Displays, die technisch identisch sind. Sie verfügen jeweils über eine Diagonale von 13,3 Zoll sowie eine Auflösung von 2,8K, also 2.880 x 1.800 Pixel. In beiden Fällen setzt der Hersteller auf die OLED-Technologie, die für kräftige, aber nicht übersättigte Farben, allerdings eine Überbetonung der Blautöne sorgt. Bauartbedingt wird damit auch ein sehr gutes Kontrastverhältnis sowie hervorragende Schwarzwerte geboten. Lediglich das glänzende Finish der beiden Displays und die damit einhergehenden Reflexionen können stören.

Lenovo Yoga Book 9
Zwei Displays für viel Flexibilität

Sparsamer und doch leistungsstarker Prozessor

Damit der Stromverbrauch des Yoga Book 9 trotz der beiden Bildschirme nicht zu hoch wird, setzt Lenovo mit i7-1355U auf einen Prozessor, der sich durch eine vergleichsweise niedrige Leistungsaufnahme auszeichnet. Der Chip wird aus zwei leistungsstarken und acht auf Effizienz getrimmten Kernen zusammengesetzt und kann insgesamt zwölf Threads parallel abarbeiten. Dazu kann der Takt auf bis zu 5,0 GHz ansteigen.

Die Einzelleistung der performanten CPU-Kerne ist auf einem guten Niveau. Die Abstriche, die zu den leistungsstärker eingeordneten Modellen hingenommen werden müssen, liegen im einstelligen Prozentbereich und lassen sich vor allem mit der geringen Leistungsaufnahme erklären. Mit Einschränkungen muss primär bei Mehrkernanwendungen gerechnet werden. Im Geekbench fallen die erreichten Ergebnisse etwa um 40 Prozentpunkte hinter denen des Intel Core i7-1360P zurück, der nicht nur zwei zusätzliche Performance-Kerne mitbringt, sondern sich mit 28 W standardmäßig fast die doppelte Energiemenge aus der Leistung ziehen darf.

Für die grafischen Berechnungen vertraut Lenovo beim Yoga Book 9 auf die im Intel-Chip steckende Iris-Xe-GPU, die mit 96 Execution-Units bestückt wird. Ihre Taktgeschwindigkeit beträgt 1,3 GHz. Leistungstechnisch ist die nicht mehr ganz so taufrische Grafikeinheit mittlerweile jedoch aus der Zeit gefallen. Die integrierten GPUs von AMD und Apple bieten etwa die doppelte Performance. Acer stellt daher im aktuellen Aspire 5 dem i7-1355U Nvidias RTX 2050 zur Seite, die ihrerseits auch nicht mehr zu den ganz heißen Eisen auf dem Markt gehört.

Lenovo Yoga Book 9
Schickes Notebook

RAM und SSD auf erwartbarem Niveau

Die Speicherausstattung des Yoga Books sorgt nicht für großes Staunen. Das beginnt beim Arbeitsspeicher. Das Notebook ist nicht für die ganz rechenintensiven Arbeitsprozesse gedacht, also muss ein immerhin 6.400 MHz schneller 16 GB großer RAM im LPDDR5X-Format genügen.

Auch die Größe des Datenspeichers schlägt mit einem Terabyte nicht durch die Decke, ist aber auch nicht zu klein bemessen. Die aus der Fertigung von Western Digital stammende SSD kann zudem mit einer guten Performance punkten: Beim Lesen von Daten werden Übertragungsraten von nahezu 5.200 MB/s erreicht, beim Schreiben sind es mehr als 4.900 MB/s.

Ein großer Akku für zwei Bildschirme

Ein Notebook mit zwei identischen Displays kann im Akku-Betrieb keine Ausdauer-Wunder vollbringen, schließlich gehören die Anzeigen zu großen Verbrauchern. Doch dank eines 80 Wh großen Akkus schlägt es sich allerdings tapfer: Nach einer Stunde sind trotz der sparsamen Hardware bereits 16 Prozentpunkte der Reserven verbraucht. Beim Daddeln von Asphalt 9: Legends verbleiben nach einer Stunde noch 62
Prozent der Reserven im Akku. Je nachdem wie groß die Lasten sind, die dem ungewöhnlichen Convertible zugemutet werden, sind Laufzeiten von rund fünf Stunden realistisch. 

Lenovo Yoga Book 9
Lenovo setzt auf das Format eines Convertibles

Lenovo Yoga Book 9: Nur USB-Typ-C

Anschlussvielfalt ist nicht die Sache des Lenovo Yoga Book 9. Die drei USB-Ports besitzen allesamt ein Typ-C-Interface. Sie unterstützen Intels Thunderbolt-4-Technologie und bieten damit eine große Flexibilität. Außerdem können Peripherie-Geräte über Bluetooth 5.2 angesprochen werden, während der Netzwerkverkehr per WLAN nach 6E-Standard abgewickelt wird.

Display, Ständer, Stift, Tastatur

Ein Notebook mit zwei Displays? Nicht jeder profitiert vom zweiten Bildschirm. Wer hauptsächlich am Bildschirm arbeitet, ist mit einem Tablet schnell besser bedient. Gehören Arbeiten mit der Tastatur zum Alltag, wirst du mit richtigen Tasten glücklicher. Ein Convertible dürfte für die meisten der sinnvollere Kompromiss sein. Zumal die Software nicht optimal auf die Hardware eingestellt ist. Nervig ist etwa die Software-Tastatur. Diese wird nicht automatisch auf dem unteren Display eingeblendet, sondern muss stets eigens aufgerufen werden. 

Immerhin gehören alle Erweiterungen zum Lieferumfang. Dies beginnt beim Standfuß, der dem Notebook im Quer- wie im Hochformat einen guten Halt bietet und dieses – zusammen mit der Tastatur – in eine Art kleinen Desktop-PC mit zwei Bildschirmen verwandelt. Office-Fanatiker mit Hang zum mobilen Arbeiten werden begeistert sein.

Die Tastatur ist im typischen Lenovo-Design und farblich abgestimmt. Die Tasten sind ordentlich dimensioniert und gefallen auch beim Schreiben längerer Texte, wenngleich der Tastenhub etwas größer und der Anschlag etwas knackiger sein könnte. Der eine oder andere würde sich vermutlich noch ein Touchpad wünschen. Der Stift liegt gut in der Hand, fürs künstlerische Arbeiten wäre die Unterstützung von Druckstufen ein Pluspunkt.

Allerdings lassen sich die Einzelteile – anders als noch einst beim Lenovo Thinkpad X1 Fold – nicht mit dem Notebook verbinden. Der Standfuß dient beim Yoga Book 9 als Schutz-Cover für die Tastatur, der Stift kann hier ebenfalls in eine Lasche geschoben werden. Die Krempel-Dichte in vollgepackten Taschen wird damit jedoch weiter gesteigert.  

Lenovo Yoga Book 9
Der Standfuß bietet jeder Faltung einen guten Halt

Fazit zum Lenovo Yoga Book 9

Das Arbeiten mit zwei Bildschirmen gehört an vielen Schreibtischen zum Standard. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass ein Hersteller versucht, dieses Konzept aufs Notebook zu übertragen. Lenovo gelingt es dabei, hinter den beiden Displays eine Hardware-Ausstattung zu verbauen, die in dieser Klasse kaum etwas vermissen lässt.

Ob das zweite Display tatsächlich einen Mehrwert gegenüber einem Convertible mit klassischer Tastatur bietet, ist letztlich Geschmackssache. Unterm Strich ist die Machart des Yoga Books aber speziell und dürfte nur einem begrenzten Publikum einen Mehrwert bieten. Damit will die Anschaffung gut überlegt sein, denn mit 2.500 Euro ist das Yoga Book nicht gerade günstig. 

Pro

  • Interessantes Konzept, dessen Vorzüge es zu entdecken gilt
  • Hochwertige Verarbeitung
  • Alle Erweiterungen teil des Lieferumfangs

Contra

  • Mit einem Convertible oder Tablet sind die meisten besser dran
  • Software könnte besser auf Hardware abgestimmt sein
  • Nicht ganz billig

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2 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Fröse

    Interessant wäre ein Tablet unter 100,00 €!

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  2. Nutzerbild Matthias Wellendorf inside digital Team

    Tablets unter 100€ sind derart spartanisch ausgestattet, dass man – abgesehen von den Kinder-Tablets – schon eine sehr genaue Nutzungsvorstellung haben muss, um nicht enttäuscht zu werden. Selbst generalüberholte, also nicht mehr ganz so neue, Amazon-Fire-HD-Tablets kosten noch über 100€.

    Antwort

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