Peinlich – Diese Autobahn bremst die Energiewende in Deutschland aus

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Als größtes Hindernis für den Windkraftausbau in Deutschland erweist sich gerade weder eine Bürgerversammlung, die Regierung, noch ein Verband oder Unternehmen. Ausgerechnet ein defektes Rohr auf der Autobahn 27 wird zum unüberwindbaren Hindernis für die erneuerbaren Energien.
Peinlich - Diese Autobahn bremst die Energiewende in Deutschland
Peinlich - Diese Autobahn bremst die Energiewende in DeutschlandBildquelle: Foto von Viva Zhang auf Unsplash

Der Ausbau der regenerativen Energien in Deutschland steht häufig vor Hürden. Doch selten war dafür eine so frustrierende Kleinigkeit verantwortlich wie ein defektes Rohr. Die marode Rohrleitung auf der Autobahn 27 ist eigentlich als ein sogenannter „Grabendurchlass“ angedacht. Es soll Wasser unterhalb der Straße durchlassen, doch dank des schlechten Zustands sorgt es nun dafür, dass die Fahrbahn herabsinkt. Bevor die Autobahn GmbH das Rohr nicht entsprechend austauschen und die Fahrbahn erneuern konnte, geht auf der A27 somit nichts mehr – inklusive des Weitertransports von 300 Rotorblättern, der über die Autobahn hätte erfolgen sollen.

Wichtige Autobahn für Windkraftindustrie steht still

Bis mindestens Ende März bleibt die A27 aufgrund der komplizierten Reparaturarbeiten an dem kaputten Rohr gesperrt. Für Pendler ist das bereits störend, für die deutsche Windkraftindustrie jedoch eine echte Katastrophe. Die Autobahn ist essenziell für den Ausbau der erneuerbaren Energien, da sie die Häfen von Bremerhaven und Cuxhaven mit dem Rest von Deutschland verbindet. Ausgerechnet Cuxhaven ist dabei der größte Umschlagplatz für Bauteile von Windkraftanlagen. Stolze 80 Prozent der in Deutschland installierten Windenergieanlagen sind laut Stiftung Offshore Windenergie über den Cuxhavener Hafen nach Deutschland gelangt. Mit der Sperrung der A27 können so die meisten Baustellen für Windräder nicht mehr beliefert werden. Rund 300 Rotorblätter erreichen nun ihre Zielorte nicht mehr. Es könnte jedoch noch schlimmer kommen, insbesondere wenn die Sperrung der Autobahn länger anhält.

Durch den Wegfall der A27 könnte „der Ausbau der Windenergie an Land in Deutschland zum Erliegen kommen“, warnt Arne Ehlers, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Hafenwirtschaftsgemeinschaft Cuxhaven (HWG). Üblicherweise verlassen pro Nacht laut der HWG rund 30 Lkws mit Rotorblättern den Hafen. Nun jedoch sitzen all diese Fahrzeuge mitsamt ihrer wertvollen Fracht am Hafen fest. Völlig von der Außenwelt abgeschnitten ist der Hafen jedoch glücklicherweise nicht. Die Autobahn GmbH hat Ausweichrouten für Groß- und Schwertransporte festgelegt, die jedoch nicht ohne Weiteres für den Transport der Rotorblätter genutzt werden können. Die Beförderung der Windkraftanlagen-Bauteile ist komplex, allein durch die schieren Ausmaße und das Gewicht der Sendungen. Ein Rotorblatt kann stolze 70 Meter lang und bis zu 68 Tonnen schwer ausfallen. Aus diesem Grund müssen Behörden für den Transport der schweren Fracht mit einer Frist von zwölf Wochen Vorlaufzeit informiert werden.

Hunderte Rotorblätter können ihr Ziel nicht mehr erreichen
Hunderte Rotorblätter können ihr Ziel nicht mehr erreichen

1.800 Änderungsanträge stapeln sich bereits

Ein spontaner Wechsel von einer Autobahn zu einer Bundesstraße führt somit unweigerlich zu Problemen. Laut der HWG türmen sich seit Wochenbeginn bereits unzählige Änderungsanträge für Ausweichrouten bei den zuständigen Straßenverkehrsbehörden. Von 1.800 Anträgen ist die Rede, die allesamt indessen geballt in einem kurzen Zeitfenster bearbeitet werden müssen. Dabei erweist sich die deutsche Bürokratie bereits ohne solche ungeplanten Änderungen als eine große Hürde für den Windkraftausbau. Ein jedes Bundesland hat eigene Regeln und Größenvorgaben für den Transport von Windanlagen, die penibel durch die Unternehmen eingehalten werden müssen. Die Wartezeiten auf entsprechende Genehmigungen fallen in Deutschland besonders hoch aus. Das Dilemma zeigt sich nicht nur in der Erlaubnis für den Weitertransport von benötigten Materialien für den Bau von Windkraftanlagen, sondern auch in allen weiteren Planungsschritten. So müssen Windkraftunternehmen teilweise 33 Monate auf eine Genehmigung für die geplanten Windkraftanlagen warten – trotz einer gesetzlich vorgeschriebenen Höchstdauer von 7 Monaten Wartezeit.

Vorerst ist die Lage im Cuxhavener Hafen noch entspannter als sie zu anderen Zeitpunkten wäre. Obwohl der Hafen sonst knapp an der Kapazitätsgrenze operiert, verspäten sich nun einigen Schiffe mit weiteren Lieferungen. Ebenso bremste das Wetter der letzten Woche einige Baustellen im Land aus. Dennoch kann die Windkraftindustrie nicht darauf warten, bis Ende März hoffentlich die A27 wieder zur Fahrt freigegeben wird. Die zuständige Autobahn GmbH sieht sich jetzt im Zugzwang, eine entsprechend unbürokratische Lösung für das Problem bereitzustellen. Dieses Wochenende will die Behörde einen Schlachtplan erarbeiten, um ein weiteres Ausbremsen des Windkraftausbaus abzufangen. Doch solange weder eine Ausnahmeregelung für den Transport der Rotorblätter noch eine baldige Neueröffnung der A27 realisiert sind, bleibt ungewiss, wie viel die Autobahn GmbH tatsächlich leisten kann, um die Verzögerungen aufzulösen.

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2 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Dan Wick

    Mit Transportzeppelinen wäre der Transport einfach und relativ schnell zu bewerkstelligen – vielleicht stellt China welche her?

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  2. Nutzerbild fruehauf

    dann baut doch eine bahnlinie

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