O2 wollte Kunden ausnehmen und schickte Inkasso-Büro: Doch damit hat man nicht gerechnet

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Stell dir vor, du bekommst deine Handyrechnung und sollst plötzlich über 500 Euro zahlen. Genau das ist einem O2-Kunden passiert. O2 schickte sogar ein Inkasso-Büro vor, das die Schulden mit illegalen Mitteln eintreiben sollte. Doch das wurde zum Bumerang.
O2 wollte Kunden ausnehmen und schickte Inkasso-Büro: Doch damit hat man nicht gerechnet
O2 wollte Kunden ausnehmen und schickte Inkasso-Büro: Doch damit hat man nicht gerechnetBildquelle: Richard M Lee / Shutterstock.com

Ob Handy-Abos, die man nie abgeschlossen hat oder plötzlich Post vom Inkasso-Büro, das im Auftrag eines Mobilfunkanbieters eine absurd hohe Forderung eintreiben will: Immer wieder geraten Kunden in Kostenfallen. So wie jetzt ein O2-Kunde, der eine Handyrechnung in Höhe von 515 Euro begleichen sollte. O2 schickte ein Inkasso-Büro vor, das die Schulden eintreiben sollte. Doch das Unternehmen wendete illegale Tricks an. Der Verbraucherschutz schaltete sich ein.

Rechnung von O2 für Handyspiele

Ein O2-Kunde fiel aus allen Wolken, als er seine Handyrechnung bekam. Neben den monatlichen Grundgebühren fand er unter der Position „Zahlen per Handyrechnung“ einen Betrag von 442,14 Euro. Sein Sohn im Grundschulalter sollte für die Online-Spiele „Brawl Stars“ und „FIFA Fußball“ In-App-Käufe getätigt haben. Weder wusste der Vater von den Käufen, noch war er mit diesen einverstanden. Er legte Einspruch ein und bezahlte den geforderten Betrag nicht.

Deshalb solltest du einen Handyvertrag nie im Shop abschließen

Einige Zeit später erhielt der Mann ein Schreiben von der Hamburger Kanzlei KSP – im Auftrag von O2. Das Inkasso-Büro belehrte ihn, dass er als Anschlussinhaber und Vertragspartner von O2 für jede zurechenbare Nutzung seiner SIM-Karte hafte. Auf die Minderjährigkeit des tatsächlichen Nutzers käme es für die Haftung des Anschlussinhabers nicht an. Das Inkasso-Büro berief sich dabei auf § 45 i Abs. 4 des Telekommunikationsgesetzes, demzufolge eine Regelhaftung für den Inhaber eines Handyanschlusses bestünde. Um die Aussage zu untermauern, verwies die Kanzlei zudem auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2006.

Geldeintreiber von O2 bekommen Verbot

„Mit Gesetzestexten und Gerichtsurteilen versuchen die Inkasso-Anwälte von KSP, Verbraucher in die Irre zu führen“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Am Ende zahlen diese, obwohl sie nicht dazu verpflichtet sind.“ Doch laut Rehberg ergibt sich aus dem Telekommunikationsgesetz in diesen Fällen weder eine Regelhaftung des Anschlussinhabers, noch hat der BGH diese in dem zitierten Urteil angenommen. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof im Jahr 2017 in seiner Entscheidung hervorgehoben, dass die Vorschrift des Telekommunikationsgesetzes bei der Nutzung von über die Telefonrechnung abgerechneten Diensten nicht zum Tragen kommt.

Es ist nicht das Netz: Deshalb kündigen O2-Kunden wirklich

Der Verbraucherschutz zog mit dem Fall vor Gericht. Nun kam das Urteil. Das Landgericht Hamburg wertet die Aussagen der Kanzlei KSP als irreführend ein. Ab sofort muss die Kanzlei gegenüber Verbrauchern irreführende Äußerungen beim Verfolgen angeblicher Forderungen durch die Nutzung der Bezahlfunktion „Bezahlen per Handyrechnung“ unterlassen.

Einspruch einlegen, aber schnell

In-App-Käufe sind Käufe, die während eines Spiels auf dem Handy oder Tablet getätigt werden. Damit lassen sich Spielzeit erkaufen oder Extras einsetzen, die einen im Spiel weiterbringen. Die Kosten für die Zusatz-Funktionen addieren sich am Ende oft zu hohen Forderungen auf. Teilweise sollen Betroffene Hunderte oder sogar mehr als Tausend Euro über ihre Handyrechnung bezahlen – nicht nur bei O2. Nach Angaben der Verbraucherzentrale haben Eltern jedoch sehr gute Chancen, sich gegen die überhöhten Rechnungen zu wehren. „Wichtig ist allerdings, diese sofort schriftlich zu beanstanden“ rät Rehberg. Die Verbraucherzentrale stellt hierfür einen kostenlosen Musterbrief zur Verfügung.

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Tipp für alle Eltern

Ein Tipp für alle Eltern, die ihr Handy ihren Kindern zum Spielen und Video gucken in die Hand geben: Bei Android und auch beim iPhone lassen sich in den App-Stores Sperren einbauen. Im Google Play Store lässt sich in den Einstellungen eine Authentifizierung einschalten. Nur per Passwort oder Fingerabdruck lassen sich anschließend Apps kaufen oder In-App-Käufe tätigen. Beim iPhone findet man die Einstellung im Menü unter „Face ID & Code“.

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10 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Marcus

    Auch bei O2 gibt es die Möglichkeit, direkt im O2 Account für den Vertrag, Drittanbieterleistungen zu sperren.Damit packt man das Übel an der Quelle.

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  2. Nutzerbild M8

    Der Kommentar mit dem Passwortschutz funktioniert nur wenn das kind das Smartphone der Eltern verwendet.
    Im hiesigen Fall hätte nur eine Deaktivierung der Zahlungsmöglichkeit über die Telefonrechnumg vorbeugend gewirkt, da das kind das eigene Smartphone verwendet hat.

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  3. Nutzerbild Tanja

    Was ein unsäglicher Bericht… Wieder mal… Aus Erfahrung kann man die Kosten bei Google zurück fordern, wenn die Kids was gekauft haben. Da sehe ich mich als Elternteil in der Pflicht, das ganze mit einem Passwort zu schützen oder diese Käufe in dem. Emin o2 account zu sperren. Man bekommt für jeden Kauf ne Email von Google. Selbst Schild wenn man das nicht im Griff hat.

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  4. Nutzerbild Tommy

    Hier sollte schleunigst rechtlich nachgebessert werden – und zwar zugunsten der Mobilfunkanbieter… Was ist das denn für ein fauler Zauber, wenn jeder der so blöd ist und unmengen an echtem Geld in Spielen zu versenken, weil man sich da irgwas davon verspricht und man dann bei ausbleibendem Erfolg oder der Erkenntnis das das Schwachsinn war plötzlich damit kommt, dass das vom Kind gemacht wurde und man damit gar nicht einverstanden war… Und auch wenn die Begründung der Inkassobüros laut Verbraucherzentral nicht das geltende Recht widerspiegelt, sollte das genau so der Fall sein – wer einen Vertrag erwirbt, ist Volljährig und wohl mündig, wenn man dann irgendwelchen Kindern das gerät unbekümmert gibt, damm muss man als Kunde dafür gerade stehe… Wenn sowas Schule macht, zahlt das letztlich jeder einzelne Kunde mit…

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    • Nutzerbild Johannes

      Exakt!

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  5. Nutzerbild Frei

    Zu C-Netz Zeiten bei D! oder D2 war das normal. (o2 gab es damals noch nicht)
    Grundgebühr pro Monat 83,60 DN (ca. 41,80 €)
    Und pro Minute D- Telefonat 3,63 DM (ca. 1,81 €)
    Da war der Rechnungsbetrag oft über 1000 DM (ca. 500 €) im Monat.
    Und damals war das Geld noch viel mehr Wert! Heute ist es durch Verschwendungspolitik und durch Inflation mindestens halbiert.

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    • Nutzerbild Frei

      PS: Inflation durch Verschwendung von Hunderten Milliarden €, u.a. für Zahlungen an Fremde (aller Art) und für Sanktionen die USA- interessen dienen.
      Mit DM und ohne EU würde es den deutschen Menschen wesentlich besser gehen!

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  6. Nutzerbild Alles Betrúger

    Alles Betrúger !

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  7. Nutzerbild Rolla

    Danke Frei. einer der das politische System verstanden hat!
    Mit dem Euro hat man uns deutlich verarscht. Hauptsache die reichen werden reicher, was kümmert es denen was Otto normal Bürger durch macht.
    Die Welt lässt sich an der Nase führen durch die USA aber keiner will es sehen. Nur traurig

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    • Nutzerbild Alex7367

      Na Hauptsache du hast den Durchblick! 😉

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