Im März des vergangenen Jahres fuhr ich nach Amsterdam, sah mir die neuen P30-Flaggschiffe für inside digital – damals sogar noch inside handy – an und schickte das Huawei P30 durch unseren Testparcours. Was soll ich sagen: Ich war begeistert und konnte das Smartphone nun über ein Jahr nutzen und besser kennenlernen. Warum ich mich nicht für das Fotowunder Huawei P30 Pro entschied? Das ist einfach zu beantworten: Es ist mir einfach zu groß.
Das Huawei P30 war damals wie heute eine praktische, handliche Alternative. Positiv fiel mir im Test vor allem das erwähnte kompakte Design auf, aber auch der ausdauernde Akku und das Display. Auch die Kameraergebnisse konnten sich sehen lassen. In die Kritik gerieten allerdings die Nutzung von NM-Karten, das rutschige Gehäuse des P30 und die eher schwache Multimedia-Leistung. Was kommt letztlich im Alltag wirklich zum Tragen?
Huawei P30 im Langzeittest: So schlägt es sich im Alltag
Das Design des Huawei P30 gefällt mir nach wie vor sehr gut. Das fängt bei dem schimmernden Gehäuse samt Farbverlauf an und endet beim randlosen Display. Zu Beginn habe ich die abgerundeten Display-Kanten vermisst, die ich vorher vom Samsung Galaxy S8 gewöhnt war. Dadurch greift sich das P30 ohne Hülle deutlich „scharfkantiger“, wenn man so will. Positiv zu erwähnen ist jedoch: Da ich nun ein recht tollpatschiger Mensch bin, fiel mir das P30 das ein oder andere Mal hin. Doch Chapeau – das Handy trägt keinen einzigen Kratzer davon und erweist sich als äußerst stabil.
Trotz fehlendem vierten Objektiv muss sich das P30 nicht hinter dem großen Bruder verstecken. Auf die Kamera kann man sich immer verlassen: Die Fotos sind gut, egal, ob man einen schnellen Schnappschuss machen will oder versucht, ein „professionelleres“ Bild zu schießen. Die App eröffnet diverse Möglichkeiten – von der Nachtsicht über Nahaufnahmen bis hin zum Portaitmodus. Insofern hat sich meine Meinung zur Kamera somit auch nach einem Jahr nicht geändert. Die Details kannst du hier lesen.
Toller Akku
In puncto Akku hat sich die Erfahrung im Test ebenfalls bestätigt. Der 3.650 mAh ist zwar nicht sehr großzügig bemessen, reicht aber nach wie vor völlig aus. Ich komme in der Regel zwei volle Tage aus, ohne den Akku aufzuladen. In dieser Zeit nutze ich das P30 normal, sprich surfe und schaue bei Social-Media-Kanälen vorbei, telefoniere, schreibe Nachrichten oder schaue Videos. Hier ist das Huawei P30 wirklich unübertroffen – auch die Schnellladefunktion. Zum Vergleich: Parallel benutze ich ein iPhone 7, das oft nach der Hälfte des Tages bereits an den Strom muss.
Huawei P30 in der Kritik
So hübsch das Design auch sein mag – es hat auch seine Tücken. Wirklich nervig ist vor allem die Kamera, die aus dem Gehäuse heraussteht. Nimmt man das Handy aus der Hülle, erfreut sich an der hochwertigen Oberfläche (im Vergleich zur schnöden Gummi-Hülle) und legt es ab, wackelt es ohne Ende. Tippst du dann noch mit einer Hand eine Nachricht, ist das Fass voll. Hinzu kommt, dass es durch den Glas-Einsatz rutschig ist und leicht herunterfällt.
Schon als ich das Huawei P30 im Frühjahr 2019 testete, fiel mir direkt die vergleichsweise veraltete Software auf. Das Google Sicherheitspatch war nicht auf dem neuesten Stand, ebenso selten erreichte mein Exemplar Firmware-Updates mit neuen Funktionen. Die Aktualisierungen kamen deutlich später an als bei anderen – und so ist es bis heute. Zum Zeitpunkt, in dem ich dieses Fazit schreibe, verweilt das P30 noch auf dem Sicherheitslevel von April 2020. Ob es nun am US-Bann und den Folgen liegt oder ich ein Montagsgerät erwischt habe, habe ich leider nicht herausgefunden. Erstaunlicherweise sah es dahingehend beim Huawei P30 Pro nicht anders aus, wie mein Kollege in seinem Fazit zum Huawei P30 Pro bemerkt.
Enttäuschende Performance
Das schwerwiegendste Manko, das ich beim Huawei P30 feststellen konnte, war die Performance. Sieht man sich nun die schnellsten Smartphones 2019 an, die wir als Redaktion getestet haben, ist das P30 zwar dabei. Allerdings befindet es sich in den unteren Rängen, genauer gesagt auf Platz 19 von 20. Im Benchmark-Test kam das Gerät auf 280.743 Punkte und überbot damit nur knapp das LG V40 Thinq (245.000 Punkte). Vom schnellsten Handy, dem OnePlus 7T Pro, ist es jedoch weit entfernt (401.353 Punkte).
Das spiegelt sich auch in der Praxis wider: Im Laufe der Zeit braucht das Smartphone immer wieder recht lang, ehe es beispielsweise zwischen Apps hin und her springt oder eine Webseite öffnet. Auch der Fingerabdrucksensor entsperrt nicht zuverlässig und erkennt den darauf gedrückten Finger des Öfteren nicht. Am drastischsten missfällt mir allerdings, dass der Homescreen immer wieder Aussetzer hat. Dann bleibt am oberen Rand ein schwarzer Balken bestehen, der in etwa so breit ist wie die tropfenförmige Kamera. Der Balken verschwindet erst wieder, wenn man das P30 kurz sperrt.
Dabei kann das Gerät auch nicht überlastet sein – zumindest nicht, weil es zu vollgepackt ist. Von den 128 GB Speicherplatz sind nach wie vor 80 GB frei. Hinzu kommt, das ich der Ordnungsliebe wegen regelmäßig ausmiste.
Mein Fazit: Ein tolles Gerät mit Macken
Die oft ruckelige Performance und die verzögerten Software-Updates sind die zwei Dinge, die mich persönlich am meisten in den Wahnsinn treiben. Das würde ich nach einem Jahr von einem so teuren Smartphone nicht erwarten. Dass Huawei die Nutzung der eigenen NM-Karte anstatt Micro-SD-Karte zur Pflicht macht, ärgert mich nach wie vor. Das und die Hybrid-Einschränkung machten mir im Alltag aber weniger Probleme, als ich vorab dachte.
Dennoch würde ich das Huawei P30 immer wieder gerne nutzen. Das Fotografieren macht Spaß und überbietet die meisten Handys, die beispielsweise Freunde oder Verwandte nutzen. Optisch finde ich das Smartphone ebenfalls noch schön und habe mich an der Farbe – wie so oft vorher vermutet – nicht satt gesehen. Es ist ein Smartphone, das auch nach einem Jahr noch aktuell ist und auf der oberen Welle mitschwimmen kann. Nicht zuletzt vielleicht auch deswegen, weil das Huawei P40 seinen Vorgänger aufgrund der fehlenden Google Services nicht unbedingt ausstechen kann.
Übrigens: Das Huawei P30 ist derzeit schon ab knapp 390 Euro zu haben. Im vergangenen Frühjahr verlangte der Hersteller noch einen stolzen Preis von rund 750 Euro.