6G Netz: So sieht der Mobilfunk nach 5G aus

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Während sich Handynutzer hier und da noch über Funklöcher bei LTE (4G) ärgern, und der Ausbau von 5G noch längst nicht abgeschlossen ist, redet man schon über den nächsten Mobilfunkstandard. Er wird auf den Namen 6G hören. Wofür brauchst du 6G?
Mit 6G wird die Konnektivität zwischen Menschen und Dingen zunehmen
Mit 6G wird die Konnektivität zwischen Menschen und Dingen zunehmenBildquelle: BMBF / Familie Redlich

Zunächst einmal eine wichtige Botschaft vorab: Solltest du aktuell warten, dir ein neues Handy zu kaufen, bis dieses 6G kann? Klare Antwort: Nein! Denn 6G ist aktuell das, was man als Zukunftsmusik bezeichnet. Auf dem Mobile World Congress 2023 in Barcelona wurde deutlich, dass die Mobilfunkbranche aktuell selbst noch nicht genau weiß, was 6G alles können soll. Doch eins ist jetzt schon klar: 6G wird weniger das neue Highspeed-Netz für dein Handy. Dennoch wird es unser Leben in einigen Jahren maßgeblich beeinflussen. 6G wird noch mehr das Netz für Kameras, Sensoren und Dinge, als es schon bei 5G angedacht ist. Es wird das Leben mehr automatisieren, als wir es uns heute vorstellen können. Wagen wir einen Blick auf das, was derzeit angedacht ist.

6G mit bis zu 1.000 Gbit/s Datenrate

So zeigte Ericsson auf der Branchenmesse beispielsweise einen Showcase für 6G, der es auf 100 Gbit/s Datendurchsatz bei einer Latenz von 0,6 Millisekunden brachte. Bei anderen Ausrüstern ist gar von 400 Gbit/s oder 1.000 Gbit/s die Rede. Ein Traum, könnte man damit ganze Städte und Landstriche versorgen, – die Glasfaser wäre überflüssig. Doch dazu wird es nicht kommen. Denn 6G wird auf extrem kurzwelligen Frequenzen senden. Nokia zeigte erste 6G-Antennen auf Basis von 28 GHz, andere Experten gehen von 60 GHz aus. Was heißt das? Jede Häuserwand ist ein Hindernis für die Funkfrequenzen. Die Reichweite ist enorm begrenzt und die Senderdichte muss extrem hoch sein. Diese hohen Frequenzen aber muss man nutzen, da in den heute verwendeten Mobilfunkfrequenzen schlichtweg kein Spektrum frei ist, das derart hohe Datenraten ermöglichen würde.

Damit die Mobilfunk-Antennen nicht „mit der Gießkanne“ senden und Bereiche versorgen, wo gar keine Daten nachgefragt werden, soll Beamforming noch wichtiger werden. Das heißt, die Antennen richten sich automatisch so aus, dass sie punktgenau dort hinsenden, wo die Signale gebraucht werden. Schon die aktuell sendenden Antennen der deutschen Mobilfunker können dieses Beamforming – allerdings recht grobschlächtig. Denn pro Antenne sind in der Regel nur 68 oder eine kleine dreistellige Zahl an Mini-Antennen verbaut, die elektronisch die Endgeräte „verfolgen“. Mit 6G sollen die Antennen in der Lage sein, aufgrund von Reflexionen erkennen zu können, wo sich Objekte befinden, die stören können. Doch es geht nicht nur um eine bessere Funkverbindung. 6G-Netze werden technisch in der Lage sein, durch die Berechnungen aus den Reflexionen die Größe, Form und Bewegungsrichtung von Objekten zu berechnen. Die Zahl der Mini-Antennen in einer Sendeeinheit soll dafür um ein Vielfaches steigen.

Sender und Sensor in einem: Mit 6G beginnt das Netz zu fühlen

Kein Wunder, dass man bei 6G von einem taktilen Netz spricht, wenn es seine Umgebung „fühlen“ kann. Doch des 6G-Netz wird wohl nicht nur fühlen, sondern auch sehen können. Denkbar ist, dass Kameras über 6G angebunden alles erfassen, was sie sehen und auch direkt auswerten. Die Daten könnten dabei einerseits lokal oder halblokal ausgewertet oder aber in der Cloud verwertet werden. So könnten Verkehrsströme im Detail erfasst werden – auch von Menschen. Mit dieser Echtzeit-Erfassung wäre autonomes Fahren auf einem neuen Level möglich. 6G ist also weit mehr als ein noch schnelleres 5G. Die 6G-Forscher arbeiten auch daran, fliegende Basisstationen oder gar Satelliten in ein neues 6G-Netz zu integrieren. Das würde zur Resilienz der Systeme Netze beitragen.

Doch es geht auch noch in andere Anwendungen. So arbeiten Forscher beispielsweise daran, holografische 3D-Echtzeitvideos Ende zu Ende zu übertragen oder ein Anti-Kollisionssystem für Drohnen und Flugzeuge zu entwickeln. Die Berechnungen und Ausweichmanöver sollen über 6G erfolgen.

Generell wird aber auch spannend zu beobachten sein, was man bei 6G am Ende wirklich umsetzen wird. Denn wenn Netze in der Lage sind, ohne weiteres Zutun automatisch zu erfassen, wer sich wann wo bewegt, vielleicht sogar noch messen, wie seine körperliche Verfassung ist und automatisch Maßnahmen einleiten, wo sich derjenige bewegen darf und wo nicht, dann dürfte das nicht nur einige Datenschützer auf den Plan rufen. Die Konnektivität zwischen Mensch und Familie wird zunehmen – und das wird nicht jedem gefallen.

An 6G arbeiten die Forscher nicht erst seit diesem Jahr. Und sie werden noch einige Zeit arbeiten. Aktuell geht man davon aus, dass 2030 mit den ersten 6G-Netzen gerechnet werden kann. Davon geht übrigens auch Telefónica-Chef Markus Haas aus. Er verwies im Rahmen des Mobile World Congress 2023 auch darauf, dass 75 Prozent der Menschen in Deutschland nicht einmal 5G nutzen. Und auch 5G-Campus-Netze seien mit etwa 500 Netzen noch weit von den eigentlich möglichen 10.000 Campus-Netzen entfernt. Die Nachfrage nach vernetzten Fabriken ist also auch bei Firmen noch gering. Dennoch: Die 6G-Netze werden kommen. Wie diese dann aussehen und was sie können, das werden auch wir in den nächsten Jahren immer wieder berichten.

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