EEG läuft aus – und dann? Experte erklärt, welche Optionen PV-Besitzer jetzt haben

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Was passiert mit einer Photovoltaik-Anlage, wenn die EEG-Förderung endet? Viele Betreiber stehen vor genau dieser Frage. Enerix-Mitgründer Peter Knuth ordnet ein, welche Überlegungen jetzt wichtig sind – und warum vorschnelle Entscheidungen selten die beste Lösung sind.
EEG läuft aus – und dann? Experte erklärt, welche Optionen PV-Besitzer jetzt haben
EEG läuft aus – und dann? Experte erklärt, welche Optionen PV-Besitzer jetzt habenBildquelle: KI-generiert

Nach 20 Jahren endet für viele Photovoltaik-Anlagen die EEG-Förderung – ein Moment, der bei zahlreichen Anlagenbesitzern für Unsicherheit sorgt. Muss die Anlage vom Dach, lohnt sich ein Umbau oder ist ein Weiterbetrieb weiterhin sinnvoll? Im Gespräch erklärt Peter Knuth, Mitgründer und Geschäftsführer von Enerix, warum jetzt vor allem eines gefragt ist: ein kühler Kopf. Er zeigt auf, welche Optionen Betreiber haben, wie sich Wirtschaftlichkeit realistisch einschätzen lässt und warum das Ende der Einspeisevergütung längst nicht das Ende der eigenen Solaranlage bedeuten muss.

Die gute Nachricht zuerst: Wenn die EEG-Vergütung ausläuft, entsteht kein akuter Handlungsdruck. „Viele Anlagen produzieren auch nach 20 Jahren noch zuverlässig Strom“, betont Peter Knuth. Entscheidend sei vielmehr, die eigene Situation nüchtern zu analysieren. Ob Weiterbetrieb über die Auffangregelung, Umstellung auf Eigenverbrauch, Direktvermarktung oder sogar ein Repowering – für nahezu jede Anlage gebe es sinnvolle Anschlusslösungen. Wer jetzt prüft, welche Option technisch und wirtschaftlich passt, kann den Solarstrom vom eigenen Dach auch künftig effektiv nutzen.

Photovoltaik nach 20 Jahren: Was können Anlagenbesitzer tun, wenn die EEG-Vergütung endet?

In den kommenden Jahren fallen viele der ersten Photovoltaik-Anlagen aus der ursprünglichen EEG-Förderung. Bei PV-Anlagen beginnt die Einspeisevergütung ab Inbetriebnahme und endet dann nach 20 Jahren. Die Anlage selbst liefert aber oft noch zuverlässig Strom. Viele Betreiber stehen dann vor der Frage: Weitermachen, umbauen oder erneuern? Die gute Nachricht: Es gibt mehrere Optionen, und akuter Handlungsdruck besteht in der Regel nicht. Für Ü20-Anlagen mit bis zu 100 kWp greift eine Auffangregelung. Sie können weiterhin einspeisen und erhalten eine Vergütung auf Basis des sogenannten Jahresmarktwerts Solar. Gleichzeitig sollte in den meisten Fällen geprüft werden, ob die Anlage nach zwei Jahrzehnten Betrieb überhaupt noch die Leistung bringt, die für einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb benötigt wird.

Nach Ende der Einspeisevergütung - diese vier Optionen stehen zur Verfügung
Nach Ende der Einspeisevergütung – diese vier Optionen stehen zur Verfügung

Option 1: Solarstrom weiter ins Netz einspeisen (Auffangregelung)

Der einfachste und auf den ersten Blick bequemste Weg ist es, alles beim Alten zu lassen und den Solarstrom weiterhin vollständig in das Stromnetz einzuspeisen. Für diesen Fall wurde die sogenannte Auffangregelung geschaffen. Sie gilt für Anlagen mit einer Leistung von bis zu 100 kWp und greift automatisch, wenn der Betreiber keine andere Entscheidung trifft. Die Anlage wird also nicht abgeschaltet, sondern läuft weiter wie bisher. Der Unterschied zur ursprünglichen EEG-Förderung: Eine feste, über 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung gibt es nicht mehr.

Stattdessen wird der Strom auf Basis des sogenannten „Jahresmarktwerts Solar“ vergütet. Dieser lag 2024 bei nur wenigen Cent pro Kilowattstunde, von denen zusätzlich noch eine Vermarktungspauschale abgezogen wird. Viel bleibt damit nicht mehr übrig – vor allem im Vergleich zu den hohen Vergütungssätzen der frühen 2000er-Jahre. Die Auffangregelung eignet sich daher vor allem als Zwischenlösung. Sie sorgt dafür, dass die Anlage nicht von heute auf morgen stillsteht, verschafft Zeit und sichert zumindest einen kleinen Erlös, während in Ruhe über die weiteren Schritte entschiedenwerden kann.

Option 2: Solarstrom selbst verbrauchen (Eigenverbrauch)

Deutlich attraktiver wird es für viele Anlagenbesitzer, wenn sie den Solarstrom künftig selbst verbrauchen, statt ihn vollständig ins Netz zu schicken. In den Anfangsjahren der Photovoltaik war der Eigenverbrauch meist kein Thema, doch heute gilt er als wirtschaftlicher Standard. Jede selbst genutzte Kilowattstunde ersetzt teuren Netzstrom, der im Haushalt eingekauft werden müsste. Für ältere Volleinspeise-Anlagen bedeutet der Umstieg meist eine Umstellung: Zählerkonzept und Anschluss müssen angepasst werden, mitunter ist ein anderer Wechselrichter sinnvoll.

Häufig bietet sich in diesem Zuge auch die Nachrüstung eines Stromspeichers an. Er sorgt dafür, dass der tagsüber erzeugte Solarstrom auch in den Abendstunden zur Verfügung steht und der Eigenverbrauchsanteil deutlich steigt. Diese einmaligen Investitionen machen sich in vielen Fällen bezahlt. Denn während die Vergütung für eingespeisten Strom nach dem EEG-Ende nur noch im niedrigen Cent Bereich liegt, bewegt sich der Haushaltsstrompreis ein Vielfaches darüber. Wer seinen Solarstrom selbst nutzt, kann die jährliche Stromrechnung spürbar senken und macht sich langfristig unabhängiger von Preissteigerungen am Energiemarkt. Besonders interessant ist dieses Modell für Haushalte mit höherem Verbrauch, beispielsweise durch Wärmepumpe oder Elektroauto.

Option 3: Direktvermarktung des Solarstroms

Vor allem bei größeren Dachanlagen kann sich ein Blick auf die Direktvermarktung lohnen. Hier wird der Solarstrom nicht mehr automatisch vom Netzbetreiber abgenommen, sondern über einen Direktvermarkter an der Strombörse verkauft. In der Praxis läuft das so: Der Anlagenbetreiber schließt einen Vertrag mit einem Direktvermarkter, der die erzeugten Strommengen bündelt und an der Börse anbietet. Technisch erforderlich ist dafür in der Regel ein intelligentes Messsystem (Smart Meter). Häufig ergänzt durch ein Energiemanagementsystem und gegebenenfalls einen Speicher.

Ziel ist es, Strom möglichst dann zu verkaufen, wenn die Börsenpreise hoch sind und bei niedrigen Preisen eher weniger einzuspeisen oder sogar günstig Strom aus dem Netz zu beziehen, wenn ein Speicher vorhanden ist. Die potenziellen Erlöse können bei diesem Modell höher ausfallen als in der simplen Auffangregelung. Gleichzeitig steigt aber auch der organisatorische und technische Aufwand. Direktvermarktung ist daher eher ein Modell für Betreiber größerer Anlagen, die bereit sind, sich intensiver mit Vermarktungsverträgen, Preisentwicklungen und Messkonzepten zu beschäftigen.

Option 4: Repowering oder Abbau der alten Anlage

Neben allen Weiterbetriebsoptionen gibt es noch eine vierte Möglichkeit: den Austausch der alten Anlage. Auch wenn viele Module nach 20 Jahren noch 80 bis 90 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung erreichen, kann ein sogenanntes Repowering wirtschaftlich interessant sein. Dabei werden die alten Module demontiert und durch moderne, leistungsstärkere ersetzt. Der große Vorteil: Mit der neuen Anlage beginnt eine neue Förderperiode. Durch die Neuauflage des EEG 2023 gibt es erneut eine feste Einspeisevergütung über 20 Jahre, die – je nach Anlagengröße und Inbetriebnahmezeitpunkt – deutlich über den heutigen Marktwerten für Ü20-Strom liegt.

Gleichzeitig sind die Kosten pro installiertem Kilowattpeak im Vergleich zu den 2000er-Jahren spürbar gesunken. Wer zusätzlich Eigenverbrauch und Speicher von Anfang an mitplant, kann die Wirtschaftlichkeit weiter verbessern. Ab 2026 wird das EEG allerdings erneut angepasst. Nach aktuellem Stand ist davon auszugehen, dass die klassische feste Einspeisevergütung zum 01.01.2027 ausläuft. An ihrer Stelle folgen Differenzverträge, deren konkrete Ausgestaltung noch nicht feststeht. Der vollständige Abbau einer noch leistungsfähigen Anlage ohne Neuinstallation ist dagegen eher die Ausnahme. Sinnvoll ist er vor allem dann, wenn das Dach grundlegend saniert werden muss oder die Anlage in einem so schlechten Zustand ist, dass Reparaturen nicht mehr wirtschaftlich erscheinen.

Repowering oder Eigenverbrauch ist die entscheidende Frage

In allen anderen Fällen sollte vor einem Abbau gründlich geprüft werden, ob nicht ein Repowering oder die Umrüstung auf Eigenverbrauch die bessere Option ist. Wenn die Module noch funktionsfähig sind, kann es im ersten Schritt sinnvoll sein, nur Wechselrichter und Speicher zu erneuern. In vielen Fällen kann sich aber auch ein vollständiger Austausch der Anlage finanziell lohnen, weil heutige Module deutlich leistungsstärker sind als vor 20 Jahren.

Eine typische Anlage auf derselben Dachfläche, die früher etwa 5,75 kWp leistete, kommt heute auf rund 11,25 kWp. Dafür sind allerdings nicht nur neue Module, sondern in der Regel auch eine neue Unterkonstruktion erforderlich. Hinzu kommen die Entsorgungskosten für die alten Solarmodule, die je nach Umfang bei etwa 1.000 bis 2.000 Euro liegen. Die Gesamtkosten für eine neue PV-Anlage mit rund 10 kWp inklusive Speicher bewegen sich meist im Bereich von 17.500 bis 25.000 Euro, sodass Abbau und Neuinstallation insgesamt bei etwa 18.500 bis 27.000 Euro liegen können. Ob sich dieser Schritt lohnt, hängt von der jeweiligen Situation ab und sollte immer auf Basis einer individuellen Wirtschaftlichkeitsberechnung und im Vergleich zu den Alternativen geprüft werden.

Peter Knuth von Enerix
Peter Knuth gibt Tipps für PV-Anlagen nach Auslauf der Einspeisevergütung

Schritt-für-Schritt: So finden Betreiber die passende Lösung

Bevor sich Betreiber für einen Weg entscheiden, sollten sie einige grundlegende Schritte gehen:

  • Anlage prüfen lassen: Zunächst sollte ein Fachbetrieb den technischen Zustand der Anlage bewerten: Sicherheit, Ertrag, Verschleißteile. Eine umfassende Prüfung kostet typischerweise zwischen 250 und 300 Euro – liefert aber die Basis für jede weitere Entscheidung.
  • Wirtschaftlichkeit vergleichen: Im zweiten Schritt wird durchgerechnet, was sich mehr lohnt: weiter einspeisen oder auf Eigenverbrauch umstellen. Grundlage sind aktuelle Strompreise, der eigene Jahresverbrauch und die zu erwartenden Einspeiseerlöse.
  • Angebote einholen: Parallel dazu lohnt es sich, Ü20-Tarife und Weiterbetriebsmodelle von Netzbetreibern, Stadtwerken und überregionalen Anbietern anzufragen – inklusive eventueller Direktvermarktungsangebote bei größeren Anlagen.
  • Szenarien gegenüberstellen: Für jede Option – Auffangregelung, Eigenverbrauch, Direktvermarktung, Repowering – sollten Investitionen, laufende Kosten, Erträge und Einsparungen miteinander verglichen werden. So wird schnell sichtbar, welches Modell langfristig am besten passt.
  • Fristen und Meldepflichten klären: Zum Schluss sollten Betreiber prüfen, welche Meldungen im Marktstammdatenregister, gegenüber Netzbetreiber oder Finanzamt erforderlich sind und welche Fristen dabei gelten, damit der Übergang reibungslos funktioniert.

Fazit: Ruhe bewahren – aber Optionen aktiv prüfen

Auch wenn das Ende der EEG-Vergütung wie ein Einschnitt wirkt: Betreiber alter PV-Anlagen müssen diese nicht überstürzt vom Dach holen. Selbst wenn Sie zunächst nichts unternehmen, profitieren Sie weiterhin von der Auffangregelung des EEG 2023 und erhalten eine – wenn auch geringere – Vergütung über den Netzbetreiber. Trotzdem lohnt es sich, die eigenen Optionen aktiv zu prüfen. Ob Weiterbetrieb mit Einspeisung, Umstieg auf Eigenverbrauch, Einstieg in die Direktvermarktung oder der Austausch gegen eine moderne Anlage: In vielen Fällen lässt sich der Solarstrom vom eigenen Dach auch nach 20 Jahren noch sinnvoll nutzen – und die Anlage wird damit vom alten Fördermodell in ein zukunftsfähiges Energiekonzept für das eigene Zuhause überführt.

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