Zwischen Europa und den USA wachsen die Spannungen. Der US-Präsident Donald Trump versucht, seine weltweite Vormachtstellung mit erratisch verhängten Zöllen zu manifestieren. Das sorgt nicht nur unter politischen Entscheidern weltweit für Verunsicherung sorgt. Auch unter Wirtschaftslenkern steigt die Nervosität – nicht nur, weil die Umsätze durch die Zollaufschläge gefährdet sind.
Wenn sich selbst die CEOs der großen Tech-Konzerne von Präsidenten in ihre Entscheidungen hineinregieren lassen, stellt sich schnell die Frage nach deren Unabhängigkeit: Sind Daten bei einem US-amerikanischen Cloudanbieter tatsächlich noch sicher? Kann ein Unternehmen in Europa bedenkenlos ChatGPT nutzen, ohne einen Abfluss von Geschäftsgeheimnissen befürchten zu müssen?
KI aus Europa: ASML setzt auf Unabhängigkeit
ASML hat auf diese Fragen nun eine ganz eigene Antwort gefunden. Der Maschinenbauer, der die Produktionsanlagen für Computerchips mit den geringsten Strukturbreiten fertigt, investiert in einer Finanzierungsrunde 1,3 Milliarden Euro in Mistral AI. Weitere 400 Millionen Euro wurden von Lightspeed, dem Investor Andreessen Horowitz, Nvidia sowie Bpifrance, einer französischen Förderbank, bereitgestellt.
Das erst im April 2023 in Paris gegründete Start-up entwickelt Sprachmodelle für den Einsatz im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI). Mit seinem KI-Agenten Le Chat kann es mit US-amerikanischen Entwicklungen wie ChatGPT von OpenAI oder Claude von Anthropic mithalten.
Optimierung der Anlagen mit KI
Die Investition ist Teil einer langfristigen Partnerschaft. Der Maschinenbauer, der mit diesem Schritt elf Prozent der Anteile von Mistral übernimmt, fungiert dabei nicht als stiller Investor im Hintergrund. Vielmehr sollen die Kompetenzen von Mistral in den Entwicklungsprozess von ASML einfließen und bei der Optimierung der Anlagen helfen, denn immer kleinere Strukturen der Prozessoren stellen eine zunehmend komplexere Herausforderung dar. Arthur Mensch, CEO von Mistral AI, sieht dabei die Chance, die gesamte globale Wertschöpfungskette im Halbleiterbereich zu beschleunigen.
Daneben können die eigenen Kompetenzen gegenüber der Konkurrenz besser herausgestellt werden. So arbeitet etwa Nvidia mit ChipNeMo an einem eigenen Large Language Modell (LLM), das bei der Entwicklung von Chip-Designs unterstützen soll.
Mistral bleibt europäisch
Für das französische Start-up bedeutet die neue Finanzierungsrunde außerdem eine Absicherung auf einem sich schnell ändernden Markt. Das zusätzliche Kapital dürfte genutzt werden, um den Anschluss an die US-amerikanische und chinesische Konkurrenz nicht zu verlieren.
Darüber hinaus sichert sich Mistral AI auf diesem Weg weiterhin seine Unabhängigkeit – auch wenn ASML künftig bei strategischen und technologischen Fragen beratend unterstützt, wie aus der gemeinsamen Erklärung hervorgeht.
Die Kompetenzen der KI-Entwickler sind nicht unbemerkt geblieben. Zuletzt machten Gerüchte die Runde, dass Apple das KI-Unternehmen aufkaufen wollte.
