Digitale Wüste? So schnell ist Internet in Deutschland wirklich

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Deutschland hat den Ruf, dass schnelles Internet kaum zu haben ist. Doch die Wahrheit sieht anders aus, wie jetzt eine Studie deutlich macht. Demnach haben mehr Haushalte Zugriff auf Anschlüsse mit 1 Gbit/s als gedacht.
Ein Warnschild vor einer Glasfaser-Baugrube der Telekom
Ein Warnschild vor einer Glasfaser-Baugrube der TelekomBildquelle: inside digital / Thorsten Neuhetzki

Zu diesem Schluss kommt die Marktstudie 2021 des Branchenverbandes VATM zusammen mit Dialog Consult und dem Telekommunikations-Experten Professor Dr. Torsten J. Gerpott von der Uni Duisburg. Demnach haben bis Ende dieses Jahres 27,5 Millionen Haushalte schon Zugriff auf Anschlüsse mit einem Downstream von 1.000 Mbit/s oder mehr. Das ist bei etwa 41 Millionen Haushalten in Deutschland eine Anschlussquote von etwa 67 Prozent.

Zu diesem Schluss kommt die Studie angesichts der verfügbaren Zahlen für bereits verlegte Glasfaserleitungen sowie den Ausbau des Kabelnetzes mit DOCSIS 3.1. Demnach könnten in Deutschland insgesamt 23,9 Millionen Anschlüsse per Kabel mit Gigabit-Datenraten geschaltet werden. Per FTTH oder FTTB, also Glasfaser bis ins Haus, sind es mittlerweile 7,5 Millionen Leitungen. Durch Doppelversorgungen in Haushalten, die zwischen Gigabit per Glasfaser und Kabel auswählen können, sind jedoch nicht 31,4 Millionen Anschlüsse bereit für 1-Gbit/s-Anschlüsse, sondern die genannten 27,5 Millionen. Das sind 2,4 Millionen Haushalte mehr als vor einem Jahr.

Besonders deutlich wird das Wachstum bei Glasfaser-Anschlüssen. Wenn die Netzbetreiber die Zahl von 7,5 Millionen schaltbaren Anschlüssen bis Ende des Jahres schaffen, werden das 2,1 Millionen mehr sein als noch vor einem Jahr. Die Kabelnetzbetreiber rüsteten ihre Netze in 1,2 Millionen Haushalten auf. Die Zahl der so doppelt versorgten Haushalte stieg um 30 Prozent oder 900.000 Haushalte auf 3,9 Millionen Haushalte. In der Regel sind dies Neubauwohnungen, die sowohl mit Kabel als auch Glasfaser versorgt werden. Inzwischen gibt es aber auch erste Regelausbauten mit Glasfaserleitungen in Regionen, in denen Kabelanbieter bereits aktiv sind.

Genutzte Gigabit-Anschlüsse bei mehr als 5 Prozent

Auch jenseits der Gigabit-Datenraten steht Deutschland deutlich besser da als es oft als gedacht. Denn die Autoren der Marktstudie prognostizieren bis Ende des Jahres 37,4 Millionen Breitbandanschlüsse. Das wären 1,2 Millionen mehr als vor einem Jahr. Auffällig: Besonders stark stieg die Zahl derjenigen, die einen möglichen Gigabit-Anschluss auch tatsächlich nutzen. Das sind mit nun 2 Millionen Kunden (5,3 Prozent) eine Million mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Kunden, die 6 Mbit/s und weniger nutzen, uns um 100.000 auf 2,1 Millionen gesunken. Die meisten Anschlüsse liegen im Bereich von 50 bis 250 Mbit/s (14,2 Millionen, 38 Prozent).

Zwar haben damit noch 3,6 Millionen Haushalte keinen Breitbandanschluss, doch erfasst die Studie nur Festnetzanschlüsse. Einige Kunden haben sich inzwischen für Mobilfunk-Alternativen oder Zugänge per Satellit entschieden und haben somit auch schnelles Internet. Einige Haushalte mit Senioren benötigen nach eigener Einschätzung oftmals kein schnelles Internet.

Glasfaser-Ausbau bis 2025 unrealistisch

Das ausgegebene Ziel der scheidenden Bundesregierung, bis Ende 2025 Deutschland komplett mit Glasfaserleitungen zu versorgen, hält Gerpott für nicht machbar. Die Nicht-Erfüllung der politischen Ziele kenne man bereits von den vergangenen Regierungszielen. VATM-Präsident David Zimmer sagt dazu: „Dass wir beim Gigabit-Ausbau so gut aufholen und an der Leistungsgrenze der verfügbaren Baukapazitäten arbeiten, ist eindeutig dem Wettbewerb zu verdanken. Wir bauen schneller, als wir vermarkten können.“ Der zügige weitere Ausbau von digitalen Netzen bleibe eine zentrale infrastrukturpolitische Herausforderung.

Die auf 2025 ausgerichteten Ausbauziele hätten die dringend nötige politische Handlungsperspektive bis 2030 bislang verhindert. Ausbauplanungen und vor allem Förderkonzepte der alten Bundesregierung haben der Dynamik des Marktes nicht Rechnung getragen. „Wenn ein wirklich wettbewerbs- und innovationsfreundliches Umfeld geschaffen wird, können wir Deutschland vielleicht sogar noch vor dem Jahr 2030 vollständig mit gigabitfähigen Infrastrukturen ausstatten“, so der VATM-Präsident. Für den Breitbandausbau, gerade auch für den ländlichen Raum, stehen mehr als 30 Milliarden Euro private Investitionsmittel allein der Wettbewerber zur Verfügung – mehr als je zuvor. Förderung würden den Ausbau um zwei bis drei Jahre verzögern. Gerpott unterstützt: „Mit dem zur Verfügung stehenden Geld der Investoren können die Anbieter ganz Deutschland mit Glasfaserleitungen ausstatten.“

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