O2 will mehr Festnetz und Glasfaser verkaufen – und setzt dafür nicht nur auf neue Angebote, sondern auch auf eine klare Vertriebsoffensive. In internen Vertriebs-Videos, in die inside digital Einblick hatte, zeigt sich deutlich: Die Telefónica-Marke dreht an vielen Stellschrauben, um den schleppenden Verkauf von Festnetzprodukten in ihren Shops anzukurbeln. Dabei geht es nicht nur um attraktive Kundenvorteile, sondern auch um Verkaufsdruck, Trainingspflichten und neue Methoden auf der Fläche.
Glasfaser für alle – aber bitte sofort
O2 sieht im eigenen Festnetzgeschäft großes Potenzial: Laut internen Angaben nutzen derzeit nur rund 18 Prozent der Bestandskunden tatsächlich einen O2-Festnetzanschluss. Gleichzeitig seien bundesweit über 200.000 Glasfaseranschlüsse technisch bereits erschließbar, hieß es in dem Livestream. Zu vermuten ist, dass hier die Zahl vermarktbarer Anschlüsse bei O2-Bestandskunden gemeint ist. Tatsächlich können in Deutschland weitaus mehr Kunden per Glasfaser angeschlossen werden. So oder so: Es ist ein massiver Markt. Doch bislang wird er in den Shops kaum systematisch angesprochen.
Deshalb will O2 jetzt mit einem neuen Übergangsprodukt punkten. Die Idee: Wer eigentlich Glasfaser buchen will, aber noch auf die Aktivierung warten muss, bekommt zunächst einen DSL-Anschluss. Sobald der Glasfaseranschluss verfügbar ist, erfolgt die automatische Umschaltung – ohne erneute Bestellung, ohne zusätzliche Technik. Für den Kunden bedeutet das: sofort nutzbares Internet. Für den Shop: schneller Provisionsfluss und höhere Abschlusswahrscheinlichkeit. Denn der Vertrag läuft und die Provision fließt schon mit der DSL-Schaltung und nicht erst, wenn die Glasfaser verlegt wurde.
Ein Angebot, das kein anderer macht: Gratis-Installationsservice
Ein weiteres Verkaufsargument ist der kostenlose Installationsservice, den O2 für alle Neukunden im Festnetzbereich anbietet. Wir hatten über diesen tatsächlich einmaligen Service berichtet, den du wahlweise als Heimservice oder Videocall buchen kannst. Was bei der Telekom schnell über 130 Euro kostet und bei Vodafone immerhin noch rund 100 Euro, ist bei O2 inklusive.
Laut Marktforschung zögern viele Kunden beim Anbieterwechsel, weil sie Angst haben, das WLAN selbst einzurichten oder vorhandene Geräte wie Smart-TVs oder Saugroboter neu zu verbinden. O2 will diese Sorge nehmen. Und das ohne Zusatzkosten. Das Ganze wird von einer ungewöhnlichen Werbekampagne begleitet: Im Mittelpunkt steht ein sprechender Fisch, der Kunden den neuen Service erklärt. Auch das ist ein Bestandteil der Strategie: auffällig, unterhaltsam und vor allem ein bewusstes Abgrenzen vom klassischen Werbestil der Branche.
Doch hinter den Kulissen steigt der Druck
Während nach außen hin Service und Einfachheit kommuniziert werden, herrscht intern ein ganz anderer Ton. Der Livestream aus dem Herzen des O2-Vertriebs zeigt deutlich: Der Verkauf von Festnetzprodukten soll jetzt Chefsache im Shop werden.
Shop-Mitarbeiter werden künftig verpflichtet, an umfangreichen Trainings teilzunehmen. Diese decken nicht nur Produktschulung ab, sondern auch konkrete Verkaufsgespräche, Einwandbehandlung und Technikhintergründe. Die sogenannte „Learner Journey“ ist verpflichtend – Rückmeldungen oder Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Dabei wird mit klarer Zielkommunikation gearbeitet: Wer sich nicht mit dem Thema Festnetz auseinandersetzt, kann es auch nicht verkaufen, so die Botschaft.
Ansprache, Abschluss, Abschlussfrage
Auch die Qualität der Kundenansprache ist intern Thema. Die Kritik: Oft werde Festnetz bei Kunden im Shop zwar „irgendwie angesprochen“, aber ohne Konsequenz. Keine Abschlussfrage, keine Nachverfolgung und damit auch kein Abschluss. Das soll sich ändern. O2 fordert von seinen Shop-Teams eine aktivere Rolle: Bedarf wecken, Gespräch führen, Abschluss suchen.
Zur Motivation gibt es Bonusprogramme und sogenannte Incentives, also zusätzliche Anreize für besonders viele Abschlüsse. Das reicht vom Bargeld bis zur Rolex. Doch auch hier zeigt sich ein zweischneidiges Bild: Laut internen Angaben haben viele Shops gar nicht erst teilgenommen. Wer mitgemacht hat, konnte hingegen teils fünfstellige Prämien abräumen.
Kundendaten als Verkaufshebel
O2 setzt zudem auf systematisches Nachfassen. Shopbetreiber erhalten regelmäßig zielgerichtete Kundendaten – etwa aus der sogenannten „Grow“- oder „Unlock“-Kampagne. Diese sollen aktiv abgearbeitet werden: Kunden anrufen, in den Shop einladen, beraten, Produkt verkaufen. Laut O2 liegt die Erfolgsquote bei rund 10 Prozent Take-Rate – das klingt zunächst niedrig, bedeutet aber bei sechsstelliger Datenbasis: tausende zusätzliche Verträge.
Besonders erfolgreiche Shops wie etwa in Witten, Essen oder Nürnberg konnten allein aus diesen Daten über 100 neue Verträge generieren – von DSL über Versicherungen bis hin zu Zweitkarten. Ob das Festnetzgeschäft in den O2 Shops damit den erhofften Schub bekommt, wird sich zeigen. Klar ist: O2 will das Thema jetzt mit Wucht auf die Fläche bringen. Und angesichts der aktuellen Debatten um eine (in einigen Jahren) bevorstehende DSL-Abschaltung kann man vielleicht wirklich den einen oder anderen Kunden zum Wechsel zur Glasfaser überzeugen.
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