Ob Handy-Abos, die man nie abgeschlossen hat oder plötzlich Post vom Inkasso-Büro, das im Auftrag eines Mobilfunkanbieters eine absurd hohe Forderung eintreiben will: Immer wieder geraten Kunden in Kostenfallen. So wie jetzt ein O2-Kunde, der eine Handyrechnung in Höhe von 515 Euro begleichen sollte. O2 schickte ein Inkasso-Büro vor, das die Schulden eintreiben sollte. Doch das Unternehmen wendete illegale Tricks an. Der Verbraucherschutz schaltete sich ein.
Rechnung von O2 für Handyspiele
Ein O2-Kunde fiel aus allen Wolken, als er seine Handyrechnung bekam. Neben den monatlichen Grundgebühren fand er unter der Position „Zahlen per Handyrechnung“ einen Betrag von 442,14 Euro. Sein Sohn im Grundschulalter sollte für die Online-Spiele „Brawl Stars“ und „FIFA Fußball“ In-App-Käufe getätigt haben. Weder wusste der Vater von den Käufen, noch war er mit diesen einverstanden. Er legte Einspruch ein und bezahlte den geforderten Betrag nicht.
→ Deshalb solltest du einen Handyvertrag nie im Shop abschließen
Einige Zeit später erhielt der Mann ein Schreiben von der Hamburger Kanzlei KSP – im Auftrag von O2. Das Inkasso-Büro belehrte ihn, dass er als Anschlussinhaber und Vertragspartner von O2 für jede zurechenbare Nutzung seiner SIM-Karte hafte. Auf die Minderjährigkeit des tatsächlichen Nutzers käme es für die Haftung des Anschlussinhabers nicht an. Das Inkasso-Büro berief sich dabei auf § 45 i Abs. 4 des Telekommunikationsgesetzes, demzufolge eine Regelhaftung für den Inhaber eines Handyanschlusses bestünde. Um die Aussage zu untermauern, verwies die Kanzlei zudem auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2006.
Geldeintreiber von O2 bekommen Verbot
„Mit Gesetzestexten und Gerichtsurteilen versuchen die Inkasso-Anwälte von KSP, Verbraucher in die Irre zu führen“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Am Ende zahlen diese, obwohl sie nicht dazu verpflichtet sind.“ Doch laut Rehberg ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz in diesen Fällen weder eine Regelhaftung des Anschlussinhabers, noch hat der BGH diese in dem zitierten Urteil angenommen. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2017 in seiner Entscheidung hervorgehoben, dass die Vorschrift des Telekommunikationsgesetzes bei der Nutzung von über die Telefonrechnung abgerechneten Diensten nicht zum Tragen kommt.
→ Es ist nicht das Netz: Deshalb kündigen O2-Kunden wirklich
Der Verbraucherschutz zog mit dem Fall vor Gericht. Nun kam das Urteil. Das Landgericht Hamburg wertet die Aussagen der Kanzlei KSP als irreführend ein. Ab sofort muss die Kanzlei gegenüber Verbrauchern irreführende Äußerungen beim Verfolgen angeblicher Forderungen durch die Nutzung der Bezahlfunktion „Bezahlen per Handyrechnung“ unterlassen.
Einspruch einlegen, aber schnell
In-App-Käufe sind Käufe, die während eines Spiels auf dem Handy oder Tablet getätigt werden. Damit lassen sich Spielzeit erkaufen oder Extras einsetzen, die einen im Spiel weiterbringen. Die Kosten für die Zusatz-Funktionen addieren sich am Ende oft zu hohen Forderungen auf. Teilweise sollen Betroffene Hunderte oder sogar mehr als Tausend Euro über ihre Handyrechnung bezahlen – nicht nur bei O2. Nach Angaben der Verbraucherzentrale haben Eltern jedoch sehr gute Chancen, sich gegen die überhöhten Rechnungen zu wehren. „Wichtig ist allerdings, diese sofort schriftlich zu beanstanden“ rät Rehberg. Die Verbraucherzentrale stellt hierfür einen kostenlosen Musterbrief zur Verfügung.
→ Vodafone, Telekom und O2: So dreist werden Kunden in fast allen Shops abgezockt
Tipp für alle Eltern
Ein Tipp für alle Eltern, die ihr Handy ihren Kindern zum Spielen und Video gucken in die Hand geben: Bei Android und auch beim iPhone lassen sich in den App-Stores Sperren einbauen. Im Google Play Store lässt sich in den Einstellungen eine Authentifizierung einschalten. Nur per Passwort oder Fingerabdruck lassen sich anschließend Apps kaufen oder In-App-Käufe tätigen. Beim iPhone findet man die Einstellung im Menü unter „Face ID & Code“.