Große Aufregung um den ID.4 (Test), eines der wichtigsten Elektro-SUVs von Volkswagen. Doch dieses Mal geht es nicht um Reichweite, Ladezeiten oder Softwareprobleme, sondern um etwas, das eigentlich ziemlich unscheinbar wirkt: die Lenkrad-Touchfelder. Genau diese sollen bei einigen Fahrern dafür gesorgt haben, dass der ID.4 plötzlich beschleunigt – und zwar ohne Vorwarnung. Das Problem: Du fährst ganz entspannt in Deine Garage oder in eine Parklücke, berührst versehentlich diese sensiblen Touchflächen – und plötzlich gibt der Wagen Gas, weil der Tempomat wieder aktiviert wird. Genau so beschreiben es mehrere ID.4-Besitzer, die VW jetzt verklagen.
Sammelklage gegen Volkswagen
Im Juni 2025 haben zwei ID.4-Fahrer eine Sammelklage in New Jersey eingereicht. Ihr Vorwurf: VW habe von den Problemen mit den Lenkrad-Touchfeldern gewusst, aber nichts dagegen unternommen. Einer der Kläger erzählt, dass sein Wagen beim Einfahren in die Garage plötzlich stark beschleunigte und das Garagentor samt Frontpartie des Autos beschädigte. Ein anderes Mal sei ein ID.4 wegen der ungewollten Betätigung der Touch-Flächen gegen einen Baum gefahren. Die Folge waren 14.000 Dollar Reparaturkosten, zusätzlich Mietwagengebühren von über 700 Dollar und sogar Arztrechnungen, weil sich das Opfer an der Hand verletzt hatte.
VW wollte mit den kapazitiven Touchfeldern eigentlich einen modernen Look schaffen. Keine sperrigen Knöpfe mehr, sondern glatte Flächen, die schon auf die kleinste Berührung reagieren. Klingt erst mal cool. Das Problem: Genau diese Empfindlichkeit macht die Sache gefährlich. Die Kläger berichten, dass der adaptive Tempomat (Adaptive Cruise Control / ACC) schon durch eine minimale Berührung wieder aktiviert wurde – und zwar auch dann, wenn das gar nicht geplant war. Besonders beim Rangieren oder Einparken kann das fatale Folgen haben. Die US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA untersucht das Thema bereits seit 2024. Sie hat mehrere ähnliche Vorfälle dokumentiert. Trotzdem gibt es bis heute keinen offiziellen Rückruf.
VW zieht die Reißleine
Du hast es vielleicht schon mitbekommen: VW ist von der Touch-Idee inzwischen abgerückt. Mit dem Golf-Facelift aus dem Jahr 2024 kehrten wieder klassische Tasten zurück ins Lenkrad. Offenbar haben die Beschwerden von Fahrern Wirkung gezeigt. Auch bei neuen Modellen will VW wieder stärker auf physische Knöpfe setzen – einfach, weil sie zuverlässiger sind und weniger Frust verursachen. Das zeigt, dass nicht jede „smarte“ Lösung auch wirklich clever ist. Manchmal ist ein simpler Knopf einfach die bessere Wahl.
Was bedeutet das für Dich als Fahrer?
Wenn Du selbst einen ID.4 oder ein anderes Auto mit Touch-Flächen am Lenkrad fährst, musst Du jetzt nicht sofort in Panik geraten. Es gibt aktuell keinen Rückruf. Weder in den USA noch in Europa. Aber die Klage zeigt deutlich, dass die Touchfelder ein echtes Risiko sein können. Vielleicht ist es Dir selbst schon aufgefallen, dass die Bedienung nicht immer so intuitiv ist, wie VW es versprochen hat. Auch wir bei inside digital haben die Touch-Flächen am Lenkrad im Rahmen unserer Tests immer wieder kritisiert. Sei es im ID.7 (Test), im Cupra Tavasvan (Test) oder auch im Audi Q4 e-tron (Test). Für Dich heißt das vor allem: Sei vorsichtig beim Umgang mit dem Tempomaten, vorrangig in Situationen, in denen Du langsam fährst – zum Beispiel in der Einfahrt, in Parkhäusern oder beim Rangieren.
Innovation vs. Sicherheit
Die aktuelle Debatte macht deutlich, wie schmal der Grat zwischen Innovation und Sicherheit im Auto ist. Natürlich wollen Hersteller wie VW ihre Fahrzeuge moderner, digitaler und futuristischer wirken lassen. Aber wenn dadurch die Sicherheit leidet, geht der Schuss nach hinten los. Vielleicht hast Du selbst schon mal erlebt, dass Touch-Bedienung im Auto nicht immer so praktisch ist, wie man es sich vorstellt. Ob Klimabedienung über Slider, Menüführung über Touchscreens oder eben diese Lenkradfelder – oft ist es im Alltag einfach komplizierter als nötig. „Back to the basics“ („Zurück zu den Grundlagen“) möchte man den Pkw-Herstellern zurufen.