Die Elektromobilität in Deutschland steht aktuell im Spannungsfeld zwischen offiziellen Erfolgszahlen und einer eher ernüchternden Realität im Autohandel. Laut den neuesten Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) steigen die Neuzulassungen batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) seit Monaten kontinuierlich an. Doch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) schlägt Alarm: Hinter dem scheinbaren Boom bei E-Autos steckt weniger echte Kundennachfrage, sondern vor allem ein massiver Anstieg an Eigenzulassungen durch Hersteller und Händler.
In seiner aktuellen Halbjahresumfrage macht der ZDK deutlich, dass viele Autohäuser die Geschäftslage viel kritischer einschätzen, als es die aktuellen Zahlen des KBA vermuten lassen. Die Lage beim Absatz von E-Autos sei angespannt, die Auftragsbücher vieler Betriebe sogar leerer als gewohnt. Der Verband warnt deshalb: Die Zulassungsstatistik zeichnet ein verzerrtes Bild des Marktes.
Eigenzulassungen verzerren das Bild
Besonders deutlich wird das bei den Eigenzulassungen: Im ersten Halbjahr 2025 haben sich diese im Vergleich zu 2023 mehr als verdoppelt. 65.401 BEV wurden nicht von privaten oder gewerblichen Endkunden gekauft, sondern direkt von Herstellern oder Händlern zugelassen. Gleichzeitig ging die Zahl privater BEV-Neuzulassungen um 9 Prozent auf 82.294 Fahrzeuge zurück. Damit machen Scheinverkäufe einen immer größeren Anteil am Markt aus.
Die Gründe dafür liegen auf der Hand:
- Hersteller wollen ihre CO₂-Flottengrenzwerte einhalten und teure Strafzahlungen an die EU vermeiden.
- Mit Eigenzulassungen lassen sich Absatzstatistiken künstlich verbessern.
- Händler nutzen diese Fahrzeuge oft für kurzfristige Rabattaktionen, um Käufer mit vermeintlich neuen, aber bereits zugelassenen Autos zu locken.

Während die Statistik also Wachstum suggeriert, sieht es bei der echten Nachfrage anders aus. Privatkunden halten sich zurück – unter anderem wegen hoher Preise, teils unklarer Förderperspektiven und anhaltender Ladeinfrastruktur-Diskussionen. Auch im gewerblichen Bereich ist die Kaufzurückhaltung deutlich spürbar. Flottenkunden bestellen weniger Fahrzeuge, sodass die Lücke zunehmend über Eigenzulassungen kaschiert wird.
Marktforscher bestätigen: Fast 30 Prozent Eigenzulassungen bei E-Autos
Analysen unabhängiger Marktbeobachter wie Dataforce untermauern die Kritik des ZDK. Demnach liegt der Anteil der Eigenzulassungen bei E-Autos bereits bei bis zu 27 Prozent aller Neuzulassungen. Mit anderen Worten: Fast jedes dritte Elektroauto, das offiziell neu zugelassen wird, landet nicht sofort bei einem Endkunden.
Die wachsende Zahl an BEV-Neuzulassungen täuscht über die Realität im Handel hinweg.
ZDK-Präsident Thomas Peckruhn
Konsequenzen für den Markt
Der ZDK warnt vor einer drohenden Absatzkrise. Händler und Autohäuser spüren die Zurückhaltung schon jetzt in sinkenden Margen und fehlenden Aufträgen. Zwar sehen die offiziellen Zulassungszahlen nach Wachstum aus, in Wahrheit fehlt es jedoch an einer stabilen Nachfragebasis.
Um den Markt nachhaltig in Schwung zu bringen, fordert der Verband jetzt gezielte Impulse – insbesondere für Privatkunden. Steuerliche Effekte allein reichen nicht, vielmehr müsse die Politik für verlässliche Förderprogramme und Rahmenbedingungen sorgen, damit der Umstieg auf Elektromobilität nicht noch stärker ins Stocken gerät.

Was nach einem E-Auto-Boom aussieht, ist zu großen Teilen ein statistischer Effekt. Eigenzulassungen lassen die Zahlen glänzen, doch der Handel kämpft mit Flaute und zurückhaltenden Kunden. Ob sich die Elektromobilität tatsächlich durchsetzt, hängt weniger von Bilanztricks als von echten Kaufanreizen und Vertrauen in Infrastruktur und Förderpolitik ab.