Kontaktlos Bezahlen: Neues Ticketing-System könnte den ÖPNV revolutionieren

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Die Stadtwerke Bonn (SWB) haben ein neues Pilotprojekt gestartet; ein kontaktloses ÖPNV-Ticketing-System. Hierzu wurden 230 Busse und 99 Bahnen der SWB mit einem NFC-Lesegerät ausgestattet, das Zahlungen mit Karten, Smartphones und Wearables unterstützt - mit Best-Price-Prinzip.
BONNsmart
Pilotprojekt BONNsmartBildquelle: Artem Sandler / inside digital

Am Donnerstag haben unter anderem der Minister für Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, Oberbürgermeister der Bundesstadt Bonn, Ashok-Alexander Sridharan, sowie SWB-Bus-und-Bahn-Geschäftsführerin Anja Wenmakers im Rahmen eines offiziellen Events das Projekt BONNsmart vorgestellt. Dabei handelt es sich um das innerhalb der Landesgrenzen erste kontaktlose Ticketing-System, das in allen 230 Bussen und 99 Bahnen des Bonner Verkehrsbetriebes verbaut wurde. Das Projekt erhielt einen Förderschein in Höhe von rund 500.000 Euro für die Umsetzung vom NRW-Verkehrsministerium und geht bereits in Kürze an den Start.

„Wir wollen mehr Fahrgästen ein besseres Angebot im ÖPNV machen. Deshalb machen wir es den Kunden so leicht wie möglich, Bus und Bahn zu fahren. Mit dem eTicketing-System BONNsmart wird Mobilität einfacher, sicherer und sauberer. So ein Zukunftsprojekt unterstützen wir gern“, sagt Wüst.

Pilotprojekt BONNsmart
Der Minister für Verkehr des Landes NRW, Hendrik Wüst (rechts), und Oberbürgermeister der Bundesstadt Bonn, Ashok-Alexander Sridharan (links).

Wie funktioniert das neue System?

Zunächst wurden alle Busse und Bahnen mit stationären Prüfgeräten, sogenannten Validatoren, ausgestattet. Diese ähneln in ihrer Funktionsweise den bereits bekannten Bezahlterminals in Geschäften. Fahrgäste halten beim Einstieg ihre Kredit-, Giro beziehungsweise Debitkarte oder auch ein Smartphone an den Validator. Diese werden per NFC erfasst (sofern sie kontaktloses Bezahlen unterstützen) und die dazugehörigen Daten gespeichert. Beim Ausstieg musst das Terminal dann erneut ansteuert werden, damit die Fahrt als beendet festgehalten wird. Anschließend werden die übermittelten Daten mithilfe des Hintergrundsystems FareGo Cloud des Projektpartners Scheidt & Bachmann weitergeleitet und es wird automatisch der beste Preis für die gefahrene Strecke berechnet. Klingt gut und sinpel. Doch wie sieht es aus, wenn man umsteigen muss? Gegebenenfalls sogar mehrmals?

Auch das hat die SWB bedacht. Darum erfolgt die Abbuchung erst am Ende des Abrechnungstages. Solltest du innerhalb dieses Tages viel gefahren sein, berechnet dir das System beispielsweise ein günstigeres Tagesticket anstelle von 20 Kurzstrecken-Tickets. Du zahlst stets den besten Preis – zumindest abseits von beispielsweise Monatskarten. Und falls du kontrolliert wirst, musst du lediglich dein Zahlungsmittel, also deine Kreditkarte oder dein Smartphone, an ein Kontrollgerät halten.

BONNsmart
Pilotprojekt BONNsmart

Best-Price-Prinzip gilt nicht immer

Obgleich das neue System an sich sehr interessant sein mag, verfügt es auch über gewisse Schwächen. So sind im Bonner Stadtgebiet nicht nur öffentliche Verkehrsmittel der Stadtwerke unterwegs. Auch die Busse zahlreicher anderer Unternehmen drehen hier ihre Runden, und diese wurden nicht mit Validatoren ausgestattet. Unterm Strich bedeutet dies, dass Reisende solche Fahrten wie gehabt bezahlen müssen. Zudem werden sie dann auch nicht durch das neue Ticketing-System erfasst.

Als Antwort auf unsere diesbezügliche Anfrage erhielten wir die Bestätigung, dass eine Bestpreisabwicklung mit Umstieg in einen Bus oder eine Bahn anderer Verkehrsunternehmen aktuell nicht möglich sei. Entsprechend könnten Nutzer des neuen Systems beispielsweise gezwungen sein, drei Kurzstreckentickets anstelle eines einzelnen 1b-Tickets zu erwerben. Doch solche Fahrten dürften eher die Ausnahme darstellen. Ansonsten gilt, wie bereits erwähnt, der beste Preis.

Wie sicher ist das Ticketing-System?

Laut Angaben der SWB sind die abgerufenen Karteninformationen mit einer PIN geschützt und werden verschlüsselt und anonym übertragen. Bei Smartphones und Wearables werden indes sogenannte „Tokens“ generiert und anstelle der echten Kartennummern auf den Geräten gespeichert. Im Grunde entspricht der Sicherheitsstandard dem kontaktlosen Bezahlvorgang in Geschäften, allerdings ist auch dieser nicht unüberwindbar, wie Forscher der ETH Zürich kürzlich bewiesen haben. Das gilt jedoch auch für alle anderen an das Netz angeschlossenen Bezahlsysteme.

Das Pilotprojekt startet zunächst mit den Strecken der SB 60 Flughafen – Bonn Innenstadt und der Stadtbahnlinie 66 ICE Bahnhof Bonn/Siegburg – Bonn. Nach Abschuss des Tests wird der Dienst in ganz Bonn verfügbar sein. Verbaute, noch inaktive Validatoren finden sich allerdings bereits jetzt auch in anderen Bahnen wie der Linie 16 und weisen auf eine baldige Verfügbarkeit hin.

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2 KOMMENTARE

  1. Nutzerbild Lars

    Wird auch Zeit und hoffentlich bald in ganz NRW.
    War gerade selbst ein paar Tage in England / Brighton wo dieses System bereits die Regel ist. Es funktioniert super. Natürlich sollte das ausbuchen nicht vergessen werden.
    Wer besondere Wünsche oder Anforderungen hat bekommt dort natürlich weiterhin ein Ticket beim Fahrer. Nur Bargeld nimmt dort keiner mehr.

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  2. Nutzerbild Sascha

    Solche Systeme gibt es z. B. in London seit Jahrzehnten. Schön, dass der Fortschritt nun auch in Deutschland nicht mehr aufzuhalten ist

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