Endlich: Überzogene Strompreise beim E-Auto-Laden sollen verschwinden

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Mit dem E-Auto zu fahren, kann schnell zu einem Abenteuer werden, wenn auf der Langstrecke nicht die passende Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht. Das neue Deutschlandnetz soll nicht nur 1.000 neue Schnellladepunkte bieten, sondern auch der Preistreiberei für den Autostrom ein Ende bereiten.
Fastned Schnellladestation in Belgien

Schnellladestationen für E-Autos wie diese von Fastned in Belgien sollen in Zukunft Teil des sogenannten Deutschlandnetzes sein.

Das Laden von Elektroautos ist zunehmend eine kostspielige Angelegenheit. Schon im Juli hat beispielsweise EnBW die Preise über sein emobility+-Angebot drastisch angehoben. Kurze Zeit später folgte eine Preiserhöhung bei Maingau Energie (EinfachStromLaden) und auch Shell Recharge lässt sich die Butter nicht vom Brot nehmen. An Schnellladesäulen, die zum Shell-Ladenetz gehören, werden aktuell beispielsweise 64 Cent pro Kilowattstunde (kWh) berechnet. Bei Fremdanbietern wie Ionity teilweise sogar noch deutlich mehr. Zum Vergleich: Eine kWh bei dir zu Hause kostet in der Regel 30 bis 40 Cent. Doch jetzt eilt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zu Hilfe. Es will der Preistreiberei für das Laden von Autostrom über das sogenannte Deutschlandnetz ein Ende setzen.

E-Auto laden für maximal 44 Cent pro kWh im Deutschlandnetz

Denn wie das von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geleitete Ministerium erklärte, sei jetzt der Startschuss für die bevorstehende Ausschreibung von 1.000 Standorten für neue Schnellladesäulen für Elektroautos gefallen. An jedem Standort sollen bis Ende 2023 mehrere DC– und HPC-Ladepunkte entstehen, an denen ein E-Auto mit einer Ladeleistung von bis zu 300 kW neue Energie laden kann. Das Besondere: An den Ladesäulen des Deutschlandnetzes soll es eine Preisobergrenze für das Stromtanken geben. Um Menschen von einer klimafreundlichen Mobilität zu begeistern und zu einem Umstieg auf ein E-Auto zu bewegen, sei der Preis an der Ladesäule ein wichtiger Faktor, ist Scheuer überzeugt.

„Deshalb haben wir bei unserer Ausschreibung eine Preisobergrenze von aktuell 44 Cent pro kWh vorgesehen, die unterhalb des Dieselpreises liegt“, wird Scheuer in einer aktuellen BMVI-Mitteilung zitiert. Die Höhe der Preisobergrenze sei sowohl unter Betrachtung marktwirtschaftlicher Gesichtspunkte als auch klimapolitischer Aspekte gewählt worden. Gleichwohl gilt es in diesem Zusammenhang zu beachten, dass sich der jetzt festgelegte Preispunkt in Zukunft sowohl nach oben als auch nach unten verschieben kann. Abhängig davon, wie sich der Strompreis entwickelt. Eine Bezahlung des geladenen Ökostroms ist an den neuen Ladesäulen mit gängigen Giro- und Kreditkarten möglich. Aber auch per NFC über das Smartphone.

Die atmende Preisobergrenze im Deutschlandnetz setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen.

Zwei Ausschreibungsverfahren für 1.000 neue Schnellladepunkte im Deutschlandnetz

Die Errichtung und der Betrieb des Deutschlandnetzes werden im Rahmen von zwei getrennten Ausschreibungen vergeben. Die Ausschreibung für sogenannte Regionallose in ländlichen und urbanen Gebieten soll am 15. September 2021 starten. Im Herbst 2021 folgt die Ausschreibung von Autobahn-Losen für circa 200 Standorte auf unbewirtschafteten Rastanlagen entlang der Bundesautobahnen. Während die Ausschreibung der Autobahn-Lose vor allem deutschland- und europaweit tätige Unternehmen ansprechen soll, zielt die Ausschreibung der Regionallose auch auf regional tätige Betreiber sowie kleine und mittelständische Unternehmen ab.

Die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sich mit einer staatlichen Förderung in Höhe von rund 2 Milliarden Euro am neuen Deutschlandnetz. Ziel sei es, E-Auto-Fahrern die Möglichkeit zu geben, überall in Deutschland, in wenigen Minuten einen Schnellladestandort ansteuern zu können. In jedem von insgesamt 900 durch das BMVI definierten Suchräumen mit einem Radius von circa 2 Kilometern soll ein Schnellladestandort mit mindestens vier und bis zu 16 Schnellladepunkten entstehen. Die Bieter müssen geeignete Standorte innerhalb dieser Suchräume einbringen oder finden. In Summe ist die Errichtung von etwa 10.000 neuen Schnellladepunkten eingeplant.

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Deutschlandnetz soll neue Standards für europaweite Ladeinfrastruktur setzen

Verkehrsminister Scheuer ist aber auch noch ein anderer Aspekt wichtig. „Die Reichweite von E-Autos wächst und wächst.“ Elektroautos seien keinesfalls nur etwas für die Kurzstrecke, „sie lohnen sich überall, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.“ Und für den Fall, dass die Reichweite doch mal nicht ausreicht, sollen in Zukunft die neuen Ladepunkte helfen, schnell Energie nachladen zu können. Die neuen Ladepunkte sollen übrigens auch neue Standards für ein europaweites Ladenetz darstellen. Dessen Aufbau soll ebenfalls in den kommenden Jahren stattfinden. Zu den Standards gehören im optimalen Fall unter anderem passende Überdachungen für den Fall, dass es beim Strom tanken mal regnet. Vor Ort sollten im besten Fall aber auch sanitäre Einrichtungen und ein gastronomisches Angebot zur Verfügung stehen.

Bis Ende 2025 stellt das BMVI zudem 500 Millionen Euro für den weiteren Aufbau von öffentlichen Ladepunkten zur Verfügung. Damit sollen mindestens 50.000 weitere Ladepunkte – davon mindestens 20.000 Schnellladepunkte – errichtet werden. Ab Ende August können Unternehmen, Städte und Gemeinden, öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen entsprechende Förderanträge stellen. In einem ersten Schritt stehen 190 Millionen Euro für den Aufbau von rund 18.000 öffentlichen Ladepunkten zur Verfügung. Davon sollen 9.000 eine maximale Ladeleistung von bis zu 22 kW bieten (Normalladepunkte per Wechselstrom [AC]), weitere 9.000 mehr als 22 kW per Gleichstrom (DC).

Auch Wallboxen immer beliebter

Und noch eine aktuelle Zahl verriet Scheuer im Rahmen einer Präsentation am Montag. Aktuell sind bereits 736.000 staatlich subventionierte Wallboxen für das schnelle Laden eines E-Autos an den heimischen vier Wänden bewilligt. In einem umfangreichen Ratgeber verraten wir dir, wie du dir 900 Euro Förderprämie für die private Wallbox sichern kannst.

Bildquellen

  • Ad-Hoc-Preis Deutschlandnetz: Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur
  • Elvah Lade-Flat jetzt europaweit nutzbar: Audi
  • Deutschlandnetz: Moderne Schnellladestationen mit Preisobergrenze: Fastned

5 Kommentare

  1. Thomas aus Marl
    Industriestrom kostet rund 15 Cent, an der Strombörse liegt der Preis noch deutlich darunter. Das heißt, es verbleiben rund zwei Drittel für den Gewinn und fürs Steuersäckl. Man muss leider davon ausgehen, dass das Ende der Fahnenstange damit noch lange nicht erreicht ist. Auf Benzin ist die Abgabenlast noch höher, weshalb ich damit rechne, dass nach einer gewissen Schonfrist alles darangesetzt wird, die durch die E-Mobilität wegbrechenden Einnahmen mehr als auszugleichen. Die Begehrlichkeiten sind geweckt.
  2. Stefan
    Im Zitat ist zu lesen, “... 44 Cent pro kWh vorgesehen, die unterhalb des Dieselpreises liegt“. Jetzt lassen sich ja kWh und Liter nicht vergleichen. Aber bei einem Leistungsbedarf beim E-Auto von ca. 25kWh/100km sind das 25x0,44€=11,00€ und im Gegensatz dazu, benötigt ein Diesel-PKW ca. 5L/100km, womit man bei 5x1,30€=6,50€ liegt. Passt nicht so ganz, diese Aussage von Minister Scheuer.
    • Alf Igel
      Offenbar wird mit 15 kWh/100km = EUR 6.60 gerechnet, was wirklich etwas optimistisch ist. Real sind werte um 17-18 kWh erreichbar. Für 25 kWh muss man schon arg aufs Pedal treten, und dann ist ein Diesel auch nicht mehr bei 5 Liter.
  3. Mike
    Hinzu kommt noch Akku Konditionierung, Ladeverluste (in Wärme umgewandelt), Akku-Verschleiss (5-10% im Jahr) und die Wartezeit an der Ladestation mit Heizung/Klima an. Und der hofft, das die Strompreise sinken, glaubt auch noch an den Weihnachtsmann. Bitte mal realistisch bleiben.
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