Im Jahr 2022 bat ich zwei Ärzt:innen um ein Hormonprofil. Ich litt unter Stimmungsschwankungen, Konzentrationsschwierigkeiten, Angstgefühlen, ausgebliebenen Perioden und niedriger Energie – klassische Anzeichen eines Hormonungleichgewichts. Doch beide Ärzt:innen erklärten mir, das sei nichts Ungewöhnliches für jemanden kurz vor der 40. Kein Laborauftrag, kein Rezept, nicht einmal als ich anbot, privat zu zahlen.
In Deutschland erfordert ein Bluttest über die gesetzliche Krankenversicherung einen diagnostischen Code. Ohne diesen ist der Zugang zum Labor eingeschränkt. Zwar sind Privattests möglich, doch bei Hormonprofilen ist das oft komplizierter. Man braucht ärztliche Beratung, welche Marker gewählt werden sollten, und manche Labore verlangen trotzdem eine ärztliche Anweisung. Ich erhielt diese Unterstützung nicht. Letztlich habe ich aufgegeben – obwohl ich wusste, dass etwas nicht stimmt.
Ein Arzt bot mir jedoch ein allgemeines Blutbild an und ich ließ auf eigene Kosten einen Vitaminstatus bestimmen. Die Ergebnisse überraschten mich: extrem niedrige Werte bei Vitamin B12 und Vitamin D. Nach Beginn der Supplementierung fühlte ich mich innerhalb weniger Tage deutlich besser. Trotzdem bekam ich nie die Hormondaten, nach denen ich ursprünglich gefragt hatte.
Das änderte sich kürzlich, als ich Aware entdeckte.
Wie Aware funktioniert
Aware ist eine digitale Gesundheitsplattform, die zertifizierte Bluttests ermöglicht, ganz ohne ärztliches Rezept. Sie ist derzeit in Deutschland, Österreich und den Niederlanden aktiv und über eine App für iPhone und Android verfügbar. Nutzer:innen können entweder bestehende Laborberichte hochladen und kostenlos interpretieren lassen oder direkt in der App einen neuen Test buchen.

Die App entspricht der DSGVO, ist werbefrei und führt Schritt für Schritt durch den Prozess. Terminbuchung, Ergebnisempfang und erklärende Informationen erfolgen vollständig digital. Besonders hervorzuheben ist die Benutzerfreundlichkeit. Über 70 Biomarker aus verschiedenen Gesundheitsbereichen – von Stoffwechsel über Schilddrüse bis zu Mikronährstoffen – werden unterstützt.
Meine Erfahrung mit Aware
Da ich in Berlin wohne, vereinbarte ich einen Termin an einem der Aware-Blutentnahmestandorte. Die Buchung ging schnell und es gab auch Termine am selben Tag. Da mein gewähltes Testpaket eine Vorbereitung erforderte, wählte ich ein etwas späteres Datum.
Die Einrichtung war sauber und ruhig, mit geschultem Personal und Einzelkabinen. Für Menschen, die bei Blutabnahmen Kreislaufprobleme oder Angst verspüren, gibt es sowohl sitzende als auch liegende Optionen.

Ich entschied mich für ein umfassendes Panel mit über 75 Biomarkern. Die Ergebnisse lagen nach etwa zehn Tagen vor. Einfachere Tests sind meist schon nach zwei Tagen verfügbar.
Als mein Bericht bereitstand, erhielt ich eine App-Benachrichtigung. Die Vorbereitungsanweisungen – Fasten, Medikamentenpausen usw. – waren vorher klar erklärt worden. Aware arbeitet mit zertifizierten Laboren zusammen. Meine Probe wurde von MDI Limbach in Berlin verarbeitet. Der abschließende Laborbericht erschien als herunterladbares PDF in der App, das ich problemlos mit meiner Ärztin oder meinem Arzt teilen konnte.
Stärken der Aware App
Seit 2022 lasse ich jährlich Blutuntersuchungen über die Krankenkasse durchführen. Gewöhnlich erhalte ich gescannte PDFs, oft mit schwer leserlichen handschriftlichen Notizen. Aware stellt die Informationen deutlich klarer dar.
Der Bereich „Meine Gesundheit“ sortiert Werte in zwei Kategorien ein: im Normbereich und außerhalb. Jeder Biomarker enthält eine knappe Erklärung, mögliche Ursachen für Abweichungen und Hinweise zur weiteren Vorgehensweise. Die Sprache ist verständlich und auf Alter sowie Gesundheitsprofil zugeschnitten.
Liegt ein Wert außerhalb des Referenzbereichs, bietet die App Empfehlungen – etwa Ernährungs- oder Bewegungstipps – gestützt auf medizinische Literatur. Mit zunehmender Datensammlung wird auch die Darstellung von Trends über die Zeit immer wertvoller.
Teleclinic‑Unterstützung
In Deutschland können Aware-Nutzer:innen auch Teleclinic für Video‑Beratungen nutzen. Ich habe dieses Angebot an einem Samstag ausprobiert und bekam innerhalb einer Stunde einen Termin. Die Konsultation wurde von der Versicherung übernommen.
Das Gespräch war hilfreich, allerdings überprüfte die Ärztin bzw. der Arzt Ihre Aware‑Ergebnisse nicht automatisch – es sei denn, man spricht sie gezielt an. Ich kam vorbereitet mit Fragen und die Sitzung war sehr produktiv.

Aware App: Verbesserungspotential
Obwohl die App intuitiv und informativ ist, wirken gewisse Funktionen eher allgemein gehalten. Zum Beispiel bietet der Reiter „Handlungen“ allgemeine Lifestyle‑Tipps wie mehr Ballaststoffe oder gesunde Fette einzubauen, liefert aber keine tiefergehende Personalisierung.

Trotz der Erhebung von Ernährungs‑ und Aktivitätsdaten beim Onboarding integriert sich Aware noch nicht in Apple Health oder Google Fit. Das schränkt die Personalisierung der Empfehlungen beim Alltagstracking ein.
Es gibt zudem Lücken bei der Kontosicherheit. Zwei‑Faktor‑Authentifizierung oder biometrisches Login sind derzeit nicht verfügbar. Zwar verlassen sich viele Nutzer:innen auf den Geräteschutz ihres Smartphones, doch zusätzliche Ebenen wären besonders bei sensiblen Gesundheitsdaten wünschenswert.
Aware App: Preise und Abonnements
Die Preisstruktur von Aware ist transparent und für den deutschen Markt vergleichsweise konkurrenzfähig. Basis‑Tests beginnen bei 35 Euro, umfassendere Panels kosten zwischen 99 und 175 Euro.
Das Pro‑Abo kostet 99 Euro pro Jahr und bietet ermäßigte Testpreise. Ein 44‑Marker‑Langzeit‑Gesundheitstest kostet normalerweise 125 Euro, Pro‑Nutzer zahlen nur 80 Euro. Zusätzlich können unbegrenzt externe Laborergebnisse hochgeladen werden.

Im Vergleich dazu kann ein umfassendes Hormonprofil privat in Deutschland leicht über 250 Euro kosten – besonders wenn man pro Marker zahlt. Bei Aware ist alles enthalten: Labor, Ergebnis, Interpretation und optionale Nachbesprechung.
Fazit
Aware ersetzt keine klinische Betreuung. Aber die Plattform bietet Zugang – insbesondere für Menschen mit unerklärlichen Symptomen oder für Gesundheitstracking. Sie vereinfacht Labortests, senkt Hürden und gibt Nutzern Kontrolle über ihre Gesundheitsdaten.
Für mich war der größte Vorteil, endlich die Hormondaten zu erhalten, die ich mir schon Jahre zuvor gewünscht hatte. Ich habe sie mit einer neuen Ärztin bzw. einem neuen Arzt geteilt. Gemeinsam haben wir meinen Behandlungsplan angepasst. Allein das machte den Service lohnenswert.
Aware App Vorteile
- Kein Rezept für Tests erforderlich
- Übersichtliche Laborergebnisse mit hilfreichem Kontext
- Schnelle und bequeme Terminbuchung über die App
- Optionale ärztliche Unterstützung via Teleclinic
- Faire Preise mit vergünstigten Abo-Modellen
Aware App Nachteile
- Gesundheitsempfehlungen sind wenig personalisiert
- Keine Anbindung an Apple Health oder Google Fit
- Keine erweiterten Sicherheitsfunktionen wie Face ID oder Zwei-Faktor-Authentifizierung