Auch wenn heute die meisten Haushalte mit VDSL und damit mit 50 bis 250 Mbit/s auskommen, wächst der Bandbreitenbedarf stetig. Glasfaser ist die einzige Technologie, die langfristig mithalten kann. Studienautor Böcker ist sich sicher: Wenn die Netze nicht heute schon ausgebaut werden, hat Deutschland in einigen Jahren ein Problem. Das jährliche Wachstum im Festnetz liegt bei 13 Prozent. Vergangenes Jahr seien im Schnitt pro Anschluss 372 GB je Monat übertragen worden. 2030 werden es 740 GB sein, so die Studie. Mit dem Datenvolumen steigen auch die Anforderungen an die Geschwindigkeit, sodass DSL nicht mehr ausreichend sein wird.
Mehr als die Hälfte der Haushalte hat Glasfaser in der Nähe
Die aktuelle BREKO-Analyse zeigt aber, dass der Glasfaserausbau in Deutschland weiter an Fahrt aufnimmt. Ende Juni 2025 führte bereits an 52,8 Prozent aller Haushalte, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen eine Glasfaserleitung entlang. Die Betonung liegt hier aber auf „entlang“. Dann ist die Leitung für die Kunden zwar theoretisch buchbar, verlegt ist sie aber noch lange nicht. Dennoch: Das entspricht 24,3 Millionen sogenannten „Homes Passed“ – ein Plus von 9,6 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr. Das einst ausgegebene politische Ziel von 50 Prozent Homes Passed für 2025 ist damit erreicht. Die Regierung Merz will von diesem Ziel und dem Ziel der Vollversorgung für 2030 aber nichts mehr wissen. Das Ziel wurde aufgegeben, wird aber nach allen Prognosen ohnehin nicht erreicht werden. Dazu später mehr.
Direkt ans Netz angeschlossen („Homes Connected“) sind inzwischen 27,3 Prozent, also 12,55 Millionen Einheiten – ebenfalls ein deutlicher Zuwachs um 4,5 Prozentpunkte. Nur diese Anschlüsse lassen sich binnen weniger Tage schalten. Bei ihnen ist das Glasfaser schon ins Haus und bestenfalls auch in die Wohnung verlegt.
Und immer mehr Kunden nutzen ihren Anschluss auch: Die Zahl der aktiven Glasfaseranschlüsse („Homes Activated“) stieg um 1,4 Millionen auf 6,6 Millionen, was einer Take-up-Rate von 27 Prozent entspricht.
Telekom kann nur 15 Prozent der Anschlüsse vermarkten
Auffällig ist, wer den Ausbau vorantreibt. Wettbewerber der Deutschen Telekom verantworten der Studie nach 59 Prozent der Homes-Passed-, 70 Prozent der Homes-Connected- und sogar 74 Prozent der Homes-Activated-Anschlüsse. Die Telekom kommt hier nur auf 41, 30 und 26 Prozent. Außerdem fällt die Nutzung bei Wettbewerbern deutlich höher aus: Ihre Take-up-Rate liegt laut BREKO bei rund 34 Prozent, während die Telekom nur etwa 15 Prozent erreicht. „Der Wettbewerb steht zu seinen Investitionszusagen“, betont BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers. Er verweist darauf, dass die Wettbewerber flächendeckender ausbauen und dabei oft den Fokus auf echte Anschlüsse statt nur auf vorbeiführende Leitungen legen.
Erste Kunden tauschen Kabel gegen Glasfaser
Der Trend zeigt klar, wohin die Reise geht. Klassische Festnetztechnologien verlieren Nutzer: DSL-Anschlüsse gingen im vergangenen Jahr um rund 900.000 zurück und liegen nun bei 4 Millionen. Kabelinternet schrumpfte um 100.000 auf 8,6 Millionen. Gewinner sind Glasfaseranschlüsse (FTTB/H), die um 1,3 Millionen zulegten und inzwischen 5,9 Millionen Kunden erreichen. Auch VDSL konnte leicht zulegen, bleibt aber mit 20,5 Millionen Anschlüssen eine Übergangstechnologie. Diese Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2024. Die eingangs genannten, aktuelleren Zahlen zeigen, dass Glasfaser inzwischen noch mehr auf dem Vormarsch ist.
Warum also Glasfaser, wenn viele heute noch zufrieden mit VDSL oder Kabel sind? Der Bedarf wächst stetig – nicht nur durch Streaming in 4K oder Online-Gaming, sondern vor allem durch Homeoffice, Cloud-Dienste und die zunehmende Vernetzung von Haushalten. Laut Böcker darf der Netzausbau nicht erst dann reagieren, wenn bestehende Leitungen an ihre Grenzen stoßen. „Wir können nicht warten, bis es ruckelt“ ist deshalb nicht nur eine Metapher, sondern eine klare Handlungsanweisung: Glasfaser muss flächendeckend verfügbar sein, bevor die Nachfrage explodiert. Ähnlich äußerte sich vor einigen Monaten auch schon der Geschäftsführer der Kölner NetCologne, der die Kupfernetze von heute als die maroden Brücken von morgen bezeichnete.
5G ist keine Alternative zu Glasfaser
Die BREKO-Prognose geht davon aus, dass bis Ende 2030 zwischen 82 und 92 Prozent aller Haushalte per Homes Passed erreichbar sein werden. Tatsächlich angeschlossene Gebäude (Homes Connected) sollen dann bei 54 bis 64 Prozent liegen. Das Ziel einer vollständigen Glasfaserversorgung, das die Bundesregierung früher ausgerufen hatte, ist zwar offiziell gestrichen – am Nutzen der Technologie ändert das aber nichts. Wer schon heute die Chance auf einen Glasfaseranschluss hat, investiert nicht nur in aktuelle Geschwindigkeit, sondern vor allem in ein stabiles Netz für die nächsten Jahrzehnte.
5G sei übrigens keine Alternative zu Glasfaser – und auch keine Konkurrenz. Im Gegenteil: Nur ein einstelliger Prozentsatz in Deutschland kommt heute ohne festnetzbasiertes Internet aus, so der BREKO. Dieser Wert sei seit Jahren stabil. Gleichzeitig sorgt der BREKO für ein gutes 5G-Netz. Denn dieses kommt auch nicht ohne Glasfaserleitungen aus. Während die Deutsche Telekom die meisten ihrer Sender über ihr eigenes Netz anschließt, sind Vodafone und Telefónica auch auf andere Anbieter angewiesen. Von knapp 56.500 5G-Stationen in Deutschland haben die Mitgliedsunternehmen des BREKO etwa 10.000 Stationen mit Glasfaser versorgt. Die Mobilfunker sind also gute Kunden der lokalen Glasfaseranbieter.
