Manipuliert Vodafone Verträge? Deshalb sollten Kunden jetzt genau hinsehen

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Immer wieder berichten wir darüber, wie Vodafone-Shops, Außendienstler und Hotlines Kunden Verträge unterschieben. Jetzt sollte man ganz besonders aufpassen. Denn: Verträge können plötzlich sehr viel teurer sein, als beim Vertragsabschluss angegeben. Und das ist nur der sichtbare Teil des Problems.
Manipuliert Vodafone Verträge? Deshalb sollten Kunden jetzt genau hinsehen
Manipuliert Vodafone Verträge? Deshalb sollten Kunden jetzt genau hinsehenBildquelle: Blasius Kawalkowski / inside digital

Wer derzeit bei Vodafone einen Vertrag abschließt, sollte aufpassen. Denn: Vodafone hat für das laufende Quartal die sogenannte Verschieberquote ausgesetzt. Die Verschieberquote, so erklärt uns ein Insider, ist ein Qualitätsparameter, mit dem der Mobilfunkbetreiber feststellen kann, ob Verträge in Shops manipuliert werden. Da Vodafone diese Kontrolle aber aussetzt und das den Shops auch mitteilt, könnten diese das ausnutzen und Verträge manipulieren. Was aber bedeutet das für Kunden des Netzbetreibers? Und was hat Vodafone davon?

Vodafone: Darauf sollten Kunden jetzt achten

Ob bei Vodafone, Telekom oder anderen Anbietern von Handy- und Internetverträgen: Es gibt Tarife für Privatkunden und für Geschäftskunden. Wer ein Gewerbe hat, bekommt bei den Anbietern andere Verträge mit teils anderen und sogar maßgeschneiderten Konditionen. Und eigentlich muss der Verkäufer vor dem Abschluss eines solchen Geschäfts­kun­den­tarifs prüfen, ob der Kunde diesen überhaupt haben darf. Das erfolgt in der Regel durch die Vorlage eines Gewer­benach­weises oder einer Umsatz­steuer-ID. Doch bei Vodafone spielt das derzeit wohl keine Rolle. Privatkunden bekommen aktuell – auch, ohne dass sie etwas davon erfahren – Geschäftskundenverträge untergejubelt. Mit voller Absicht, sagt uns der ehemalige Vodafone-Mitarbeiter Inan Koc, der nach wie vor tiefe Einblicke ins Unternehmen hat. Warum erklären wir gleich noch.

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Wer beim Vertragsabschluss nicht darauf achtet, ob er einen Vertrag für Privat- oder Geschäftskunden unterschreibt, den erwarten möglicherweise deutlich höhere Kosten, als der Verkäufer angegeben hat. Doch auf den ersten Blick scheint das Angebot deutlich besser zu sein als woanders. Das neueste iPhone oder Samsung-Handy der Spitzenreihe bekommen Geschäftskunden nicht nur mit mehr Speicher günstiger. Die Zuzahlung für Geschäftskunden beträgt bei Vodafone derzeit nur 1 statt 149 Euro. Das Angebot ist also durchaus verlockend. „Doch die negativen Aspekte werden dem Kunden im Shop häufig nicht erläutert“, erklärt Koc.

Das sind die Folgen für Kunden

So nenne der Verkäufer von Vodafone oft nur den Nettopreis, der auch in der Vertragszusammenfassung auftaucht. Der Nettopreis sei zwar für Geschäftskunden relevant, jedoch nicht für Privatkunden, die keine Umsatzsteuer abführen. Am Ende, so unser Informant, liege der Bruttopreis für einen Tarif häufig über dem Preis für einen gleichwertigen Privatkundenvertrag – nur das Handy würde stärker subventioniert und man bekomme es mit einer niedrigeren Zuzahlung. Doch die laufenden Kosten pro Monat können deutlich über dem Betrag liegen, den der Verkäufer im Vodafone-Shop dem Kunden gezeigt hat.

Die Abzocke in Shops geht weiter

Hinzu kommt eine längere Vertragslaufzeit: 30 statt 24 Monate. Das verpackt man bei Vodafone, so unser Informant, aber ziemlich geschickt. Mit der sogenannten sechsmonatigen Basispreisbefreiung bezahlt man als Kunde die ersten 6 Monate zwar nichts. Allerdings verrechnet Vodafone die Basispreisbefreiung mit dem monatlichen Effektivpreis, der dann insgesamt niedriger ausfällt. Und mit diesem Preis lockt der Netzbetreiber Privatkunden in die Kostenfalle.

Beispiel: Ein 24-Monats-Vertrag bei Vodafone kostet insgesamt 720 Euro – also 30 Euro pro Monat. Diese 720 Euro teilt Vodafone in dem Fall aber nicht durch 24, sondern durch 30 Monate. Somit ergeben sich rechnerisch Kosten von 24 Euro statt 30 Euro pro Monat. Das wäre aber der Preis, wenn der Kunde jeden Monat 24 Euro zahlen würde. Da er die ersten sechs Monate aber nichts bezahlt, werden ab dem 7. Monat 30 Euro fällig. Die Gesamtsumme bleibt zwar gleich (720 Euro), doch der Kunde dürfte irritiert sein, wenn am 7. Monat eine Rechnung von 30 statt den im Shop versprochenen 24 Euro pro Monat abgebucht wird.

Und: Einen Privatkunden darf ein Mobilfunkanbieter nicht einfach so anrufen, um ihm weitere Dienste anzubieten. Geschäftskunden hingegen sind, so unser Informant, immer wieder einer Kaltakquise ausgesetzt. Bei Anrufen wird versucht, ihnen etwas zu verkaufen. Hinzu kommt: Hat man ein Problem, ist nicht mehr der Verkäufer im Vodafone-Shop zuständig, in dem man den Vertrag abgeschlossen hat, sondern der Geschäftskundenvertrieb, dem der eigentliche Privatkunde vom Vodafone-Shop übergeben wurde. Bei Problemen bekommt man dann keine Hilfe mehr im Shop, sondern muss sich an den zuständigen Außendienstmitarbeiter wenden.

Warum macht Vodafone das?

Für Vodafone sind die Monate Januar bis März die letzten eines Geschäftsjahrs. Hat man in den vorangegangenen drei Quartalen Ziele nicht erreicht, ist jetzt die Zeit, um das nachzuholen. Dass Vodafone ausgerechnet in diesem Quartal die Verschieberquote und die Kontrollen auf Eis legt, ist damit mindestens fragwürdig. Wir haben bei Vodafone nachgefragt, warum man den Sicherheitsmechanismus für dieses Quartal außer Kraft gesetzt hat. Allerdings haben wir keine Antwort erhalten. „Vodafone hat mit dem Aussetzen der Verschieberquote vor allem eines im Sinn“, erklärt uns hingegen unser Informant. „Die eigenen Geschäftskundenzahlen beschönigen.“

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Und: Werden die Vodafone-Vorgaben im Hinblick auf die Geschäftskunden erreicht, bekommen Shops höhere Provisionen ausgezahlt – bis zu 150 Euro mehr pro verkauftem Vertrag, so unser Informant. „Hinzu kommen Adler-Bonus, K-Stufen-Bonus und ein Business-Bonus.“ Wie viel Geld es im Nachhinein obendrauf gibt, ist etwas undurchsichtig und richtet sich auch nach der Anzahl und der Art der verkauften Verträge. Doch alles in allem ein lohnendes Geschäft – sowohl für Vodafone, da man Anleger mit höheren Geschäftskundenzahlen beeindrucken kann, als auch für Shop-Besitzer und sogar die Shop-Mitarbeiter, die von höheren Provisionen profitieren. Und zunächst scheint es so, als sei es auch für den Kunden ein besserer Tarif-Deal. Doch die große Überraschung folgt meist erst nach einem halben Jahr, wenn die monatlichen Kosten plötzlich höher sind als erwartet.

Wer also dieses Jahr einen Vertrag bei Vodafone abgeschlossen hat, sollte jetzt einen Blick in seine Unterlagen werfen und nachsehen, ob man als Geschäftskunde bei Vodafone geführt wird, obwohl man eigentlich kein Gewerbe hat.

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