Bahn streicht Familienreservierung: "Eine Frechheit"

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Die Deutsche Bahn schafft die beliebte Familienreservierung im Fernverkehr ab. Das sorgt für erhebliche Kritik von Fahrgastverbänden und der Politik. Schließlich müssen Familien künftig deutlich mehr zahlen, wenn sie bequem mit der Bahn fahren wollen.
Zug an einem Bahnhof
Kritik an Abschaffung der FamilienreservierungBildquelle: KarinKarin / Pixabay

Am vergangenen Sonntag berichtete inside digital als eines der ersten Medien in Deutschland über eine gravierende Änderung bei der Deutschen Bahn. Ab kommendem Sonntag, zum kleinen Fahrplanwechsel, schafft die Deutsche Bahn die Familienreservierung ersatzlos ab. Sie ermöglichte bis zu fünf gemeinsam reisenden Personen pauschal für 10,40 Euro Sitzplätze im Fernverkehr zu reservieren. Künftig müssen alle Mitreisenden einzeln zahlen. Dabei erhöht die Deutsche Bahn sogar parallel noch die Kosten für eine einzelne Reservierung. Für eine vierköpfige Familie bedeutet das: Sie zahlt fortan 22 Euro statt zuvor 10,40 Euro – mehr als eine Verdopplung. Und das nur für die Sitzplätze.

Die Bahn verweist zur Begründung auf die kostenlose Mitnahme von Kindern bis einschließlich 14 Jahren in Begleitung eines Erwachsenen. Für viele Familien ändere sich durch die neue Regel kaum etwas, sagte ein Sprecher der Bahn laut Medienberichten. „Die Familienreservierung wird zu einem großen Teil von Reisendenkonstellationen bestehend aus einem Erwachsenen mit einem Kind gebucht.“ Erst ab drei Personen sei der alte Preis überhaupt günstiger gewesen. Laut Bahn nutzten im vergangenen Jahr rund fünf Prozent aller Fernreisenden die vergünstigte Familienoption. Das wären bei 133,4 Millionen Fahrgästen immerhin etwa 6,7 Millionen Menschen gewesen.

Fahrgastverbände kritisieren Bahn scharf

Beim Fahrgastverband Pro Bahn stößt die Maßnahme auf Unverständnis. „Die Reise im Zug ist Familienzeit, die der Nachwuchs schätzt“, betont Tarifexperte Jörg Bruchertseifer. Er fordert: „Bei gleichzeitiger Buchung eines digitalen Tickets mit für die Reise eingetragenen Kindern sollte die Reservierung nicht teurer werden.“ Die technische Umsetzung sei heute problemlos möglich – allein der Wille fehle. Für Familien, die bewusst auf das Auto verzichten wollen, spiele der Preis eine zentrale Rolle, so Bruchertseifer weiter. Auch Pro-Bahn-Vorsitzender Detlef Neuß kritisierte im Gespräch mit der Rheinischen Post: „Für Familien wird es doppelt so teuer. Das geht nicht, das ist schlecht.“

Auch der Verkehrsclub Deutschland (VCD) reagiert mit deutlicher Kritik. Die Bundesvorsitzende Kerstin Haarmann nennt die Streichung „eine erneute Preiserhöhung“ und rät der Bahn, statt auf kurzfristige Rabattaktionen lieber auf ein insgesamt erschwingliches Angebot zu setzen. Familien mit Kindern seien auf planbare Sitzplätze angewiesen. Der VCD fordert daher eine politische Richtungsentscheidung: Der Bund müsse als Eigentümer der Deutschen Bahn künftig sicherstellen, dass Familienfreundlichkeit ein strategisches Ziel bleibt.

Politik fordert Umdenken

Neben den Verbänden melden sich auch politische Stimmen zu Wort. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christoph Ploß, sagte gegenüber der Rheinischen Post: „Die Bahn sollte ihr Vorgehen überdenken. Klar ist: Dabei dürfen Familien nicht über Gebühr belastet werden.“ Auch von den Grünen kommt scharfe Kritik: Verkehrsexperte Matthias Gastel spricht von einer „Frechheit angesichts der gebotenen Leistungen von DB Fernverkehr“. Die Bahn belaste ihre Kunden mehrfach – mit schlechter Pünktlichkeit, steigenden Ticketpreisen und nun auch verschlechterten Reservierungsbedingungen.

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