Kabel-TV: Müssen tausende Mieter doch zwangsweise weiter zahlen?

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Eigentlich war alles ganz klar: Ab 1. Juli muss niemand mehr für das Kabel-TV-Signal zahlen, wenn er es nicht benutzt. Das Nebenkostenkostenprivileg wird abgeschafft. Doch es scheint, als müssten tausende Mieter trotzdem unfreiwillig weiter zahlen, um Internet zu bekommen.
Eine Kabel-Multimedia-Dose mit Ausgängen für Internet, TV und Radio
Eine Kabel-Multimedia-Dose mit Ausgängen für Internet, TV und RadioBildquelle: Thorsten Neuhetzki / inside digital

Es geht dabei um Mieter (und Eigentümer) in Wohnanlagen mit einem kleinen, meist mittelständischen Kabel-TV-Anbieter als Betreiber der sogenannten NE4. Die NE4, also die Netzebene 4, ist das Kabelnetz im Haus zwischen deiner Kabeldose in der Wohnung und dem Haus-Übergabepunkt zur Straße und dem eigentlichen Kabelnetz. Diese NE4-Netze sind oftmals in privater Hand. Aufbau und Wartung erfolgen durch mittelständische, meist auf Elektronik spezialisierte, Unternehmen. Sie lassen sich über Rahmenverträge das TV-Signal von Vodafone oder Tele Columbus anliefern und haben die Hausverwaltungen als Kunden. Gleichzeitig sind sie in der Regel auch der Eigentümer der NE4.

NE4-Kabelanbieter haben Kabelnetze in Häusern errichtet

Das Model der Finanzierung funktionierte für die NE4-Anbieter bisher prima. Durch das Sammelinkasso bekamen die Mittelständler regelmäßig einen festen Betrag aufs Konto und konnten die NE4-Netze damit betreiben und warten. Dieses Geld fällt nun weg. Grund ist die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs. Nur noch Haushalte, die aktiv einen Vertrag buchen, bringen Geld ein. Wer kein TV sehen möchte, wird abgeklemmt und bekommt kein Signal mehr.

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Für den Mieter ist das so lange unproblematisch, wie er das Kabelnetz nicht für seinen Internetzugang benötigt. Denn diesen haben die NE4-Betreiber in der Regel nicht selbst realisiert, sondern den eigentlichen Kabel-Zulieferern dieses Geschäft per Gestattungsvertrag überlassen. So konnten Vodafone und Pyur eine direkte Kundenbeziehung für das Internet aufbauen, nicht aber für das Kabelnetz. Die Wartung der NE4 übernahm dennoch der lokale NE4-Betreiber, er bekam ja Geld durch das TV-Sammelinkasso. Künftig ist das aber anders. Die Durchleitung des Internetsignals bringt dem NE4-Betreiber kein Geld ein, ein TV-Vertrag ist mitunter nicht gewünscht.

Internet nur mit Kabel-TV-Vertrag

Die Folge: Schon jetzt positionieren sich nach einem Bericht des Branchenmagazins teltarif.de verschiedene NE4-Betreiber gegenüber ihren Mietern. Sie bestehen darauf, dass sie die Kabelleitung in die Wohnung nur dann aktiviert lassen, wenn der Haushalt auch ein Kabelsignal bucht. Eine reine kostenlose Internet-Durchleitung werde nicht angeboten, heißt es. Als Beispiele nennt teltarif.de Betreiber wie Infocity Rostock oder die Rehning Group. Im Leserforum der Seite melden sich betroffene Kunden von zahlreichen weiteren kleinen Anbietern, die ähnlich verfahren: Ohne TV-Vertrag kein Internet per Kabel. Eine Baugenossenschaft in Rostock, bei der Infocity Rostock tätig ist, schrieb dazu vor einigen Tagen auf ihrer Webseite: „Sie benötigen den Vertrag auch dann, wenn Sie nicht fernsehen, ABER einen anderen Dienst aus der Kabelanschlussdose nutzen, z. B. den Internetanschluss über Kabel von Vodafone oder o2 oder Pay-TV von Sky.“ Interessant: Nach dem Bericht von teltarif.de nahm man die Seite offenbar wieder offline.

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In einer Stellungnahme der BNetzA gegenüber dem Fachmagazin wollte man seitens der Aufsichtsbehörde offenbar nicht wirklich auf die Problematik eingehen. Die Antworten beschreiben lediglich den Stad der Dinge beim eigentlichen Nebenkostenprivileg. Nachfragen zu der kreativen Auslegung hinsichtlich der NE4-Betreiber bei Internetdiensten blieb man jedoch wage und verwies darauf, dass die Abrechnung von Breitbandanschlüssen gesondert erfolge. Auf die vom NE4-Betreiber faktisch geforderte Durchleitungsgebühr hing man nicht ein.

Sky ohne Kabel-TV-Vertrag: So geht’s

Potenziell betroffen sein dürften von dem Thema tausende, wenn nicht gar hunderttausende Mieter. Allein Infocity Rostock versorgt nach eigenen Angaben 100.000 Haushalte mit einem Kabelsignal. Von der Problematik betroffen sind letztlich dann jene Kunden, die einen Internetanschluss per Kabel gebucht haben, aber kein Kabel-TV buchen wollen. Nach Vodafone-Angaben liegen bislang jedoch nur wenige konkrete Beschwerden von Kunden vor, die man prüfe.

Übrigens: Auch Sky ist – wie von der Genossenschaft richtig geschrieben – beim Nebenkostenprivileg betroffen. Hast du Sky bisher per Kabelsignal abonniert, buchst aber keinen Kabel-Anschluss, wirst du mittelfristig womöglich kein Sky mehr schauen können. Sky hat dafür aber eine Alternative geschaffen.

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