Volvo XC40 Recharge Pure Electric im Test: Von wegen kleiner Schwede

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Auf Fotos macht er einen recht kompakten Eindruck, aber wer im Volvo XC40 Recharge Pure Electric Platz nehmen darf, wird schnell feststellen, dass es sich um mehr als einen Kompakt-SUV handelt. Insbesondere auf der Autobahn überzeugt das Elektroauto mit einer wohltuenden Laufruhe.
Volvo XC40 Recharge Pure Electric steht an einer Ladesäule.
Wir haben den Volvo XC40 Recharge Pure Electric in einem Test auf die Probe gestellt.Bildquelle: Hayo Lücke / inside digital

Die grundsätzlichen Parameter des von uns getesteten Volvo XC40 Recharge Pure Electric (2023) mit Allradantrieb und Plus-Ausstattung machen bereits deutlich, dass es sich um ein dynamisches Elektroauto handelt. Stolze 300 kW (408 PS) bei einem maximalen Drehmoment von 660 Nm bringt der 4,40 Meter lange, mit ausgeklappten Außenspiegeln knapp 2,05 Meter breite und rund 1,60 Meter hohe SUV auf die Straße. Damit ist eine Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in etwa fünf Sekunden möglich. In der Spitze ist bei 180 km/h das Ende auf der Geschwindigkeitsanzeige erreicht. Mag der Wagen mit fünf Sitzen auf den ersten Blick also noch so dezent wirken, unter der Haube hat er einiges zu bieten.

Volvo XC40 Recharge Pure Electric (2023) im Test: Der Wohlfühl-SUV

Steigt man in den Volvo XC40 Recharge ein, fühlt man sich unglaublich schnell wohl. Denn eine moderne, skandinavische Design-Handschrift ist auf den Interieur-Oberflächen unübersehbar. Hinzu kommt eine serienmäßige Ambientebeleuchtung, die bei Nachtfahrten eine angenehme Atmosphäre in den Innenraum zaubert. Etwas gewöhnungsbedürftig allerdings: Mit jedem Aufschließen ist das Auto unverzüglich fahrbereit. Einen Start/Stopp-Knopf zum Ein- und Ausschalten des E-Antriebs gibt es nicht. In den Einstellungen des Fahrzeugs kannst du den Wagen aber auf Wunsch jederzeit manuell über einen entsprechenden Button auf dem 9 Zoll großen Infotainment-Touchdisplay ausschalten.

Interieur des Volvo XC40 Recharge Pure Electric.
Schlicht und übersichtlich: der Innenraum des Volvo XC40 Recharge.

Besonderheit: das Betriebssystem. Wie die Schwestermarke Polestar setzt nämlich auch Volvo beim XC40 Recharge auf Android mit einer flachen, übersichtlichen Menütiefe. Einige Apps, die du vielleicht von deinem Android-Smartphone schon kennst, werden dir auch in Volvos Elektroauto begegnen. Etwa der Google Play Store oder auch Google Maps. Die Kartenapp von Google überzeugt unter anderem mit einer sehr präzisen Prognose der Reichweite, wenn über Google Maps eine Zieladresse eingegeben wird.

Und: Google Maps kann die Anzeige von Ladestationen nicht nur nach Verfügbarkeit, sondern auch nach Anbietern filtern. Wer etwa eine Ladekarte von EnBW nutzt, kann sich so nur jene Ladepunkte anzeigen lassen, die über EnBW nutzbar sind. Android Auto und Apple CarPlay sind natürlich ebenfalls verfügbar. Allerdings nicht kabellos. Stattdessen muss eine Verbindung zwischen Smartphone und Auto per USB-C-Kabel erfolgen.

Zum Einlegen der Gänge ist der Volvo XC40 Recharge mit einem kleinen Schaltknauf an der Mittelkonsole ausgestattet. Zusätzlich steht eine P-Taste zur Verfügung, die beim Parken die elektrische Feststellbremse aktiviert. Die Hochglanzflächen an der Mittelkonsole sehen zwar optisch schön aus, sind aber anfällig für Staub und Fingerabdrücke.

Viel Platz vorne, wenig Platz in der zweiten Sitzreihe

Viel wichtiger allerdings: Auch lang gewachsene Menschen haben im XC40 Recharge nie das Gefühl, am Kopf oder an den Beinen zu stark eingeengt zu sein. In der zweiten Sitzreihe sieht das schon anders aus. Wenn Fahrer oder Beifahrer mit ihren Sitzen weit nach hinten rücken, bleibt für die Passagiere im Fond nicht mehr viel Platz. Um nicht zu sagen: gar kein Platz. Der Fahrer muss sich zudem darauf einstellen, dass die Sicht nach hinten aufgrund ziemlich breiter C-Säulen eingeschränkt ist. Allerdings sorgt eine Rückfahrkamera dafür, dass trotzdem alles Wesentliche gut überblickt werden kann. Parksensoren vorne und hinten helfen beim Einparken mit akustischen Warnmeldungen.

Insgesamt überzeugt der Volvo XC40 Recharge im Innenraum mit einem sehr schlichten, aber aufgeräumten und übersichtlichen Cockpit. Die Verkehrszeichenerkennung überträgt zwar nicht immer die korrekten Geschwindigkeitsbegrenzungen auf die 12,3 Zoll große Digitalanzeige hinter dem Lenkrad, insgesamt macht das Fahren aber trotzdem viel Spaß. Auch, weil die direkte Lenkung nicht zu schwammig ausfällt und die Bedienung der komfortablen Geschwindigkeitsregelanlage schnell in Fleisch und Blut übergeht. Der Tempomat wird mit nur einem Knopfdruck am Multifunktionslenkrad aktiviert und lässt sich in der Folge in 5-km/h-Schritten hoch- und runterschalten.

Volvo XC40 Recharge Test - Digital-Cockpit.
Das Digital-Cockpit hinter dem Lenkrad dient auch als Navigationssystem.

Ist die Geschwindigkeitsregelanlage aktiv, hält das E-Auto auch automatisch eine ausreichend große Distanz zum Vordermann. Dabei wird die Geschwindigkeit automatisch an den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug abgepasst und über einen aktiven Spurhalteassistenten zudem stets die Mitte der gewählten Fahrspur gehalten. Das Bremsen und Beschleunigen geschieht teilweise aber etwas ruppig, was zuweilen störend wirkt. Schade ist auch, dass die Sitze unseres Testwagens einen eher mäßigen Seitenhalt boten. Unbequem wurden sie aber auch auf längeren Strecken nicht.

Ein echter Mehrwert sind die für Volvo typischen Sicherheitssysteme. Etwa der Querverkehrwarner und der Notbremsassistent hinten können echte Hilfen sein, um unangenehme Unfälle zu vermeiden. Die Serienausstattung umfasst aber auch noch andere Extras. Etwa einen Berganfahr- und Bergabfahrassistenten und einen Aufmerksamkeitswarner.

Warnung des Notbremsassistenten im Volvo XC40 Recharge Pure Electric.
Rückwärts gegen ein Hindernis fahren? Der Notbremsassistent verhindert das.

Das größte Problem: die Reichweite

Bei allen positiven Erfahrungen gibt es aber auch einen nicht zu vernachlässigenden Nachteil. Und der ist wie bei vielen Elektroautos in der Reichweite auf der Langstrecke zu finden. Zwar gibt Volvo für das von uns getestete Modell des XC 40 Recharge Pure Electric Twin Plus mit einem Gewicht von knapp 2,2 Tonnen eine gemittelte WLTP-Reichweite von bis zu 436 Kilometern an, die Realität sieht aber ein wenig anders aus.

Wir haben das Elektroauto auf zwei Langstreckenfahrten geschickt. Unter weitgehender Einhaltung der Richtgeschwindigkeit und mit aktiver 2-Zonen-Temperaturregelung sind wir dabei nicht viel weiter als 300 Kilometer gekommen. Wenn man es auch mal schneller angehen lässt, sind nur 200 bis 250 Kilometer die Regel. Auf vier von uns protokollierten Autobahnfahrten zwischen 74 und 203 Kilometern lag der Verbrauch nie unter 24,2 Kilowattstunden (kWh) pro 100 Kilometern. Im Schnitt waren es 25,5 kWh/100 km.

Etwas anders sieht es im Stadtverkehr aus. Dort haben wir sieben Fahrten zwischen 7 und 22 Kilometern dokumentiert und dabei den Verbrauch zum Teil auch unter die 20-kWh-Schwelle drücken können. Man muss den Fuß auf dem Gaspedal aber beim Anfahren mäßigen, um diesen Wert zu erreichen. Im Schnitt konnten wir bei Stadtfahrten einen Verbrauch von 21,6 kWh pro 100 Kilometern messen.

Volvo XC40 Recharge Pure Electric parkt an einer Ladesäule.
Der Ladeanschluss am Volvo XC40 Recharge Pure Electric ist hinten links zu finden.

Insbesondere bei Stadtfahrten lohnt es sich, das Ein-Pedal-Fahren (One Pedal Drive) in den Einstellungen des Fahrzeugs zu aktivieren. Dann hast du nämlich die Möglichkeit, von einer recht kräftigen Rekuperation zu profitieren. Nimmt man den Fuß vom Gaspedal verzögert das Fahrzeug derart stark, dass man die Bremse fast nie betätigen muss. Das Auto kommt vielmehr von ganz allein flott zum Stehen.

Schaltwippen hinter dem Lenkrad, über die sich mehrere Rekuperationsstufen auswählen lassen, gibt es beim Volvo XC40 Recharge nicht. Schaltet man das Ein-Pedal-Fahren aus, segelt das E-Auto nahezu ungebremst und gefühlt federleicht über die Straßen. Dann muss auch das Bremspedal oft zum Einsatz kommen.

Ladeleistung: Gut, aber keine Laderakete

Die nutzbare Speicherkapazität der Batterie in Höhe von 75 kWh (78 kWh brutto) ist an ein 400-Volt-System gekoppelt. Es lässt sich über Dreiphasen-Wechselspannung zu Hause an einer Wallbox oder an AC-Ladesäulen mit bis zu 11 kW laden. Wer es schneller mag, kann eine öffentliche Ladesäule ansteuern und mit Gleichstrom laden. Und das mit bis zu 150 kW. Zumindest theoretisch.

Denn diese maximal mögliche Ladeleistung steht nur unter optimalen Bedingungen zur Verfügung. Wir haben sie im Test trotz warmer Oktober-Tage mit bis zu 22 Grad Außentemperatur nicht erreichen können. In der Spitze war bei 141 kW Schluss. Und diese Ladeleistung stand auch nur kurz zur Verfügung.

Volvo XC40 Pure Electric (2023) - Test Ladeleistung
So signalisiert der Volvo XC40 Recharge Pure Electric den Ladevorgang.

Die Regel waren bei Gleichstrom-Ladungen eher Werte zwischen 60 und 100 kW. Besonders auffällig war in diesem Zusammenhang, dass die Ladeleistung grundsätzlich auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau startete und sich auch nur recht langsam steigerte. Eine Wiederaufladung von 30 auf 100 Prozent dauerte an einer Schnellladesäule circa eine Stunde. Von Volvo wird aber empfohlen, die Batterie zur Schonung möglichst nicht auf mehr als 90 Prozent der maximal nutzbaren Kapazität zu laden.

Was kostet der Volvo XC40 Recharge Pure Electric?

Bleibt abschließend natürlich noch die Frage, was man für den Volvo XC40 Recharge Pure Electric auf den Tisch legen muss. In der von uns getesteten Plus-Ausführung mit Allradantrieb sind aktuell inklusive Metallic-Lackierung (+790 Euro), abgedunkelten Seiten- und Heckfenster(n) (+390 Euro) sowie Microtech-Bezügen (Ledernachbildung / +1.800 Euro) in Summe 66.170 Euro zu bezahlen. Im günstigsten Fall werden derzeit mit einer weniger umfangreichen Ausstattung 45.080 Euro bei einem Kauf fällig.

Beim Kauf eines Neuwagens gewährt Volvo zwei Jahre Garantie. Bei der Batterie sind es sogar zwölf Jahre – bis zu einer Laufleistung von 160.000 Kilometern. Du kannst das Elektroauto bei Volvo aber auch abonnieren. Dann werden abhängig von der gewählten Ausstattung bei drei Monaten Kündigungsfrist und sonst flexibel zu beendender Laufzeit mindestens 719 Euro pro Monat fällig. Wer sich für ein Auto-Abo mit mindestens drei Jahren Laufzeit entscheidet, ist mit mindestens 649 Euro monatlich dabei.

Blick unter die Motorhaube des Volvo XC40 Recharge Pure Electric.
Unter der Motorhaube …
Volvo XC40 Recharge Pure Electric im Test - zusätzlicher Stauraum unter der Motorhaube.
… zusätzlicher Stauraum!
Getränkekisten im Kofferraum des Volvo XC40 Recharge Pure Electric.
Und Platz im Kofferraum.

Fazit zum Volvo XC40 Recharge Pure Elecric (2023)

Knapp 800 Kilometer haben wir den Volvo XC40 Recharge Pure Electric (2023) auf seinen 19-Zoll-Reifen durch die Stadt, über Land und auf Autobahnen gescheucht. Abgesehen von der überschaubaren Reichweite auf der Langstrecke hat er uns nie enttäuscht. Zwar ist das Auto eher kein Familien-SUV, dafür geht es in der zweiten Sitzreihe zu beengt zu. Der Wagen überzeugt über seinen Allradantrieb aber mit einer hohen Dynamik und auch der Fahrkomfort bleibt nie auf der Strecke. Und dank der zahlreichen an Bord nutzbaren Assistenzsysteme fühlt man sich auch stets sehr sicher. Schade nur, dass das alles auch seinen Preis hat. Ein Schnäppchen ist der Volvo XC40 Recharge Pure Electric sicher nicht.

Volvo XC40 Recharge Pure Electric - Front
Front des Volvo XC40 Recharge Pure Electric.
Volvo XC40 Recharge Pure Electric - Heckansicht.
Heck des Volvo XC40 Recharge Pure Electric.

Vorteile

  • hochwertige Verarbeitung im Innenraum
  • hoher Fahrkomfort & dynamisches Fahren möglich
  • Wärmepumpe serienmäßig
  • enorme Sicherheit dank vieler Assistenzsysteme
  • Android als Betriebssystem
  • 31 Liter zusätzlicher Stauraum unter der Motorhaube

Nachteile

  • recht hoher Verbrauch
  • überschaubare Reichweite
  • zuweilen wenig Platz in der zweiten Sitzreihe
  • ziemlich hoher Preis
  • Kofferraum eher kompakt als voluminös
  • Head-up-Display nicht erhältlich

Bildquellen

  • Vovlo XC40 Recharge Pure Electric im Test – Ladeleistung.: Hayo Lücke / inside digital
  • Volvo XC40 Pure Electric (2023) – Test Ladeleistung: Hayo Lücke / inside digital
  • Polestar 2 im Test: Eine echte Rakete: Hayo Lücke / inside digital
  • Volvo XC40 Recharge Pure Electric im Test: Hayo Lücke / inside digital

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