Schufa erlebt historisches Fiasko vor EU-Gericht – was passiert jetzt?

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Die Schufa ist für viele Verbraucher ein Dorn im Auge. Selbst solche, die finanziell gut aufgestellt sind, stören sich oftmals an der mit der Auskunftei verknüpften Datenschutz-Thematik. Nun erlitt die Schufa einen schweren Rückschlag vor dem EuGH. Was bedeutet das für die Verbraucher?
Schufa, Auskunftei
Die Schufa erlebt ein Fiasko vor GerichtBildquelle: nitpicker / shutterstock.com

Für einige Bürger ist die Schufa lediglich eine Lappalie, für andere stellt sie eine ernstzunehmende Einschränkung dar. Fakt ist jedoch, dass die bekannte Auskunftei einen erheblichen Einfluss auf den Alltag unzähliger Verbraucher hat. Ohne eine positive Schufa-Auskunft erhält man üblicherweise keine Wohnung und keinen Kredit. Selbst der Handy-Vertrag setzt eine positive Bonität voraus. Dabei deutet zumindest vieles darauf hin, dass die Einzelfallentscheidung nicht geprüft, sondern von den Automatiken der Geschäftspartner auf Basis des Schufa-Scores gefällt wird. Doch genau das ist eine Praktik, die nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unzulässig ist.

Schufa am Rande der Illegitimität

Bereits Anfang des Jahres schwebte eine dunkle Wolke über der Schufa. Zu dieser Zeit legte der EuGH sein Augenmerk auf mehrere Fragen im Zusammenhang mit der Schufa, die das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden bereits Ende 2021 zur Klärung vorlegte. Denn nach Auffassung des VG Wiesbaden handelt es sich bei dem Berechnungsprozess hinter dem Schufa-Score respektive dem Bonitätsscore um eine automatisierte Entscheidung. Sollte diese im Anschluss ohne weitere Prüfung durch Banken und Co. zu einer Entscheidung führen, verstieße dies jedoch gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Denn diese verbietet, dass Computer Entscheidungen über Menschen treffen, welche diese entweder rechtlich oder auf eine ähnliche Weise beeinträchtigen können.

Nun entschied der EuGH in einem von mehreren Verfahren, dass der Score-Wert als solcher eine grundsätzlich verbotene automatisierte Entscheidung darstellen könne. Man verzichtete jedoch darauf, das Verfahren auf dieser Basis für gesetzeswidrig zu erklären. Stadtessen überließen die Luxemburger Richter die endgültige Entscheidung dem deutschen Gericht. Denn es besteht die Möglichkeit, im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eine Ausnahme zu schaffen. Die Anforderungen für eine solche Ausnahme wären jedoch beachtlich. Da das VG Wiesbaden bereits in der Vergangenheit Zweifel daran äußerte, dass Praktiken der Schufa mit der DSGVO vereinbar sind, geht Rechtsanwalt Christian Solmecke davon aus, dass das Scoring nach aktueller Rechtslage in vielen Fällen bald nicht mehr zulässig sein werde. Zumindest nicht ohne explizite Zustimmung seitens der Verbraucher.

Die Verantwortlichen bei der Schufa sollen bereits im September versucht haben, dem erwarteten Urteil entgegenzuwirken. So sollen sie ihre Geschäftskunden in einem mehrseitigen Schreiben um eine Bestätigung darüber gebeten haben, dass der Schufa-Score eine Vertragsentscheidung nicht bereits vorwegnehmen würde, kein K.-o.-Kriterium für die Begründung eines Vertragsverhältnisses sei und nicht zu einer automatischen Ablehnung eines Vertragsabschlusses führe. Laut Recherchen des NDR und der SZ zeigten sich die Geschäftskunden jedoch irritiert. Es gilt als unwahrscheinlich, dass viele Unternehmen die vorgelegten Papiere unterzeichnet haben.

Zwei weitere Rückschläge für die Schufa

Abseits der aufgeführten Thematik erlitt die Schufa auch in zwei weiteren Rechtsfragen einen Rückschlag. Zunächst einmal betonte der EuGH, dass die Schufa Verbrauchern im Rahmen der DSGVO umfassendere Auskünfte darüber erteilen muss, wie ihre Nutzerdaten verarbeitet werden. Dies könnte die Auskunftei dazu verpflichten, den Berechnungsprozess des Bonitätsscores zumindest teilweise offenzulegen.

Ein weiteres Verfahren rückte eine Praktik in den Vordergrund, im Rahmen derer die Schufa Daten aus öffentlichen Registern bezieht. Beispielsweise zu Restschuldbefreiungen aus einer Privatinsolvenz. Diese werden im öffentlichen Register der Insolvenzbekanntmachungen bereits nach sechs Monaten gelöscht. Auf den Schufa-Servern wurden sie jedoch drei Jahre lang gespeichert. Zwar ruderte die Auskunftei bereits im Vorfeld freiwillig zurück und verkürzte die Speicherfrist ebenfalls auf sechs Monate. Doch nun steht die Frage im Raum, ob die Schufa solche Datensätze überhaupt speichern darf. Auch hier obliegt das endgültige Urteil dem VG Wiesbaden.

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