Strompreis unter 10 Cent? Das könnte auch in Deutschland real werden

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Mit gesunkenen Großhandelspreisen fallen auch die Strompreise für Kunden. In Österreich realisieren erste Versorger bereits einen Strompreis von unter 10 Cent für ihre Tarife. Das wäre ohne Weiteres auch in Deutschland möglich – wo Stromkunden bisher ein Vielfaches dieses Preises zahlen müssen.
Strompreis unter 10 Cent - Das könnte auch in Deutschland real werden
Strompreis unter 10 Cent - Das könnte auch in Deutschland real werdenBildquelle: Image by Gerd Altmann from Pixabay

Obwohl die Strompreise im Großhandel einen starken Preisfall verzeichnen, gelangt der Preisnachlass nur teilweise zum Stromkunden. Insbesondere die regionale Grundversorger senken ihre Preise nur langsam, sofern überhaupt eine Preissenkung direkt zum Kunden gelangt. In der Grundversorgung kostet Strom zurzeit um die 44 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Neukundenverträge können bereits für 26 Cent pro kWh abgeschlossen werden. Dabei könnten die Preise noch wesentlich weiter sinken, denn Anbieter zahlen nur Bruchteile dieser Preise im Großhandel.

Strompreis im Großhandel massiv gesunken

Zurzeit wird Strom zu Preisen unter 100 Euro pro Megawattstunde (MWh) gehandelt, was einem Preis von weniger als 10 Cent pro kWh entspricht. Der niedrigste Preis pro MWh lag sogar lediglich bei 27 Euro, was einem unfassbaren Preis von nur 2,7 Cent pro kWh entspricht. Selbst wenn man nun von den durchschnittlichen höheren Preisen von unter 10 Cent pro kWh ausgeht, zahlen Neukunden heute fast dreimal so viel für ihren Strompreis. Stromkunden in den Grundtarifen sogar mehr als das Vierfache dessen, was der Strom an der Strombörse die Energieversorger zurzeit kostet. In Österreich bieten mittlerweile erste Anbieter Stromtarife zu 10 Cent pro kWh an – Steuern bereits inklusive. Möglich wird das dank dynamischer Strompreismodelle, die sich direkt nach den Entwicklungen an der Strombörse richten. Ähnliche Anbieter gibt es hierzulande auch, unter anderem Tibber oder Sunvigo.

Ein Neukunden-Preis von 10 Cent pro Kilowattstunde ist mit diesen dynamischen Stromtarifen realisierbar, allerdings nicht völlig ohne Risiken. Im Gegensatz zu Stromtarifen zu Festpreisen oder teuren Grundversorgertarifen tragen Kunden der dynamischen Stromtarife das Preisrisiko selbst. Steigt der Strompreis also in die Höhe wie zu Zeiten der Energiekrise, muss der Kunde selbst dafür aufkommen, während sonst der Energieversorger das Risiko trägt. Dafür verbuchen Energieversorger bei Senkung des Strompreises einen ordentlichen Gewinn. Wie jetzt, während der Stromtarif deutlich über den Kosten für den eingekauften Strom liegt. Damit langfristig der Strompreis in Deutschland günstig bleiben kann, muss jedoch einiges beachtet werden. Eine McKinsey-Studie warnt bereits vor einem möglichen Strompreis von 48 Cent pro kWh, der ab 2035 drohen könnte.

48 Cent pro Kilowattstunde ab 2035?

Laut einer McKinsey-Studie könnte der Strompreis bis 2035 um rund 40 Prozent auf 48 Cent pro kWh steigen. Dafür wären primär die Netzentgelte verantwortlich. Man schätzt, dass sie von momentan 9 Cent auf bis zu 24 Cent pro kWh im Jahr 2035 steigen könnten. Die Energiewende ist ein Kraftakt für den Energiesektor, der hohe Investitionen tätigen muss, um die Ausbauziele zu erreichen. Die Kosten aller notwendigen Gesamtinvestitionen belaufen sich laut Studie auf 700 bis 850 Milliarden Euro bis zum Jahr 2035. Dazu geht auch der Aufbau keineswegs zügig genug voran. Bei aktueller Ausbaugeschwindigkeit schätzt die Studie, dass nur 328 Gigawatt (GW) statt 506 GW an Strom- und Solarenergie bis 2035 zur Verfügung stehen. Rund 35 Prozent weniger, als ursprünglich für diesen Meilenstein angestrebt war.

Auch Netzausbau ist zu langsam

Ähnlich problematisch läuft auch der Netzausbau in Deutschland weiterhin. Statt der zusätzlichen 400 Kilometer an Leitungen jährlich, müssten zukünftig 1.900 Kilometer pro Jahr ausgebaut werden. Sowohl bei den Windkraftanlagen als auch an den Netzen bräuchte es eine Verfünffachung der aktuellen Geschwindigkeit, damit das Ziel erreicht werden kann. Doch wäre das überhaupt umsetzbar angesichts der Engpässe an Materialien und Fachkräften, die überall im Land zu beklagen sind? Zusätzlich könnte die Versorgung zu 80 Prozent aus erneuerbaren Energien ohne ausreichende Speichermöglichkeiten dazu führen, dass das Stromnetz 2035 statisch 130 Stunden fehlende Spitzenlastabdeckung überbrücken muss. Im Vergleich zu heute während das rund hundertmal so viele Stunden.

Damit die düstere Prognose nicht eintritt und der Strom aus erneuerbaren Energien tatsächlich langfristig zu einer Preissenkung führt, sind viele Maßnahmen erforderlich. Für die Weiterentwicklung der Energiewende und um die ambitionierten Dekarbonisierungsziele des Stromsektors zu erreichen, sind laut der Studie drei Bereiche besonders wichtig:

  • Eine zeitnahe Ausschreibung inklusive zügigen Aufbaus weiterer betriebsbereiter Erzeugungskapazitäten
  • Eine weitere Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien und Stromnetze als tragende Elemente der Energiewende
  • Eine schnelle Entwicklung einer langfristig grünen Molekülstrategie sowie ein rascher Aufbau einer Molekülinfrastruktur, vorrangig für grünen Wasserstoff

Zu beachten ist natürlich auch, dass der zu zahlende Strompreis nur zu einem Teil aus den reinen Beschaffungskosten besteht. Laut Angaben des Energieversorgers E.ON entfielen im Jahr 2023 in einem Musterhaushalt mit 3.500 kWh Stromverbrauch etwa 52 Prozent des Strompreises auf Kosten für Beschaffung und Vertrieb. Hinzu kamen 21 Prozent für regulierte Netzentgelte. Und für weitere 27 Prozent waren Steuern, Abgaben und Umlagen verantwortlich.

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1 KOMMENTAR

  1. Nutzerbild RaiLan

    Der Strompreis ist schon lange unter 10 Ct./kWh., aber selbst wenn der Strompreis null ist, zahlt der Stromkunde ~ 18 Ct. an reinen Abgaben.

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