Jüngstes Beispiel ist die Deutsche Glasfaser. Der ehemals ambitionierteste alternative Anbieter hat angekündigt, keine neuen Gebiete mehr zu erschließen und zehn Prozent seiner Belegschaft zu entlassen. Schon vorher hatten sich Probleme gehäuft: monatelange Wartezeiten trotz verlegter Leitungen, abgebrochene Kooperationen, Ausbau-Stopp in ganzen Regionen. In der Lokalpresse war immer wieder davon zu lesen, dass der eigentlich geplante Ausbau von schnellen Glasfaserleitungen hier und da schlichtweg nicht erfolgte. Und dabei wird es nun wohl auch bleiben. „Wir drosseln unsere Ausbaugeschwindigkeit in den kommenden Jahren und legen ab sofort einen noch stärkeren Fokus auf den Anschluss unserer noch wartenden Kunden“, heißt es in einem Statement gegenüber der Wirtschaftswoche.
Milliarden-Investment bringt zu wenig Kunden
Der Fokus der Deutschen Glasfaser soll nun auf dem Anschluss bestehender Kunden liegen – ein Eingeständnis, dass der große Expansionskurs nicht mehr tragbar ist. Denn trotz des zweistelligen Milliarden-Euro-Investitionsvolumens (gegeben von Investoren, die eine Rendite sehen wollen) hat es die Deutsche Glasfaser geschafft, 2,6 Millionen Haushalte mit Glasfaserleitungen zu versorgen. Davon aktiv genutzt sind gerade einmal 800.000, wie es in einer Marktstudie des Branchenverbandes VATM heißt. Dieser ist allgemein anerkannt. Das entspricht einer Quote von knapp 30 Prozent. Das ist zwar über dem allgemeinen Schnitt in der Glasfaserbranche, aber zu wenig für einen Anbieter, der vor allem im teuren ländlichen Raum ausbaut. Weiterer Rückschlag: Vodafone stellte die Vermarktung der Leitungen unter eigenem Namen ein.
Doch die Deutsche Glasfaser steht mit ihren Problemen nicht allein. Auch andere Anbieter wie Unsere Grüne Glasfaser oder Deutsche Giganetz verlangsamen ihre Ausbauaktivitäten oder stellen sie ein. Manche verlassen den Markt ganz, wie zuletzt Infrafibre Germany. Die Ursachen sind vielfältig: hohe Baukosten, fehlendes Fachpersonal, schleppende Genehmigungen und vor allem mangelnde Nachfrage.
Denn viele Haushalte sehen aktuell keinen Mehrwert in einem Glasfaseranschluss. Bestehende Internetverbindungen reichen für den Alltag oft aus. Das führt zu niedrigen Buchungsquoten, die den wirtschaftlichen Betrieb der Netze erschweren. Laut Branchenangaben rechnet sich ein Ausbau erst ab etwa 40 Prozent gebuchter Anschlüsse – eine Schwelle, die viele Anbieter auch in der Vorvermarktung nutzen. Erst wenn sie erreicht ist, wird überhaupt gebaut. Für Kunden bedeutet das: Wer auf einen Glasfaseranschluss wartet, braucht Geduld – oder muss sich auf Alternativen einstellen. Auch in ausgebauten Gebieten kann es zu monatelangen Verzögerungen kommen, bis der Anschluss tatsächlich nutzbar ist. In Mehrfamilienhäusern häufig sogar gar nicht, weil Eigentümer oder bestehende TV-Kabelanbieter blockieren.
Gewerkschaft kritisiert Pläne
Bei der Gewerkschaft ver.di kritisiert man die Stellenstreichungen bei der Deutschen Glasfaser, die wohl vor allem die Vertriebler treffen dürften. 250 der 1.800 Jobs sollen wegfallen. „Obwohl die Branche weiterwächst und die Nachfrage nach leistungsfähigen Glasfasernetzen ungebrochen ist, stehen hier Streichungen von Arbeitsplätzen im Raum – das passt nicht zusammen“, sagt Rejhan Nailovic, ver.di-Gewerkschaftssekretär. „Gerade die Kolleginnen und Kollegen, die den Unternehmenserfolg mitgetragen haben, dürfen jetzt nicht die Leidtragenden von Managementfehlern oder kurzfristigem Kostendruck werden.“
