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Zensur bei Google Maps: ÖPNV-Angebote absichtlich entfernt

3 Minuten
Das gab es noch nie: Eine Großstadt lässt Buslinien bei Google Maps entfernen, damit Touristen diese nicht mehr finden und die Busse nicht mehr so voll sind. Setzt sich dieser Trend durch, wird Google Maps für ÖPNV-Nutzer zunehmend nutzlos.
Zensur bei Google Maps: ÖPNV-Angebote absichtlich entferntBildquelle: mit KI erstellt

Barcelona zählt zu den populärsten Reisezielen der Welt. Über 30 Millionen Besucher aus anderen Ländern reisen jedes Jahr in die katalanische Hauptstadt. Hoch im Kurs: die berühmten Bauten des Architekten Antoni Gaudí und der von ihm geplante Park Güell. Die Anwohner rund um diese touristischen Highlights beschweren sich seit Langem über die Touristen und dass manche Buslinien regelmäßig mit Besuchern überfüllt sind. Daraus zieht die Stadt nun Konsequenzen.

Buslinien verschwinden bei Google Maps

Als Erstes trifft es die Buslinie 116, welche Besucher und Einheimische vom Stadtzentrum zum Park Güell bringt. Diese wird von kleinen Bussen bedient, in welchen maximal 20 bis 25 Personen Platz finden. Größere Busse sind aufgrund der engen Straßen nicht möglich.

Wie das spanische Magazin CatalanNews berichtet, sind vor allem ältere Menschen von den vollen Bussen betroffen, die sich durch die vollen Busse nicht in ihrer Nachbarschaft fortbewegen können. „Früher war der Bus so voll, dass selbst Leute mit Spazierstöcken nicht einsteigen konnten“ wird ein 75-jähriger Einwohner zitiert.

Doch statt einfach mehr Busse auf der betroffenen Linie fahren zu lassen, hat der Stadtrat veranlasst, die Buslinie bei Google Maps und anderen Kartendiensten entfernen zu lassen. Die Maßnahme zeige bereits Wirkung. Wie CatalanNews berichtet, sind die täglichen Nutzungszahlen rund um die Hälfte zurückgegangen.

Bisher ist von diesem drastischen Schritt nur eine Buslinie betroffen. Doch gibt es in Barcelona noch viele weitere überfüllte Buslinien. Aus eigener Erfahrung kann ich von vielen Protest-Schildern der Anwohner entlang der Linie 119 zu den historischen Bunkern und der Linie 111 auf den Berg Tibidabo berichten. So ist es denkbar, dass der Stadtrat weitere Buslinien von Google Maps und Co. verschwinden lässt. Auch könnten sich andere Städte ein Beispiel an Barcelona nehmen.

Zensur ist keine geeignete Lösung

Buslinien von Google Maps und anderen Kartendiensten zu streichen, um Touristen fernzuhalten, ist meiner Meinung nach ein Schritt in die absolut falsche Richtung. Wenn größere Busse nicht möglich sind, könnte die Stadt schlichtweg mehr Busse einsetzen und den Takt auf stark nachgefragten Linien verdichten. So fährt der Bus 116, wie fast alle Busse in der Stadt, nur alle 15 Minuten. Für eine Großstadt mit rund 1,5 Millionen Einwohnern und vielen Millionen Touristen ist das vergleichsweise selten.

Zudem nutzen Touristen den ÖPNV nicht kostenlos. Die Tickets sind deutlich teurer als Monatskarten für Einheimische und darüber hinaus zahlt jeder Tourist für jede Übernachtung eine Tourismusabgabe. Diese beträgt bis zu 3,50 Euro pro Nacht an die Region Katalonien und zusätzlich 2,75 Euro an die Stadt Barcelona.

Wenn jetzt ÖPNV-Angebote bei Google Maps und Co. nicht mehr angezeigt werden, sorgt dies für mehr Autos auf den Straßen. Sucht man aktuell einen Weg von der Metro L4 nahe der Innenstadt zum Park Güell findet der Kartendienst kein ÖPNV-Angebot und schlägt stattdessen die Fahrt mit einem Uber-Taxi vor. Das scheint vom Stadtrat so gewünscht. So gehört zu den Maßnahmen auch der Ausbau des Taxistands an dem beliebten Park.

Beispiel für die Zensur bei Google Maps
Keine ÖPNV-Route gefunden

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild P.K.

    Naja da Google Maps ein kostenloser Service ist, können die machen was die wollen 🤷🏻‍♂️. Ich als ÖPNV’ler find das schade.

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