Bevor am 19. März die Versteigerung der 5G-Mobilfunkfrequenzen startete, war die Sachlage klar. Gebetsmühlenartig hatten die Chefs der großen deutschen Netzbetreiber betont, die Kosten für neue Frequenzen möglichst gering halten zu wollen. Das Geld solle lieber direkt in den Netzausbau statt in Frequenzen investiert werden, hieß es damals. Denn nur der Netzausbau komme am Ende auch bei den Kunden an, so die deutliche Botschaft.
Gute Idee, Umsetzung schwierig
Heute, knapp drei Wochen später, ist klar: Das Vorhaben, die Frequenzkosten auf überschaubarem Niveau zu halten, ist gescheitert. Mehr noch: Es scheint gegenwärtig völlig offen, in welche Euro-Sphären sich die vier an der 5G-Auktion beteiligten Unternehmen noch gegenseitig hochbieten werden. Denn nach inzwischen 141 Runden liegen bereits 3,74 Milliarden Euro auf dem Tisch.
Nun könnte man argumentieren, dass Experten im Vorfeld einen Auktionserlös von drei bis fünf Milliarden Euro vorausgesagt hatten. Damit liegt das aktuelle Zwischenergebnis noch absolut im Soll. Doch vor allem 1&1 Drillisch hat die Frequenzauktion in den vergangenen Tagen immer wieder mit neuen Geboten aufgemischt und in der Branche gleichermaßen für Aufsehen wie für Verwunderung gesorgt.
5G-Auktion: Ein neuer Flächenbrand ist ausgebrochen
Auktions-Beobachter Vitali Gretschko vom Center for European Economic Research (ZEW) erklärte gegenüber inside handy: „Das Feuer, das am Mittwoch in der Auktion ausgebrochen war, ist am Donnerstag zu einem Flächenbrand geworden.“ Denn 1&1 habe aus dem Nichts wieder auf Frequenzen geboten, auf die sie zuvor eigentlich schon verzichtet hatten.
In der Tat schien die 5G-Auktion Mitte vergangener Woche kurz vor einem Abschluss zu stehen. Alle vier Beteiligten schienen sich auf eine Blockverteilung in den angebotenen 2- und 3,6-GHz-Bereichen geeinigt zu haben. Im Detail ging es nur noch um zwei Blöcke, zu denen Gebote abgegeben wurden.
Und dann kam 1&1 Drillisch. Der Konzern schaltete sich mit neuen Höchstgeboten auf ganz andere Blöcke neu ein und trieb die Preise so in die Höhe. „Dadurch, dass Drillisch sich eingemischt hat, steigen die Preise nun auch wieder für Drillisch. Ihre Chance, geringere Preise zu zahlen als die Etablierten ist erst mal dahin“, mein Stephan Knapek von TWS Partners.
1&1 Drillisch mischt die Wettbewerber auf
Das aggressive Auftreten von 1&1 Drillisch verwundert auch vor dem Hintergrund, dass Konzernchef Ralph Dommermuth zuletzt im Rahmen einer Telefonkonferenz vor Journalisten selbst sagte, er wolle gerne einen vierten deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber aufbauen. Und die dafür notwendigen 5G-Frequenzen wolle er auch kaufen. Das „aber nicht um jeden Preis“, so der Manager.
Welches Limit sich 1&1 Drillisch mit Denker und Lenker Dommermuth gesetzt hat ist aktuell jedoch völlig unklar. Die zuletzt immer wieder vorgelegten Kamikaze-Gebote lassen überhaupt keine Rückschlüsse auf eine etwaige Strategie erkennen. Die im Vorfeld von Telekom, Vodafone und O2 angemahnte Besonnenheit scheint jedenfalls nicht Teil der Überlegungen des Unternehmens zu sein. Fast erweckt 1&1 Drillisch zuweilen den Anschein, als wolle man die Block-Preise massiv in die Höhe treiben, um dann doch wieder einen Rückzieher zu machen.
5G wird kein Schnäppchen – bei teuren Frequenz-Blöcken noch viel weniger
Und klar ist auch: Während sich der deutsche Staat schon jetzt auf neue Milliarden-Einnahmen freuen darf, könnte am Ende der deutsche Mobilfunk-Kunde dumm aus der Wäsche gucken. Denn das teuer bezahlte Geld werden alle Beteiligten refinanzieren wollen – wohl primär in Form hoher Kosten für 5G-Tarife. Keine schönen Aussichten aus Endkunden-Sicht.