Im Test von inside digital gelang es Huawei und dem P30 Pro Ende April, die volle Punktzahl abzuräumen. Das Smartphone gilt als eines der besten des Jahres 2019 – auch wenn die Stiftung Warentest das gänzlich anders sieht. Doch wie macht sich so ein Edel-Flaggschiff für 1.000 Euro außerhalb eines Testlabors? Das Huawei P30 Pro begleitet mich seit nunmehr vier Monaten im Alltag. In dieser Zeit sind mir viele positive Aspekte aufgefallen. Jedoch gibt es auch die eine oder andere Schwäche.
Die Akkulaufzeit
Theoretische Werte und Herstellerangaben hin oder her: Der Akku des Huawei P30 Pro hält einen Tag durch. Fertig. Zumindest bei mir. Dazu muss ich sagen: Ich habe Bluetooth und GPS rund um die Uhr aktiviert. Zum einen, um die Verbindung zur Amazift GTS zu halten, zum anderen um das Smartphone via Googles „Mein Gerät finden“ wiederzufinden, falls ich es mal verlieren sollte. Eine Zeit lang hatte ich beide Optionen deaktiviert. Dann kam ich auch schon mal zwei Tage mit einer Akkuladung aus. Doch wie man es dreht und wendet – auch eine eintägige Laufzeit reicht völlig aus. Und zwar aus dem folgenden Grund:
Das Huawei P30 Pro ist blitzschnell aufgeladen
Das Szenario wiederholt sich: Ich muss das Haus verlassen und stelle fest, dass der Akku des P30 Pro nur noch 20 Prozent seiner Energie besitzt. Also: ran ans Ladekabel. Während ich dusche und mich anziehe, vergeht etwa eine halbe Stunde. Ich ziehe das Smartphone vom Kabel ab und der Akku weist eine Kapazität von 80 Prozent auf. Wirklich super, dieses Super Charging.
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Auch wenn es im Benchmark-Test nicht so gut abschneidet wie die Konkurrenz von OnePlus, Samsung und Co.: Über den gesamten Zeitraum lief das Huawei P30 Pro ohne Fehl und Tadel. Wenn ich warten musste, bis eine Internetseite oder Google Maps fertig geladen hat, dann lag es meist an der Internetverbindung respektive einem Funkloch.
Die Updates: schleppend und ungewiss
Was das Update-Verhalten von Huawei in Bezug auf das P30 Pro angeht, geht es besser. Vor wenigen Tagen hat mich ein Android-Sicherheitspatch erreicht – und zwar der von September. Während also Modelle wie das Galaxy S10 bereits den Sicherheitspatch von November erhalten haben, hinkt das P30 Pro zwei Monate hinterher. Dafür will Huawei es aber noch diesen Monat mit Android 10 versorgen. Wie es danach mit Hinblick auf das US-Embargo und die Zusammenarbeit mit Google, Facebook und Co. weitergeht, bleibt abzuwarten.
Always-On-Display: Warum so einstellungslos?
Das Always-On-Display ist im Prinzip eine gute Sache. Es liefert weitaus mehr Informationen als eine Benachrichtigungs-LED. Und dennoch ist es beim Huawei P30 Pro nicht zu Ende gedacht. Auf dem Nachttisch etwa ist es häufig zu hell. Außerdem lässt es sich nicht individuell anpassen. Neben Uhrzeit und Datum wird noch der Akkustand angezeigt. Und natürlich kleine App-Icons, wenn es in der jeweiligen Anwendung etwas zu sehen oder lesen gibt. Jedoch fehlen mir Einstellungsmöglichkeiten. Wieso lässt sich nicht die Helligkeit anpassen? Wieso nicht die Position? Wieso dreht sich nicht die Uhrzeit um 90 Grad, wenn ich das Handy waagerecht hinstelle? Wieso kann ich nicht Wetterdaten oder andere für mich relevante Dinge dauerhaft einblenden lassen? Es gibt unzählige Apps, die ebendas machen. Somit dürfte es nicht mehr lange dauern, bis auch Hersteller wie Huawei diese Möglichkeiten schaffen. So wie es einst mit der Taschenlampen-App war.
Die Kamera: Viele Möglichkeiten, aber …
Quad-Kamera, drei Brennweiten, 40 Megapixel und 50-facher Zoom: Die Ausstattung liest sich wahnsinnig gut. Sie ist es auch. Nur dass ich in der gesamten Zeit nicht einmal von dem gesamten Portfolio Gebrauch gemacht habe. Und dabei bin ich leidenschaftlicher Fotograf und Filmer. Einerseits aufgrund der für mich nicht akzeptablen Bild- und Videoqualität bei schwierigen Lichtverhältnissen. In der Dämmerung oder bei Glühlampenlicht im Wohnzimmer kann man die Ultraweitwinkelkamera und den Zoom beim Filmen vergessen. Die Qualität sinkt auf die von Handykameras aus den 2000er Jahren. Mit der Normalbrennweite bekommt man zumindest halbwegs vorzeigbare, wenn auch sehr matschige Videos hin. Bei viel Licht steigt die Qualität merklich an.
Doch nicht jeder nutzt das Smartphone, um Filme zu drehen. Die meisten sehen das Handy aber als Ersatz für einen Fotoapparat. Und das schafft das Huawei P30 Pro. Aber auch hier gilt: Das Licht ist dein Freund. Bei Innenaufnahmen mit Kunstlicht werden die Bilder häufig unscharf. Das fällt insbesondere bei Gesichtern auf. Zudem erfordert der 10-fache Zoom eine wirklich ruhige Hand, um ein halbwegs brauchbares Ergebnis zu erhalten. Auch wenn ich diese Zoomereien nie nutze: Es ist schön zu wissen, dass ich auch ein sehr weit entferntes Objekt fotografieren könnte und auf dem Bild mehr erkenne, als aus der gleichen Distanz mit dem bloßen Auge.
P30 Pro: das fehlt mir
Das Testlabor von inside digital offenbarte diese Schwäche bereits, in den vergangenen vier Monaten zeigte sie sich ebenfalls immer wieder. Der Ton kommt beim Anschauen von Videos bei YouTube und Co. aus einem einsamen Lautsprecher im unteren Rahmen. Der ist zwar laut – mehr aber auch nicht. Immer wieder vermisse ich den Stereo-Sound mit kräftigen Tiefen des Mate 10 Pro. Und blicke neidisch auf das Galaxy S9 meiner Frau, wenn sie mir ihr Smartphone in die Hand drückt und einen Trailer von Filmen abspielt, die zeigen, dass Zucker uns umbringt oder Monsanto der Leibhaftige ist.
Zwar habe ich mich mittlerweile daran gewöhnt und nutze ein paar Bluetooth-Kopfhörer von OnePlus, die sich sogar mit dem P30 Pro aufladen lassen. Zumindest wenn man das USB-C-zu-USB-C-Kabel nicht vergisst. Dennoch habe ich des Öfteren die Klinkenbuchse vermisst. Etwa dann, wenn ich die Bluetooth-Kopfhörer zu Hause habe liegen lassen und mich in der Redaktion meine Sony-Over-Ears samt Klinke am Ende des Kabels erwarten. Oder wenn ich mein P30 Pro per Kassettenadapter mit dem Autoradio in unserem Wohnmobil verbinden wollte. Ja, es sind spezielle Einsatzzwecke, die im Laufe der kommenden zehn Jahre immer weniger werden dürften. Es gibt sie aber noch, nicht nur bei mir.