Es ist Montag, und du wartest auf einen wichtigen Brief. Doch der Briefkasten bleibt leer – wie schon seit Tagen. Erst am Donnerstag ist wieder etwas im Kasten – gleich drei Briefe auf einmal. Einer davon hätte am Montag eintreffen sollen. Das kommt dir bekannt vor. Kein Wunder: Szenen wie diese sind offenbar längst keine Ausnahme mehr – sie sind ein Symptom eines wachsenden Problems. Wie aus aktuellen Zahlen der Bundesnetzagentur hervorgeht, sind die Beschwerden über Postdienstleistungen im ersten Halbjahr 2025 auf einen neuen Höchststand gestiegen. Insgesamt 22.981 Beschwerden registrierte die Aufsichtsbehörde. Das sind 13,4 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Schon 2024 war ein Rekordjahr mit 44.406 Beschwerden gewesen. Der Marktführer Deutsche Post/DHL ist dabei besonders betroffen: 89 Prozent aller Meldungen richten sich gegen das Unternehmen, wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf die Bundesnetzagentur berichtet.
Post und DHL zu langsam: So begründet es das Unternehmen
Doch woran liegt’s? Die Deutsche Post nennt mehrere Gründe. Zum einen seien betriebliche Einschränkungen wie Warnstreiks zu Jahresbeginn und eine Hitzewelle im Juni verantwortlich. Letztere zwang das Unternehmen laut eigenen Angaben dazu, das Arbeitspensum in besonders heißen Regionen zu reduzieren. In Städten wie Halle (Saale) und Bernburg kam es laut MDR außerdem zu erheblichen lokalen Zustellproblemen – unter anderem durch hohen Krankenstand.
Ein weiterer wichtiger Faktor: die neuen gesetzlichen Vorgaben zur Brieflaufzeit. Seit Jahresbeginn muss ein Standardbrief nicht mehr binnen ein bis zwei Werktagen beim Empfänger sein. Die Zustellpflicht greift erst am dritten Werktag. Das erlaubt der Post, ihre Zustelltouren effizienter zu bündeln. Für dich bedeutet das aber oft: mehr Leerlauf im Briefkasten. Denn die Zustellung wird künstlich verlangsamt. Weil die Straße heute nicht im Zustellplan steht, fährt der Bote sie nicht an – obwohl der erwartete Brief schon im Zustellstützpunkt liegt. Nur teurere Einschreiben werden laut Post sofort zugestellt. Dass das nicht immer so ist, zeigt die dpa in einem Beispiel. Hier musste eine Seniorin sechs Werktage auf ein Einschreiben mit ihrem vergessenen Handy auf die Ferieninsel Norderney warten. Dass der Verkehr auf die Insel nicht das Problem war, zeigte das Tracking. Das Einschreiben war binnen eines Tages auf der Insel angekommen, dort aber tagelang liegen geblieben, bevor es zugestellt wurde.
In absoluten Zahlen gesprochen, sind die Beschwerden aber vergleichsweise gering. 2024 wurden rund 12,2 Milliarden Briefe und 1,8 Milliarden Pakete in Deutschland zugestellt. Doch auch die Politik sieht Handlungsbedarf. SPD-Bundestagsabgeordneter Sebastian Roloff, der an der Postgesetz-Reform mitgewirkt hat, betont: „Die neuen Regeln müssen sich erst einspielen. Aber der gewonnene Spielraum muss sich in mehr Zuverlässigkeit niederschlagen.“ Ob und wann das gelingt, bleibt offen.
