Während Samsung, TCL und Huawei ihre faltbaren Smartphones aktuell auf dem noch laufenden MWC in Barcelona vorstellten, war Royole ein Vorreiter. Der Display-Hersteller stellte mit dem FlexPai bereits Ende des vergangenen Jahres ein klappbares Smartphone vor. Dieses war schon auf der CES Anfang 2019 zu begutachten.
Doch Trends in der Smartphone-Branche gab es schon einige. Es gab Prototypen und daraus resultierend erste Exemplare, die doch bei weitem nicht ausgereift waren. Faltbare Smartphones sind ebenfalls schon seit einigen Jahren im Gespräch. Doch funktionsfähige Produkte gibt es jetzt zum ersten Mal. Die Frage bleibt, ob es Firmen wie Samsung, Huawei und Co. schaffen, aus der Nische ein solides Gesamtpaket für die Masse zu produzieren und den Bedürfnissen der Verbraucher nachzukommen – sowohl technisch als auch preislich.
Royole FlexPai
In Las Vegas wurde deutlich: Die Hardware ist da, die Software aber mitnichten ausgereift. Deswegen der Reihe nach: Das FlexPai besitzt ein mittig faltbares, 7,8 Zoll großes AMOLED-Display. Im ausgeklappten Zustand kommt es auf eine Auflösung von 1.440 x 1.920 Pixeln. Zur Ausstattung gehören unter anderem der Qualcomm Snapdragon 855, 8 GB RAM, eine Dual-Kamera und ein 3.800 mAh großer Akku.
Tipp: Royole FlexPai im Hands-On
Soweit, so theoretisch. In der Praxis funktioniert das nicht so einwandfrei, wie unser Redakteur David Gillengerten meint: „Nach einigen Klapp-Versuchen fallen aber immer mehr Mängel an dem Gerät auf. Da wäre zum Beispiel das billig wirkende Mittelstück. Es sieht im Vergleich zum glasigen Smartphone wie ein Fremdkörper und alles andere als edel aus.“ Deutlich schlimmer ist die Performance des Smartphones. „Noch schlimmer ist jedoch die Leistung des Handys. Denn trotz High-End-Hardware hat das Royole FlexPai spürbare Probleme damit, zwischen Tablet- und Handy-Modus zu wechseln. Die Umstellung dauert teilweise mehrere Sekunden. Außerdem laden und schließen Apps unerträglich langsam. Ähnliche Verzögerungen finden sich auch bei der Kamera und anderen Systemfunktionen wieder“.
Samsung Galaxy Fold
Das Galaxy Fold aus koreanischen Gefilden hielt sich lange in der Gerüchteküche und wurde erst vor Kurzem offiziell angekündigt. Ähnlich wie auch beim Royole erinnert der Klappmechanismus des Galaxy Fold an ein Buch, das einfach geschlossen wird. In ausgerolltem Zustand kommt der Bildschirm auf 7,3 Zoll. Die kleine zusammengefaltete Version bietet noch eine Diagonale von 4,58 Zoll. Im Galaxy Fold arbeitet der Snapdragon 855 von Qualcomm unter der Haube – wie auch beim FlexPai.
In den Messehallen bleibt das Galaxy Fold jedoch unter Verschluss, sodass es vor Ort nicht richtig ausprobiert werden kann. „Die Kritik am Design war jedoch nicht leise, besonders nachdem Huawei sein ‚Fold‘ vorgestellt hat. Das Samsung-Foldable besitzt eine ‚Notch‘ in der rechten oberen Ecke, wenn es aufgeklappt ist. Dazu hat Samsung auf jeder Seite mindestens eine Kamera verbaut. Die Koreaner wollen zeigen, was technisch möglich ist, jedoch hat man es hier etwas übertrieben und ein aufgeräumtes Design dafür geopfert. Hinzu kommt, dass das Display – welches unaufgeklappt eine Steuerung des Smartphone ermöglicht – viel kleiner ist, als das des Huawei Mate X. Der Preis des Samsung Galaxy Fold wird um die 2.000 Euro betragen. Damit liegt man wohl unterhalb des Preises des Huawei-Konkurrenten, jedoch auch weit weg von einem, der für den Massenmarkt tauglich ist“, meint Michael Büttner von der inside handy Redaktion.
Huawei Mate X
Das Mate X kommt dem faltbaren Exemplar von Samsung optisch vermutlich am nächsten. In seiner ganzen Pracht erinnert es vielmehr an ein quadratisches Tablet als an ein Smartphone. Es bietet ein 8 Zoll großes Display mit einem Seitenverhältnis von 8:7,1. Die Auflösung liegt bei 2.480 x 2.200 Pixeln. Klappt man das Huawei-Smartphone mittig zusammen, bleibt ein 6,6 Zoll großer Hauptbildschirm bestehen. Anstatt eines Qualcomm-Prozessors werkelt der Kirin 980 aus eigener Produktion unter der Haube. Der Akku fasst 4.500 mAh.
Smartphone-Experte Blasius Kawalkowski ist nach einem ersten Eindruck vom Mate X angetan und meint, Huawei habe das falbare Smartphone aus der Science-Fiction-Welt direkt in die Realität verfrachtet. „Das Klapphandy erlebt damit eine Reinkarnation und kehrt zurück. Doch deutlich anders, als man es etwas von einem Motorola Razr V3 kennt. Die Szenarien, wie man ein solches Gerät nutzt, werden sich noch ergeben. Sie könnten eine Komposition aus Smartphone und Tablet bilden.“ Und auch wenn Huawei die restliche Ausstattung nicht stiefmütterlich behandelt, so wird das Mate X auch mit einem kritischen Auge bedacht: „Das Huawei Mate X soll Mitte 2019 auf den Markt kommen. An diesem Marktstart sieht man, dass das Gerät zwar da, aber noch nicht wirklich fertig ist. Es ist etwas mehr als ein Prototyp, ja. Aber ist es Massenmarkttauglich?“
TCLs Falt-Konzept
TCL ist der hinter den Marken Blackberry und Alcatel stehende Produzent aus China. Die Firma produziert von Hause aus Fernseher, ist nun aber auch in den Markt der Handy-Panels eingestiegen. Deshalb hat man auch faltbare Exemplar auf dem MWC vorgeführt und möchte damit möglichst viele Verbraucher ansprechen. „TCL will mit neuen und auch faltbaren Displays im Smartphone-Markt punkten. Vor allem das faltbare Panel sticht dabei ins Auge“, wie Redakteur Michael Büttner den Auftritt bewertet. In Barcelona hatte TCL mehrere Konzept-Smarpthone im Gepäck, die im herkömmlichen Sinne noch nicht richtig genutzt werden können. Das Patent für sein faltbares Display hat TCL allerdings schon angemeldet und auf den Namen „DragonHinge“ getauft.
Und auch wenn die Konzepte noch weit von einem marktfähigen Modell entfernt sind, ist das Ziel des Herstellers dennoch klar: „Ziel von TCL wird es sein, die eigene Marke Alcatel auch mit einem oder mehreren Falthandys auszustatten. Ob es dann ein in der Breite aufklappendes Smartphone oder ob es doch ein in der Länge gefaltetes Mini-Smartphone wird, ist nicht klar. Man habe, so Alcatel, zwei von drei Problemen schon gelöst: das faltbare Display und die Mechanik. Nun muss nur noch die Software fertig werden. Dann kommt das ausgegebene Ziel, ein faltbares Smartphone mit einem günstigen Preispunkt, in erreichbare Nähe.“
Faltbare Smartphones – Ein erstes Fazit
Man kann sich trotz funktionstüchtiger Geräte, die auf dem MWC gezeigt werden, einig sein, dass faltbare Smartphones größtenteils noch in Kinderschuhen stecken. Redakteur Blasius Kawalkowski zieht ein stimmiges Fazit und beschreibt einen ersten Eindruck der neuartigen Klapphandys: „Jede neue Technologie leidet zunächst an Kinderkrankheiten. Wie oft lässt sich ein faltbares Smartphone auf- und zuklappen, bis die Scharniere versagen oder das Display den Geist aufgibt? Wer – wie im Fall des Mate X – 2.300 Euro für ein Smartphone bezahlt, dürfte zwar als Pionier gelten, muss aber auch damit rechnen, dass das Gerät die alltäglichen Belastungen keine zwei Jahre durchhält.“
Und weiter: „All das dürfte auch Apple wissen. Der US-Konzern beobachtet den Markt, arbeitet mit Sicherheit selbst an einem Falt-Smartphone. Doch wie auch bei anderen Trends wartet man ab, wie eine solche Technologie angenommen und an welchen Kinderkrankheiten sie zu Beginn leiden wird. Zudem wäre Apple nicht Apple, wenn sie einfach nur ein faltbares Smartphone vorstellen. Apple wird neue Anwendungsszenarien schaffen, die wir heute noch nicht erahnen können.“