Umweltbundesamt dreht durch: 11 Millionen Heizungen betroffen!

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Neuigkeiten des Umweltbundesamtes sorgen für Aufruhr. Ausgerechnet ein weit verbreitetes Heizsystem, das auf nachwachsende Rohstoffe setzt, soll nach neuesten Analysen nicht mehr als klimaneutral eingestuft werden. Das steckt hinter dieser Einschätzung.
Umweltbundesamt dreht durch - 11 Millionen Heizungen betroffen
Umweltbundesamt dreht durch - 11 Millionen Heizungen betroffen Bildquelle: Africa Studio/Adobe Stock

Es mag schon an Absurditäten in den Augen mancher grenzen. Doch tatsächlich hat das Umweltbundesamt (UBA) eine Analyse angefordert, die zum Schluss kommt, dass Holz keineswegs uneingeschränkt als nachhaltiges Energiemedium betrachtet werden kann. Entsprechend groß ist die Empörung seitens der Industrie. Denn wenn ein Rohstoff, der in der Natur praktisch nachwächst, nicht mehr als nachhaltig gilt, wo liegt künftig dann die Grenze? Die Einstufung könnte sich als langfristig problematisch erweisen. Denn allein in Deutschland sind über elf Millionen Einzelfeuerstätten zu finden, die Holz als Energieträger verwenden.

UBA stuft Holzverwendung neu ein

Doch gehen wir einen Schritt zurück und betrachten, wie das UBA eigentlich zu dieser Einschätzung kommt. Das Bundesamt hat seinerseits das Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) mit einem juristischen Kurzgutachten zur „Klimawirkung der energetischen Holznutzung“ beauftragt. Die Kernaussage des Ergebnisses ist sowohl einleuchtend als auch wenig überraschend. Denn sie kommt zu dem Schluss, dass Strom und Wärme aus Holz nicht uneingeschränkt als erneuerbare Energie im Sinne der Pariser Klimaziele eingestuft werden können.

Biomasse ist jedoch ein entscheidender Bestandteil in unserem Energiemix in Deutschland. Holz nehmen die Menschen dabei häufig als nachhaltigen Rohstoff wahr, was jedoch aus Sicht des Umweltbundesamtes nicht zutrifft. Vielmehr sieht das UBA, dass es keine einheitliche Definition für erneuerbare Biomasse gibt. Ebenso sei Holz nur dann als förderwürdiger Energieträger anzusehen, wenn Nachhaltigskeits- und Treibhausgaseinsparungskriterien sichergestellt sind. Dazu zählt unter anderem auch eine nachhaltige Waldbewirtschaftung. Das sogenannte Prinzip der Kaskadennutzung allein reicht nicht, um die Nachhaltigkeit sicherzustellen.

Was bedeutet Kaskadennutzung bei der Holzverwendung?

Holz ist ein wertvoller Rohstoff – und genau deshalb sollte er so oft wie möglich genutzt werden, bevor er im Ofen landet. Das ist die Grundidee der sogenannten Kaskadennutzung. Statt Holz nach dem Fällen direkt zu verbrennen, wird es in mehreren Stufen verwertet: Zuerst landet es als Bauholz, Möbelstück oder Werkstoff in der stofflichen Nutzung. Wenn es dafür irgendwann nicht mehr taugt, kann es recycelt oder weiterverarbeitet werden – etwa zu Spanplatten oder Zellstoffen. Erst ganz am Ende dieser Kette steht die energetische Nutzung, also die Verbrennung, um Wärme oder Strom zu erzeugen. Auf diese Weise wird der Rohstoff möglichst effizient eingesetzt, und das darin gebundene CO₂ bleibt deutlich länger im Kreislauf.

Die nächste Stufe des Heizungsgesetzes - Jetzt sind Holzöfen dran
Holz gilt als nachhaltiger Rohstoff – doch nicht jedes Holz ist dabei unbedenklich

Das Prinzip gilt als zentraler Bestandteil einer nachhaltigen Holz- und Klimapolitik. Denn je länger Holzprodukte im Umlauf bleiben, desto mehr fossile Ressourcen lassen sich einsparen – und desto länger bleibt der natürliche CO₂-Speicher erhalten. Doch es gibt auch Gründe, die für eine kritischere Bewertung sprechen. Etwa, wenn große Mengen an Holzpellets über den Ozean transportiert werden, um an anderen Orten verheizt zu werden. Durch den Transport entstehen ebenso Abgase, die die Klimabilanz für die Verwendung natürlich beeinflussen. Lokales Holz wäre somit immer nachhaltiger einzustufen als Exporte. Ein Bewusstsein für dieses Problem zu schaffen, ist sinnvoll. Holz allgemein die Nachhaltigkeit abzusprechen, hingegen weniger.

Holzindustrie bezieht Stellung gegen die Vorwürfe

Entsprechend empört über die Äußerungen des UBA zeigt sich der Fachverband Holzenergie (FVH) im Bundesverband Bioenergie. „Es ist traurig zu sehen, wie das Umweltbundesamt den Job der fossilen Energiewirtschaft macht und sich in einen Grabenkampf gegen die Holzenergie verschanzt“, so Marlene Mortler, FVH-Vorsitzende. Sie sieht darin eine „ideologisch motivierte Veröffentlichung“, die nichts an der Tatsache ändere, dass Holzenergie einen vollwertigen erneuerbaren Energieträger darstelle. Ebenso solle Holz in allen relevanten Gesetzen und Förderprogrammen erhalten bleiben, um einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Tatsächlich belegen sogar Zahlen des UBA diesen Effekt. So sparten Strom und Wärme aus Holz allein im vergangenen Jahr rund 32 Millionen Tonnen CO₂ ein, indem sie Energieträger wie Kohle, Öl und Gas ersetzten.

Pelletheizung die von Mann mit Biomasse gefüllt wird
Sind Pelletheizungen eigentlich klimafreundlich – nicht immer laut UBA

Das UBA fordert jedoch klarere Regulierungen und Zertifizierungen, damit man Holz nicht pauschal als nachhaltigen Energieträger betrachtet. Die FVH-Vorsitzende sieht das hingegen kritisch. Gegenüber topagrar mahnt sie: „Das UBA hat den Schuss noch nicht gehört, wenn es weitere Regulierungen und Detailregelungen im Wärmebereich oder für die Holzverwendung fordert. Was wir definitiv nicht brauchen, sind weitere Regelungen, die den Gesetzesdschungel noch dichter, komplizierter und bürokratischer machen.“ Vielmehr könnten sich diese Regulationen als weiteres Hemmnis erweisen, anstatt die Wärmewende in Deutschland voranzubringen. Tatsächlich würden neue Einstufungen auch weitere Probleme nach sich ziehen.

Nicht mehr nachhaltig? Damit entstünden weitere Probleme

Sollten sich andere Behörden den Einschätzungen des UBA anschließen, könnte es weitaus mehr Kettenreaktionen nach sich ziehen. Denn das Gebäudeenergiegesetz (GEG), weithin Heizungsgesetz genannt, könnte Holzheizungen dann nicht mehr als gesetzeskonform betrachten. Heizsysteme müssen die 65-Prozent-Regelung erfüllen. Würde man Holz also den nachhaltigen Rang absprechen oder an eine Fülle von Auflagen binden, wären Probleme praktisch vorprogrammiert. Letztlich könnten sich Heizungsbesitzer dann nur noch für Holz oder Pellets entscheiden, die nachweislich möglichst lokal produziert würden. Erfahrungsgemäß ist das jedoch häufig deutlich teurer als die günstigen Massentransporte aus Übersee.

Da auch die Industrie große Mengen an Pellets in Fertigungen verwendet, wäre das Problem auch keineswegs nur auf private Haushalte beschränkt. An diesem Punkt sollte man sich also berechtigterweise fragen, wie sinnvoll es ist, die Lage weiter zu verkomplizieren, nachdem bereits genügend Verunsicherung in der Bevölkerung herrscht. Auch wenn es berechtigt ist, die Frage zu stellen, wie folgenreich Massenimporte von Waren über große Seewege sind, ist das ein Dilemma, das nicht nur auf die Energieindustrie beschränkt ist. Die Stellschrauben müssten somit an vielen Stellen angesetzt werden.

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