Satellit und DVB-T2 vor dem Aus: Öffentlich-rechtliche Sender denken um

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Radikaler Kurswechsel: Bis 2034 will der öffentliche Rundfunk die klassischen Übertragungswege DVB-T2 und Satellit einstellen. Noch geht es dabei nur um Großbritannien. Doch auch hierzulande gibt es vergleichbare Entwicklungen.
Im Hintergrund ein Fernseher, im Vordergrund ein Streamingstick und eine Sat-Schüssel
Verzichten öffentlich-rechtliche Sender bald auf das klassische TV-Signal?Bildquelle: Ki-generiert: ChatGPT

Künftig sollen Inhalte der BBC ausschließlich über das Internet verbreitet werden. Das kündigte BBC-Generaldirektor Tim Davie in einer Grundsatzrede an und löst damit eine Debatte über die Zukunft des Fernsehens und der TV-Sender aus. „Viele Menschen wären froh, wenn ihre Satellitenschüssel oder Fernsehantenne morgen entfernt würde. Sie würden es nicht bemerken“, erklärte Davie laut britischer Times. Doch er räumt auch ein: Für viele sei dieser Wandel mit Sorgen verbunden. Diese kämen wegen mangelnder Internetanbindung oder technischer Hürden zustande.

BBC entwickelt Streaming-Stick

Dennoch ist die Richtung klar: DVB-T2 und die Verbreitung über den Astra-Satelliten auf 28,2 Grad Ost sollen in Großbritannien spätestens 2034 abgeschaltet werden. Als Ersatz entwickelt die BBC gemeinsam mit ITV, Channel 4 und Channel 5 einen eigenen Streaming-Stick. Dieser soll kostenlosen Zugang zu Livestreams und On-Demand-Angeboten bieten und insbesondere Menschen erreichen, die bislang keinen Zugang zu modernen Streamingdiensten haben. Die BBC sieht in der Wartung klassischer Verbreitungsinfrastruktur einen unnötigen finanziellen Ballast. Das ist in Zeiten knapper Budgets und stagnierender Gebühreneinnahmen ein immer gewichtigeres Argument – womöglich auch in Deutschland.

Die Pläne stoßen jedoch nicht überall auf Zustimmung. Insbesondere aus Reihen älterer Zuschauer kommt scharfe Kritik. Dennis Reed von der Interessenvertretung Silver Voices warnt vor digitaler Ausgrenzung: Millionen ältere Menschen könnten sich keinen leistungsfähigen Breitbandanschluss leisten. Zudem sei es inakzeptabel, eine so tiefgreifende Veränderung ohne öffentliche Debatte voranzutreiben.

Astra-Abschaltung der BBC auch mit Folgen für Deutschland

Auch die Kontrolle über das Nutzungsverhalten der Zuschauer ist ein Thema. Mit einem proprietären Stick lassen sich TV-Sender nicht nur gezielt per Geoblocking einschränken, sondern auch die Nutzung sekundengenau auswerten. So gewinnen die Anbieter wertvolle Daten, beispielsweise zur Sehgewohnheit oder zu Peak-Zeiten.

Die Entscheidung der BBC könnte auch Auswirkungen auf Zuschauer in Deutschland haben: Zwar ist der Empfang der britischen TV-Programme hierzulande nur mit technischem Aufwand möglich, doch das drohende Ende der Satellitenverbreitung dürfte diesen Weg vollständig verschließen. Denn ein IP-basierter Empfang wird dank Geoblocking auf das britische Staatsgebiet beschränkt bleiben.

DVB-I als deutscher Gegenentwurf

Auch in Deutschland laufen derzeit Überlegungen, TV-Sender über das Internet verfügbar zu machen – allerdings mit einem anderen Ansatz. Die ARD setzt dabei auf den offenen Standard DVB-I, wie eine Sprecherin gegenüber Golem.de bestätigte. Gemeinsam mit ZDF, RTL und ProSiebenSat.1 arbeitet man an Rahmenbedingungen für eine Markteinführung.

DVB-I soll die nahtlose Nutzung linearer Fernsehangebote per Internet ermöglichen – ohne eigene App, integriert in die gewohnte TV-Oberfläche. Ein erster Praxistest fand bereits zwischen 2022 und 2023 statt. Dabei hat man unter anderem erfolgreich das automatische Umschalten von Broadcast- auf IP-Empfang getestet. Mit diesem Ansatz will man sicherstellen, dass öffentlich-rechtliche Inhalte auch in einer Streaming-Zukunft barrierefrei und für alle erreichbar bleiben.

Die Verbreitung von DVB-T2 HD in Deutschland dürfte Ende dieses Jahrzehnts enden. Freenet TV als Plattform für die privaten Programme verliert Monat für Monat Kunden, und die notwendigen Frequenzen stehen aktuell nur noch bis 2030 zur Verfügung. Sie wecken Begehrlichkeiten bei den Mobilfunkanbietern und beim Militär.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild Karsten Frei

    SAT Verbreitung ohne Verschlüsselung über nationale Grenzen hinaus sehe ich äußerst kritisch.
    Schweizer, Österreicher und auch deutschsprachige Minderheiten in anderen Ländern zahlen kein Cent GEZ Gebühren für ÖR Funk in Deutschland, dürfen aber zu 100% alle Sender empfangen.
    Damit soll möglichst schnell Schluss gemacht werden, mit anderen Worten verschlüsseln oder an Gebühren beteiligen.
    Terrestrische Verbreitung dagegen endet kurz hinter den Grenzen, die ausländische Zuschauer sind vernachlässigbar, aber im Vergleich zu Streaming ist die Technologie viel umweltfreundlicher.

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